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18.02.2011 Bundesliga / Mannschaft

Kieler Nachrichten: "Auf dem Feld schaltet der den Verstand ab"

Christian Zeitz und Frank Ettwein werden keine Freunde mehr - THW morgen in Chambery

Aus den Kieler Nachrichten vom 18.02.2011:

Balingen. Christian Zeitz ist keiner, der nach dem Abpfiff eines Handballspiels Journalisten aufsucht, um ihnen seine Sicht der Dinge mitzuteilen. Der Linkshänder des THW Kiel ist froh, wenn er flott in der Kabine verschwinden kann. Doch vorgestern Abend, nach dem 28:22 (11:13)-Sieg bei HBW Balingen-Weilstetten, hatte er eine Botschaft. Eine für Frank Ettwein.
33 Jahre alt, 1,74 Meter groß, Halbglatze, Geburtsort Rottweil - der bullige Linksaußen ist auf der Schwäbischen Alb Kult, die Fans lieben ihren "Litty". Kassiert der Kfz-Mechaniker eine Zeitstrafe, dröhnt "Who let the dogs out" von Baha Men aus den Boxen. Zeitz liebt Hunde, aber ein Terrier wie Ettwein, der sich seit Jahren in ihn verbeißt, wird sein Herz nicht mehr erreichen. "Er ist bestimmt ein lieber Kerl", sagte der 30-Jährige, der sich kurz vor dem Abpfiff noch eine Rangelei mit ihm lieferte, die beide Teams in ein gemeinsames Knäuel verwandelte. "Aber auf dem Feld schaltet der den Verstand ab." Mit Handball, so der 166-malige Nationalspieler, habe das nichts zu tun. "Es sollte mal einer den Schiedsrichtern flüstern, wie viele versteckte Fouls Ettwein macht." Zeitz hatte vorgestern sogar in dessen Steckbrief nachgeblättert, um herauszufinden, wie lange sich ihre Wege noch kreuzen werden. "Langsam reicht es. Aber er sieht leider älter aus, als er ist."

Es sei ihm schwer gefallen, die Provokationen auszuhalten. Denn nur darum wäre es gegangen - ihn aus der Ruhe zu bringen. "Der Kontakt mit mir kann wehtun", räumte Ettwein ein, der betonte, die zumeist deutlich größeren Gegner fair zu stoppen. "Ich dagegen kenne die ganze Palette von Revanchefouls." Für Trainer Rolf Brack ist Ettwein, der HBW aus der Ober- in die Bundesliga begleitete, der "Inbegriff" für Leidenschaft und Kampfgeist. "Er ist unsere Symbolfigur." Auch weil Balingen einen Ettwein hat, waren die Kieler mit Respekt angereist. So hatte Zeitz eine andere Umkleidekabine gewählt als bei der 37:39-Niederlage im Dezember 2009. "Es hat geholfen."

Nach dem Anpfiff soll diese historische Pleite kein Thema mehr gewesen sein. "Ich habe nicht daran gedacht", sagte Marcus Ahlm. Auch nicht, als die Seiten mit einem 11:13-Rückstand gewechselt wurden. "Wir haben uns in der Pause vorgenommen, mit mehr Zug zum Tor zu spielen, mehr Gas zu geben. Das hatten wir versäumt." Der Kapitän nahm zudem die Schiedsrichter Colin Hartmann und Stefan Schneider in Schutz, die von den aufgebrachten HBW-Fans am Ende wüst beschimpft wurden. "In der ersten Halbzeit haben sie zu viel erlaubt, aber dann haben sie die Zeitstrafen konsequent durchgezogen." Es wäre nach der Pause auch leichter für sie gewesen, schließlich hätten beide Mannschaften dann die 3:2:1-Deckung gewählt. "Es ist nicht einfach, die Schwere eines Fouls zu beurteilen, wenn zwei unterschiedliche Abwehrsysteme auf dem Feld stehen." Das gleiche Foul sehe gegen eine 6:0-Deckung viel härter aus.

Härte, die erwartet Jerome Fernandez auch beim morgigen Champions-League-Gruppenspiel bei Chambery HB (18 Uhr, Eurosport). Allerdings hat der Franzose vor dem Duell mit seinen Landsleuten auch eine gute Nachricht für die Kollegen: "So hart wie gegen Balingen wird es nicht."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 18.02.2011)


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