30.09.2011 | Champions League |
Aus BM Ciudad Real wurde BM Atletico Madrid. |
Sie taten lange geheimnisvoll in Ciudad Real. Erst Anfang Juni, anlässlich der Auslosung des spanischen Pokals, lüfteten sie den neuen Namen: Künftig startet der Klub, der seit 2006 als BM Ciudad Real dreimal die Champions League gewann, als BM Atletico Madrid. Ein Name, der die seit 1994 ausgetragene Handball-Champions League noch nie zierte.
Es gibt allerdings auch richtig frisches Blut in der Königsklasse. Es debütieren nicht nur die Füchse Berlin, sondern auch Wisla Plock, der Sensationsmeister aus Polen, und auch die dänischen Teilnehmer AG Kopenhagen und Bjerringbro-Silkeborg greifen erstmals nach dem wichtigsten Clubtitel der Handballwelt. Speziell das Projekt Kopenhagen, hinter dem der dänische Unternehmer Jesper Nielsen steht, weckt große Erwartungen. " Ganz Europa wird gebannt nach Kopenhagen schauen", sagt Peter Vargo, der Geschäftsführer der EHF Marketing GmbH (EHFM) aus Wien, welche die Champions League veranstaltet.
Schließlich hat Nielsen erklärt, mit dem Club möglichst schnell diesen Titel gewinnen zu wollen, es wäre der erste dänische Klub, dem dies gelänge. Aber Vargo freut sich ebenso über die Füchse und über die gute Entwicklung in Schaffhausen. "In der Schweiz gibt es wirklich bedeutende Fortschritte", sagt Vargo. "Der Wettbewerb ist also gegeben."
Andererseits betrachten die Funktionäre aus Wien die Entwicklung in Spanien mit einiger Sorge. Der aktuelle Titelträger FC Barcelona muss eine etwa zehnprozentige Kürzung seines Etats befürchten, da große Schulden den Klub plagen. Der Umzug von Ciudad Real nach Madrid erfreut zwar aus Sicht der Marketingexperten - die Hauptstadt ist besser zu verkaufen als ein Ort, den sonst niemand kennt.
Die Marke Atletico und das weiß-rot gestreifte Trikot sind allen Sportfans bekannt. Bei der Europäischen Handball-Föderation (EHF) begrüßt man diesen Umzug. "Das ist toll für unser Produkt", heißt es aus der EHF-Zentrale in Wien. Zumal Atletico eine große Handballtradition besitzt. Elfmal wurde die Handballsparte des Clubs, die 1951 gegründet wurde, spanischer Meister, zehnmal Pokalsieger, und zweimal (1985 und 1987) erreichten sie ein Europapokalfinale. 1992 aber kappte der legendäre Atletico-Präsident Jesus Gil y Gil das Geld für die Abteilung, das war das Ende. Damals trugen noch renommierte Profis wie der heutige HSV-Trainer Per Carlen, Torwart Tomas Svensson oder der spätere Welthandballer, Kreisläufer Dragan Skrbic, die berühmten Farben, und auch Torwart Javier Hombrados von Ciudad Real, für den der Umzug eine Rückkehr in die Heimat ist.
Einige Fragen sind aber noch ungeklärt. So sucht die Administration des Clubs, die nahezu geschlossen in die 200 km entfernte Hauptstadt umziehen soll, nach geeigneten Hallenkapazitäten. Keine einfache Aufgabe, da die Basketball-Teams (Real und Estudiantes) viele Spielzeiten blockieren. Hinsichtlich neuer Sponsoren aber scheint der Umzug reizvoll. Man habe viele interessante Angebote erhalten, berichtete der milliardenschwere Präsident Diaz de Mera. Trainiert wird aber weiterhin in Ciudad Real.
So formidabel der Umzug des Branchenführers aus Marketinggründen auch ist, in Wirklichkeit steckt hinter dem Umzug die nüchterne Einsicht, dass großer Handballsport in der Provinz La Mancha nicht funktioniert. "Wir sehen, dass dieses Projekt in dieser Stadt nicht fortbestehen kann", sagte Diaz de Mera. Und er beschwerte sich über die Kritik aus Ciudad Real an ihm, der das Team 1999 übernommen und mit vielen Millionen zum besten Team der Welt gemacht hatte. Der Unternehmer berichtete von desaströsen Zahlen: Der Club von Trainer Talant Duschebajew habe in der abgelaufenen Saison nur 900.000 Euro aus Sponsorengeldern und Zuschauereinnahmen erlöst. Weitere 800.000 Euro kamen demnach von der Stadt Ciudad Real (ca. 75.000 Einwohner), 300.000 Euro von der Region, eine Million Euro schließlich vom Vorstand. Er selbst habe 4,3 Millionen Euro in die Mannschaft stecken müssen.
Das gibt es zu verdienen:
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.09.2011)
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