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10.12.2013 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Rasmus Lauge im Wettlauf mit der Zeit

Das am Knie verletzte THW-Ass will zur EM

Aus den Kieler Nachrichten vom 10.12.2013:

Rasmus Lauge.
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Kiel. Vor fünf Wochen riss Rasmus Lauge, Mittelmann des THW Kiel, das hintere Kreuzband im rechten Knie. Es geschah in einem Testspiel seines dänischen Nationalteams gegen Kroatien. In Oslo, auf einem Asphalt-Boden, in Minute zehn. Eine Szene wie viele, nur diese eine könnte den Handballer den Traum von der Europameisterschaft im eigenen Land kosten.
Lauge, wie ihn seine Freunde rufen, kommt pünktlich zum Interview ins Restaurant "Louf". Am Hindenburgufer hat er noch schnell ein Foto gemacht, er will Freundin Sabrina, die in Dänemark studiert, mitteilen, was "Xaver" in seiner neuen Heimat anrichtet. Lauge bestellt Rotes Curry, eine Flasche Wasser und will wissen, warum der Sturm ein Mann ist. In Dänemark hieße er "Bodil" und sie hätte dort deutlich schlimmer gewütet. Die Deutschen, in deren Mitte er seit fünf Monaten lebt, sind ihm sympathisch. Einiges ist ihm noch ein Rätsel, so der Tick, Stürme gleichermaßen nach Männern und Frauen zu benennen. Obwohl er die Sprache gut beherrscht, hadert der 22-Jährige noch mit Details. Warum schreibt sich Xaver nicht mit "f"? Warum "Huhn" mit einem zweiten "h", "tun" aber gänzlich ohne - es tröstet ihn, dass nicht nur er sich diese Fragen stellt.

Lauge ist entspannt, sein Knie fühlt sich gut an, er hat an diesem stürmischen Freitag die Hoffnung, doch bei der EM (12. bis 26. Januar) dabei sein zu können. Die Gastgeber spielen in Herning, eine eher trostlose Industriestadt in Jütland. Aber in der 14 000 Zuschauer fassenden "Jyske Bank Boxen" wird das Herz dieses Turniers schlagen. "Davon habe ich schon als kleiner Junge geträumt", sagt Lauge, der ein Kind des dänischen Erstligisten BSV Bjerringbro-Silkeborg ist. "Ich hoffe, ich fahre als Spieler zur EM." Was irritierend klingt, ist er doch trotz seiner Jugend bereits ein Spieler der Extraklasse. Aber das Rätsel löst sich schnell: Der Europa- und zweimalige Vizeweltmeister will zuvor noch einmal das THW-Trikot tragen. Für zehn Minuten, vielleicht 20. Das Gefühl haben, wieder ein Handballer zu sein. Vorbei die Zeit als Aquajogger und Radfahrer, der verlorene Muskeln auftrainieren muss. Ein Comeback am 21. Dezember gegen Schlusslicht Emsdetten? Im Liga-Gipfel gegen den HSV am 26.? "Wenn das Knie hält, hält es", sagt Lauge. "Der Gegner ist dann egal."

An die Szene, die zur bislang schwersten Verletzung führte, erinnert er sich gut. Er hatte sich auf die für ihn typische Art am Kreis gegen zwei Kroaten durchgesetzt, ein Tor geworfen, war auf dem Knie gelandet. "Ich spürte nichts, so eine Szene habe ich schon hundert Mal erlebt." Die Folge, so sein erster Gedanke, würde ein weiterer blauer Fleck sein. Er drehte um, lief noch einen Angriff mit, dann passierte es. "Beim Zurücklaufen machte es knackknack." Das Knie verweigerte den Dienst, der 50-malige Nationalspieler musste gestützt werden, um das Feld verlassen zu können. Weil in Oslo nur noch die Notaufnahme der Krankenhäuser besetzt war, Lauge aber nicht als solcher eingestuft wurde, hatte er erst nach zwei langen Nächten Gewissheit. Allerdings - gänzlich unvorbereitet war er nicht. Der Physiotherapeut der Dänen ertastete, was die Röntgenbilder bestätigten. Der Meniskus hatte keinen Schaden genommen, der Knorpel auch nicht - Lauge sollte Glück im Unglück haben. "Ich bin schon aus Oslo mit der Hoffnung abgereist, es vielleicht doch zur EM schaffen zu können."

Vier Wochen lang musste er seine Beine schonen, eine Schiene tragen, eine Zeit, in der er den Oberkörper schulte. Zwar hatte er jede Einheit in der Saisonvorbereitung, die Lauge als "höllische Wochen" erinnert, mitgemacht. Doch jetzt bot sich ihm die Gelegenheit, in Ruhe noch höhere Pulsbereiche zu erreichen.

In Kiel hatte er einen guten Einstand gefeiert, auch weil er sofort Verantwortung übernehmen musste. "Ich war mit mir zufrieden", sagt Lauge, der auch von seinem Trainer gelobt wird. "Er hat schnell in unser System gefunden", sagt Alfred Gislason über den deckungsstarken Neuzugang, der im Rückraum überall einsetzbar ist. "Es ist aber noch nicht absehbar, wo seine Obergrenze ist." Er sehe in ihm viel Potenzial, die Frage sei nur, ob er das ausschöpfen könne. Die Nummer "19" der Zebraherde ist überzeugt davon, schnell wieder Anschluss zu finden. Davon, nun noch besser auf die Belastungen vorbereitet zu sein, die das Leben bei einem deutschen Spitzenverein mit sich bringt.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 10.12.2013)


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