Aus dem offiziellen THW-Magazin "ZEBRA", von Sascha Klahn:
Vier Jahre sind eine lange Zeit - und bei
Daniel Narcisse scheint
es, als ob er nie woanders gespielt hätte. "Air France"
kam mit nur einem Vereins-Titel an die Kieler Förde.
Wenn er am Wochenende sein letztes Spiel im
"Zebra"-Trikot absolviert haben wird, verlässt er den
THW Kiel als dreimaliger Deutscher Meister, dreifacher
DHB-Pokalsieger und zweimaliger Champions-League-Gewinner.
Sein neues Ziel: Paris.
Eigentlich hatte sich
Daniel Narcisse
schon längst aus der Handball-Bundesliga verabschiedet. 2007
war er nach drei Jahren beim VfL Gummersbach zurück zu seinem
"Heimatverein" Chambery Savoie gegangen - und auch 2009 deutete
zunächst nichts darauf hin, dass er diesen Schritt noch einmal
rückgängig machen würde. Doch dann kam der Anruf aus Kiel. Die
Saisonvorbereitung hatte zwar längst begonnen, aber im mittleren
Rückraum hatte man nach dem Abschied von Kapitän
Stefan Lövgren Bedarf beim deutschen
Rekordmeister. Und
Narcisse folgte
dem Ruf seines Trainers aus gemeinsamen Gummersbacher Zeiten:
Eine Woche vor dem Saisonstart begrüßte
Alfred Gislason den wegen seiner
Sprungkraft "Air France" genannten Franzosen im Training. "Kiel
war mein Wunschverein, nach der Meisterschaft 2001 mit Chambery
will ich unbedingt mehr Titel mit meinem Verein gewinnen. Mir
brummt von den vielen neuen Spielzügen allerdings der Kopf",
erklärte der damals 29-Jährige nach der ersten Einheit. Und
doch fügte sich
Narcisse schnell in
die "Zebraherde" ein, wurde mit seinen spektakulären Treffern
und seinem unglaublichen Eins-gegen-Eins-Spiel schnell zu einem
der Publikumslieblinge an der Förde.
Doch es gab für
Daniel Narcisse
nicht nur rosige Zeiten in der "Welthauptstadt des Handballs":
Ein Fingerbruch an der Wurfhand, freie Gelenkkörperchen im
rechten Knie und vor allem der Kreuzbandriss in einem Testspiel
2010 warfen den heute 32-Jährigen immer wieder zurück. "Das
waren schwierige Monate, in der die Klinik mein zweites Zuhause
war." Doch nach seinem Comeback kam
Daniel Narcisse auch mental gestärkt
zurück auf die Platte - und wurde so zum Motor der großartigen
Mannschaft, die in der vergangenen Saison mit dem 68:0-Triple
eine noch nie dagewesene Leistung für die Handball-Geschichtsbücher
abrief. Den Grundstein dafür legte das Team in
Daniel Narcisse' Heimat: Auf der
Traum-Insel La Reunion im Indischen Ozean rückte das Team während
eines Trainingslagers noch enger zusammen - und der Mittelmann
freute sich, seinen Mannschaftskollegen seine Heimat näher zu
bringen.
Der Lohn für die Mühen und die zahlreichen Erfolge mit dem THW und
der französischen Nationalmannschaft: Nach dem zweiten Olympia-Gold,
außerdem gewann Daniel Narcisse je
zweimal die Welt- und die Europameisterschaft, wurde er Anfang
Januar von der Internationalen Handballföderation (IHF) zum
"Welthandballer des Jahres 2012" gewählt - ausgerechnet an dem
Tag, an dem auch sein Abschied aus Kiel publik wurde.
Denn auch für Daniel Narcisse ist die
Handball-Reise nach seiner Kieler Zeit noch lange nicht beendet.
Der Regisseur wechselt zum französischen Meister Paris St. Germain,
wo er künftig mit weiteren Weltstars wie Mikkel Hansen, Luc Abalo,
Gabor Csaszar oder dem Hamburger Igor Vori auf Torejagd gehen wird.
"Ich werde Kiel vermissen, ich werde den THW vermissen", sagt
Daniel Narcisse. "Wir hatten vier
grandiose Jahre in Kiel - auch wenn die Sonne ein bisschen häufiger
hätte scheinen können." Denn das Wetter im Norden Deutschlands ist
das einzige, an das sich der sonnenverwöhnte
Daniel Narcisse nie gewöhnen konnte.
"Aber ansonsten hat alles gestimmt."
Merci, Daniel!
(von Christian Robohm, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von Sascha Klahn)