Der THW Kiel hat auch sein zweites Testspiel der neuen Saison
für sich entschieden: Zur Halbzeit des einwöchigen Trainingslagers im
emsländischen Lingen besiegten die Kieler am Dienstagabend den Zweitligisten
HSG Nordhorn-Lingen mit 35:28 (22:12). Vor 1000 Zuschauern im Euregium
waren
Christian Zeitz,
Daniel Narcisse und
Momir Ilic mit je sieben Treffern
erfolgreichste Torschützen.
Das Spiel des THW beim alten Rivalen aus Nordhorn war für die Kieler eine
gewünschte Abwechslung im Trainingslager-Alltag - endlich durfte einmal wieder
der Handball in die Hand genommen werden. Ansonsten sieht das Programm von Coach
Alfred Gislason im Trainingslager wenig Berührungspunkte mit
dem Spielgerät vor. Im Mittelpunkt stehen der Aufbau von Kraft und Kondition, aber auch
die Taktikschulungen.
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Trotz des freundschaftlichen Charakters des Spiels ging es auch zur Sache:
Bei Marcus Ahlm riss das Trikot.
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Susanne Schauer |
Freundlich wurden die Zebras im Euregium empfangen. "Diese Partie ist natürlich der Höhepunkt
unserer Saisonvorbereitung", hatte Trainer Heiner Bültmann vor dem Spiel gesagt. Gerne hätte
Daniel Kubes eine Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte gefeiert,
wo er von 2006 bis 2008 spielte und
mit dem EHF-Pokalsieg 2008 seinen bisher größten Erfolg feierte - jedoch machte eine Oberschenkelzerrung
seinen Einsatz unmöglich. Aber auch für viele weitere Kieler war das Testspiel ein Blick zurück, lieferten
sich die Zebras doch im Euregium zu den
Bundesliga-Zeiten der HSG den ein oder anderen heißen Kampf mit den Nordhornern. Nach deren
Zwangsabstieg steht für die Niedersachsen nunmehr die Qualifikation für die
eingleisige neue zweite Liga auf der Agenda.
Kubes war indes nicht der einzige Ausfall, den Alfred Gislson
zu verkraften hatte: Aron Palmarsson ist unlängst zur Junioren-WM nach
Bratislava gereist und wird dem THW Kiel zwei Wochen fehlen. Henrik Lundström
plagen nach den anstrengenden Trainingslager-Tagen ebenso gesundheitliche Probleme wie
Filip Jicha. Doch während der Tscheche im Euregium wenigstens kurz mitwirken
konnte, musste Lundström passen.
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Sicherer Siebenmeterschütze: Momir Ilic.
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Susanne Schauer |
In der ersten Hälfte lief es rund beim THW. Nachdem
Reichmann die Zebras
mit drei Toren in Folge in Führung gebracht hatte, setzten sich die Kieler bis zur Pause auf 22:12 ab und
zeigten dabei sowohl in der Abwehr als auch im Angriff eine ansprechende Leistung. In der zweiten
Hälfte machten sich die schweren Beine nach den Anstrengungen des Trainingslagers deutlicher bemerkbar.
In der Defensive kamen die Zebras nun häufig den berühmten Schritt zu spät, und im Angriff fehlte die
Präzision. Zudem wurde eifrig durchgewechselt, um allen einsatzfähigen Akteuren ein bisschen Spielzeit
mit dem Handball zu gönnen. Davon profitierten auch die beiden A-Jugendlichen
Fynn Ranke und
Tjark Müller,
die die Profis im Trainingslager unterstützen und zu viel Einsatzzeit kamen. Letztlich gewann der Zweitligist
sogar die zweite Hälfte, was natürlich unter den Zuschauern für Jubel sorgte - gleichfalls bedachten die
Handballfans aber auch viele gelungene Kieler Aktionen mit viel Applaus. Sie schienen mit dem Beifall
auch dem THW danken zu wollen, der bei dem finanziell noch immer nicht auf Rosen gebetteten Verein ohne
Gageforderung antrat.
Der nächste Test findet am Mittwoch, dem 4. August, in Aumühle statt. Um 19 Uhr empfängt
der TuS Aumühle-Wohltorf den THW zu einem weiteren Vorbereitungsspiel (siehe auch
Überblick über die Vorbereitung des THW).
(Christian Robohm)
- Haupttorschützen HSG Nordhorn-Lingen:
-
Schagen (7/5), Mickal (7), Struck (6);
Trainer: Bültmann
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-12.),
Palicka(12.-60.);
Ranke,
Ahlm (2),
Dragicevic (3),
Reichmann (4),
Zeitz (7),
Müller,
Narcisse (7),
Ilic (7/3),
Klein (3),
Jicha (2);
Trainer: Gislason
- Siebenmeter:
-
Nordhorn: 5/5;
THW: 3/3
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:3 , 4:9, 5:11, 8:16, 10:18, 12:22;
2. Hz.: 15:26 (36.), 19:28, 23:29 (49.), 24:30, 28:35.
- Zuschauer:
-
1000 (Euregium, Nordhorn)
Aus den Kieler Nachrichten vom 28.07.2010:
Kurz vor dem Zusammenbruch
Nach 22:12 zur Halbzeit machte sich in Nordhorn die Trainingsfron beim THW bemerkbar
Nordhorn. Gestern war "Bergfest", Halbzeit beim Trainingslager
von Handballmeister THW Kiel im emsländischen
Lingen. Der Lohn für die bisherige Fron unter Trainer
Alfred Gislason war ein abendliches Testspiel beim
Ex-Bundesligarivalen HSG Nordhorn-Lingen. Die "Zebras"
gewannen standesgemäß mit 35:28 (22:12) Toren..
Es war ein zähes Spiel vor 1000 Zuschauern im Nordhorner Euregium.
Die harten Trainingseinheiten hatten Spuren hinterlassen.
Das Team soll sich finden, sich einspielen. Genau das
ist aber beim THW zur Zeit nicht möglich. Youngster
Aron Palmarsson hat sich mit der isländischen
Auswahl zur Junioren-WM ins slowakische Bratislava
verabschiedet, fehlt rund 14 Tage, die operierten
Kim Andersson
und
Christian Sprenger sind im Aufbautraining.
Auch Neuzugang Daniel Kubes ist nicht einsatzfähig. Der
tschechische Abwehr-Spezi brachte eine hartnäckige Oberschenkelzerrung
mit nach Lingen. "Ärgerlich", sagt der 32-Jährige. Mindestens zehn Tage
müsse er noch kürzer treten. "Wenn die anderen trainieren,
radle ich täglich von Lingen nach Cloppenburg und zurück."
Das Fehlen von Linksaußen Henrik Lundström, den
muskuläre Probleme plagen, machte das Dilemma perfekt. So profitieren von der frühen
Personalnot immerhin die beiden A-Jugendlichen Fynn Ranke
und Tjark Müller, die Gislason mit nach Lingen genommen
hat. Gestern Abend waren sie plötzlich Teil jener Mannschaft,
die vor wenigen Monaten für Meisterschaft und Champions-League-Sieg gefeiert wurde.
Klar, dass die Nachwuchstalente vor Stolz fast platzten, als sie
nach ihren Kurzeinsätzen von Autogrammjägern bestürmt
wurden.
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Henrik Lundström musste auf der Bank der Rekonvaleszenten Platz nehmen.
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Susanne Schauer |
Derweil geht
Alfred Gislason
gelassen mit der Personalnot um. "Da kann man nichts machen",
sagte er. Mit dem bisherigen Verlauf der Vorbereitung sei
er allerdings sehr zufrieden. "Alle Spieler geben Vollgas,
gestern standen einige kurz vor dem Zusammenbruch." Das Ergebnis
und fehlerhafte Spiel, so
Gislason, "interessieren mich
nicht".
Bis zum Seitenwechsel agierte der THW halbwegs geordnet,
Rechtsaußen Tobias Reichmann erzielte alle Treffer zur 3:0-Führung,
die Abwehr gab sich Mühe, Nordhorn biss auch gegen
Torhüter Omeyer und
Palicka meist auf Granit. In der zweiten
Halbzeit regierte das Chaos, der Zweitligist gewann diesen Abschnitt
gar mit zwei Toren. Und Neuzugang Milutin Dragicevic?
Beim Serben wechselten Licht und Schatten, aber auch für den
27-Jährigen galt der Gislason-Satz: "Nur ein Test."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 28.07.2010)