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09.09.2011 Mannschaft / Bundesliga

Kieler Nachrichten: Die wunderbare Rückkehr

Kim Andersson schöpft Kraft aus der Familie - THW morgen zum TV Hüttenberg

Aus den Kieler Nachrichten vom 09.09.2011:

Kiel. Der THW Kiel machte beim Bundesligastart dort weiter, wo er in der Vorbereitung aufgehört hatte - mit überzeugenden Leistungen und einem hohen Sieg. Dass dieser am vergangenen Sonntag mit 35:21 im Nordderby gegen den ewigen Rivalen aus Flensburg gelang, hatte eine zusätzliche, pikante Note. Morgen kehren die "Zebras" in den Handball-Alltag zurück, sie sind Gäste bei Aufsteiger TV Hüttenberg und wieder einmal haushoher Favorit.
David gegen Goliath. Einen treffenderen Vergleich zwischen der biblischen Erzählung vom Jüngling, der den riesigen Krieger mit einer Steinschleuder niederstreckte, und der Partie des Bundesliga-Aufsteigers gegen den Handball-Rekordmeister könnte es kaum geben. Die Hessen sind morgen um 20.15 Uhr in der Sporthalle Gießen-Ost ein sehr krasser Außenseiter, und es müsste schon ein großes Wunder geschehen, sollten die Hüttenberger eine Steinschleuder auftreiben können. Auch, weil der Dorfclub ein zusätzliches Handicap wegstecken muss. Bei der 21:28-Auftaktniederlage in Melsungen verletzten sich Tomasz Jezewski (Patellasehne) und Spielmacher Florian Laudt (Schulter). Es sind die besten TV-Spieler, sie könnten wochenlang ausfallen.

Der Rekordmeister geht die Aufgabe professionell an, startet seinen Ausflug morgen Früh um sieben, soll gegen halb Elf in Frankfurt landen, will zeitig ein Tageshotel in der Nähe von Gießen beziehen, damit Zeit bleibt, sich in Ruhe vorzubereiten. Trainer Alfred Gislason, der am Mittwoch seinen 52. Geburtstag feierte, hat seinen kompletten Kader dabei. Auch Christian Zeitz stieg in den Bus, allerdings wird der Linkshänder nur moralische Stütze sein. Zeitz will konsequent bleiben, seine schmerzende rechte Schulter ausheilen lassen.

Kim Andersson.
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Hüttenberg sei ein Auswärtsspiel wie jedes andere auch, sagt Kim Andersson, Kiels zuletzt überragender Linkshänder, der im Supercup gegen den HSV neunmal und gegen die SG elfmal ins Tor traf. Seinen bisher überragenden Auftritten will er weitere folgen lassen. Zunächst Hüttenberg. "Natürlich nehmen wir den Aufsteiger ernst, allein deshalb, weil wir die Mannschaft nicht kennen." Die THW-Frühform führt Andersson auf "ein perfektes Timing zurück. Alfred Gislason hat es geschafft, dass wir auf den Punkt fit waren." Der 29-Jährige selbst fühlt sich nach einer langen Berg- und Talfahrt zwischen Verletzungen, Reha, Hoffen und Bangen "endlich wieder richtig gut." Die gegnerischen Teams bekommen es zu spüren, und nicht wenige Handball-Fachleute behaupten, erst jetzt den besten Andersson zu sehen, den es je gab. Kim Andersson hat schwere Zeiten überwunden, nach der Knieoperation (Knorpelschaden) im März 2010 folgte das Comeback im Dezember, doch der komplizierte Daumenbruch bei der Heim-WM im Januar 2011 schickte ihn zurück in den Krankenstand. Die erneute Rückkehr folgte im Frühjahr, "aber ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass ich den Jungs helfen konnte."

Erst der Start in die neue Saison markierte einen echten Neuanfang. Schon aus dem Urlaub kehrte der Zwei-Meter-Mann körperlich fit zurück. Weil die Geburt des zweiten Kindes bevorstand, fehlte Andersson bei der THW-Reise auf die Trauminsel La Reunion. Ein Vorteil. "Ich wusste nicht, wie hart die Jungs dort trainieren, deswegen habe ich zu Hause richtig Gas gegeben." Es zahlte sich aus, der Schwede kam großartig in die Saison, strotzt vor Selbstvertrauen und hat die Zweifel an der Fortsetzung seiner Karriere zerstreut. Lange hätte er sich mit Gedanken herumgeschlagen, wie es für ihn und die Familie weitergehen solle. "Aber jetzt fühle ich mich gut, habe keine Angst mehr vor Rückschlägen", sagt Andersson.

Die Geburt von Tuva hat die Familie mit Sohn Milo und Ehefrau Sandra auf vier Anderssons vergrößert, den Vater noch gelassener gemacht. Handball sei ihm sehr wichtig, betont der Kapitän der schwedischen Nationalmannschaft, "es ist Arbeit und Leidenschaft zugleich." Seit der Geburt von Tuva fühle er sich im Spiel aber noch freier als vorher, "weil das Gefühl für meine Familie immer stärker wird, sie ist das Wichtigste, sie gibt mir Sicherheit."

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 09.09.2011)


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