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19.10.2013 Bundesliga

Kieler Nachrichten: Abpfiff: Strafe für "Heine" wird zum Schauplatz der Eitelkeiten

Aus den Kieler Nachrichten vom 19.10.2013:

Handball, das ist die traurige Realität, findet in der bundesweiten Öffentlichkeit in der Regel nur dann noch statt, wenn Silvio Heinevetter, Nationaltorhüter und Lebensgefährte von Tatort-Kommissarin Simone Thomalla, den Wüterich gibt.
Der extrovertierte Angestellte des Bundesligisten Füchse Berlin kritisierte beispielsweise den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Handball-Bundes (DHB) Uli Strombach, der sich zur Hauptrunde der EM 2012 in Serbien einfliegen ließ und vollmundig tönte, die Nationalmannschaft werde Gold gewinnen. Letztlich war es auch dieser Strombach-Druck, der das gut gestartete Team schließlich straucheln und die Olympia-Qualifikation verpassen ließ. "Wenn wir ehrlich sind: Ahnung vom Handball hat der nicht", sagte Heinevetter damals. Ganz ehrlich: Das stimmt.

Am vorvergangenen Wochenende sprach "Heine", wie die Fans und Kollegen ihn nennen, wieder Klartext. Er kritisierte die Schiedsrichter Robert Schulze/Tobias Tönnies, die das sehr hektische Heimspiel der Füchse gegen die Rhein-Neckar Löwen (21:21) bis wenige Sekunden vor dem Abpfiff souverän geleitet hatten. Dann übersahen die Magdeburger aber, dass Löwe Patrick Groetzki beim finalen Wurf längst den Boden berührt hatte, bevor er zum Ausgleich traf. Er fühle sich "verarscht" sagte Heinevetter live in die Fernsehkamera. Nicht die feine Art, das ist klar. Allerdings ist eine solche Aussage unmittelbar nach einem derartigen Spiel irgendwie auch menschlich.

Rätselhaft ist die Reaktion der Handball-Bundesliga (HBL), die Heinevetter wegen seiner "verbalen Entgleisung" zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilte. Verarscht, so die Erklärung, wäre eine eindeutige Unterstellung von Manipulation. Diese Regeln, so HBL-Boss Frank Bohmann, hätten die Klubs selbst aufgestellt, der Verband würde sie nur umsetzen. "Noch vor zwei Jahren wurden Schiedsrichter nach Spielen regelmäßig beleidigt und der Manipulation bezichtigt", sagt Bohmann.

Der Ansatz, Schiedsrichter zu schützen, ist ehrenwert und überfällig, eine Äußerung wie die von Heinevetter mit einer beliebig wirkenden Summe von 1000 Euro - bis zu 5000 Euro wären möglich gewesen - zu bestrafen, ist albern. Sich verarscht zu fühlen, beinhaltet nicht die Behauptung, absichtlich um den Sieg betrogen worden zu sein. Sollten Schulze/Tönnies, eines der besten deutschen Gespanne, von Beginn an ein solches Ergebnis im Sinn gehabt haben, müssten sie übernatürliche Fähigkeiten besitzen. Ohne diese hätten sie nicht erahnen können, dass die Füchse-Deckung dem Rechtsaußen in den letzten Sekunden noch einmal ein Türchen öffnen würde.

Die Geldstrafe beherrschte in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen, mehr als der bevorstehende Supercup der Nationalmannschaft, mehr als die Siege der deutschen Klubs in der Champions League. Was für den Sport bedauerlich ist, aber zeigt, was zählt - Heinevetter. Und natürlich Bob Hanning. Der Füchse-Manager ist als Vizepräsident Leistungssport inzwischen auch ein sehr mächtiger Mann im DHB. Es ist ein offenes Geheimnis, dass seine Wertschätzung für Bohmann eher gering ist. Gut vorstellbar, dass hinter der aufgeblasenen Story rund um die Geldstrafe, zu der sich inzwischen auch auch der unvermeidliche Heiner Brand äußerte ("Das muss Heine hinnehmen"), der Stratege Hanning als Stichwortgeber steckt.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.10.2013)


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