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22.11.2012 Interview

HBL-Interview mit Alfred Gislason

Wahl zur Mannschaft des Jahres: "Die Nominierung ist für uns eine große Ehre"

Alfred Gislason: "Ich bin Trainer beim besten Klub der Welt."
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Die perfekte Saison des THW mit dem Titel-Dreiklang Meisterschaft-Pokal-Champions League ist seit Monaten vorüber. Die Ehrungen für den THW Kiel nehmen dennoch kein Ende. Jetzt wurde der Vorzeigeklub von der Ostsee für die Wahl zur Mannschaft des Jahres nominiert. Die Konkurrenz ist gewaltig: Schließlich stehen mit dem Deutschland-Achter, den Hockey-Herren oder dem Beach-Volleyball Duo Brink/Reckermann aktuelle Goldmedaillengewinner der Olympischen Spiele von London zur Wahl. Allerdings ist der THW Kiel als seit Jahren dominierendes Team - sowohl national als auch international - keineswegs chancenlos und hätte es sicher auch verdient zu gewinnen. Die anstehende Wahl und wie Alfred Gislason Gegenwart und Zukunft der Erfolgsmannschaft gestaltet, sind die Themen eines großen Interviews mit dem Trainer des THW Kiel.
HBL:
Nach der perfekten Saison 2011/2012 scheinen die Dinge rund um den THW Kiel ja dramatisch schlecht zu stehen. Sie haben in der Liga bereits einen Minuspunkt.
Alfred Gislason:
(lacht) Das ist ja das, was alle gehofft haben. Aber es war uns vor der Saison klar, dass es nicht immer so weiter gehen wird wie im Vorjahr. Das haben wir oft genug gesagt, und das ist auch kein Problem. Wir haben diverse neue Leute einbinden müssen. Und dass dann die Dinge nicht immer wie geschmiert laufen, liegt doch auf der Hand.
HBL:
Wie haben sich denn die Neuzugänge Patrick Wiencek, Rene Toft Hansen, Gudjon Valur Sigurdsson und Marko Vujin bisher eingefügt?
Alfred Gislason:
Das war bei Sigurdsson sicher ein bisschen einfacher als bei den anderen. Die brauchten ihre Zeit, da wir aufgrund der Olympischen Spiele überhaupt keine richtige Vorbereitung hatten. Ich hatte hier zeitweise gerade mal sechs Spieler zur Verfügung.
HBL:
Erklärt das auch die beiden Niederlagen in der Champions League?
Alfred Gislason:
Das ist sicher eine Erklärung. Aber an den beiden verlorenen Spielen ärgert mich weniger, dass wir sie verloren haben, sondern wie diese Niederlagen zustande kamen. Wir haben unwahrscheinlich schlecht gespielt. Und das macht mich richtig sauer.
HBL:
Mit Ausnahme der Rhein-Neckar Löwen scheint auch in dieser Saison in der Liga kein Team mit dem THW mithalten zu können. Wie stark schätzen Sie die Mannheimer ein?
Alfred Gislason:
Schwer zu sagen! Die Löwen haben in dieser Saison überhaupt keinen Druck, da sie keinerlei Erwartungen erfüllen müssen. Sie haben auch nicht die Belastungen wie die Champions-League-Teilnehmer. Und dann haben sie auch ein wenig Glück gehabt, weil sie sowohl gegen Flensburg als auch gegen Berlin antreten mussten, als diese Klubs von beschwerlichen Europacupreisen zurückkehrten. Allerdings ist es auch eine Qualität, solche besonderen Umstände zu nutzen.
HBL:
Haben Sie Verständnis dafür, dass jeder, der kein THW-Fan ist, den Löwen für den Ligagipfel Ende November die Daumen drückt?
Alfred Gislason:
Das ist mir sowas von egal, wer hier wem die Daumen drückt. Wir haben schon so viele Gipfel gespielt. Wir freuen uns darauf, wie sich hoffentlich auch alle Handballfans darauf freuen.
HBL:
In 2011/2012 haben Sie nicht nur sämtliche Titel eingestrichen, die es zu gewinnen gibt. Der THW ist nun auch noch nominiert für die Wahl zur Mannschaft des Jahres. Ist das eine besondere Auszeichnung?
Alfred Gislason:
Das denke ich schon. Es ist nicht nur für den THW gut, wenn der Handball sich im großen Rahmen des Sports präsentieren kann. Das ist eine richtig schöne Sache.
HBL:
Rechnen Sie sich Chancen auf den Sieg aus?
Alfred Gislason:
Darüber habe ich mir noch keinen Kopf gemacht. Die Konkurrenz ist angesichts einiger olympischer Goldmedaillengewinner groß. Doch schon allein die Nominierung ist für uns eine große Ehre.
HBL:
Wie schwer ist Ihre Arbeit eigentlich nach einer solch erfolgreichen Saison? Können Sie die Spieler überhaupt noch motivieren, alles aus sich herauszuholen?
Alfred Gislason:
Ich denke schon. Auch eine perfekte Saison ist irgendwann halt mal vorbei. Nach ein paar Wochen hat man das wieder vergessen, und dann beginnt die Arbeit von vorn. Wir haben vier neue Spieler, mit denen es Spaß macht zu arbeiten. Zudem habe ich die Möglichkeit, auch ein paar neue Dinge einzubringen. Und man ist vor jeder Saison aufs Neue gespannt, was die Zugänge mitbringen und wohin es die Mannschaft führen kann. Über Dinge wie die perfekte Saison kann ich nachdenken, wenn ich in Rente gehe und mich zurücklehne. Dafür ist jetzt keine Zeit.
HBL:
Und was ist mit Ihnen? Sie haben nun auch alles gewonnen. Besteht Gefahr, dass Sie die Lust am Erolg verlieren?
Alfred Gislason:
Noch ist es nicht so. Und wenn das mal so sein sollte, dann werden Sie mich nicht mehr am Spielfeldrand sehen. Die Arbeit macht noch immer sehr viel Spaß, auch wenn es manchmal, wenn du stundenlang vor dem Computer sitzt, ein wenig monoton sein kann. Aber wenn du deine Ideen umsetzen kannst, dann ist das ein ganz spannender kreativer Vorgang, bei dem du nie weißt, was am Ende herauskommt. Für die Zuschauer sind das oft nur Kleinigkeiten, in denen aber mitunter sehr viel Arbeit steckt.
HBL:
Ist der Job in Kiel die Ultima Ratio oder gibt es eine besondere Herausforderung, die Sie noch reizt?
Alfred Gislason:
Ich denke schon, dass es so etwas noch gibt. Im Moment wüsste ich aber nichts. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit in Kiel. Ich bin Trainer beim besten Klub der Welt. Und was einmal nach Kiel kommen könnte, weiß ich nicht. Als ich vor zehn Jahren in Magdeburg Trainer war, habe ich gedacht: Das werde ich in zehn Jahren auch noch sein. Und dann sind so viele andere Dinge passiert. Ich habe es mir abgewöhnt, darüber nachzudenken.
(Das Interview führte die DKB HBL)


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