Aus dem offiziellen THW-Magazin "ZEBRA", von Sascha Klahn:
Trainer
Alfred Gislason zieht in "Zebra"
eine vorläufige Bilanz der Hinrunde und erklärt, wie weit der
Verjüngungsprozess der "Zebraherde" fortgeschritten ist und warum
die THW-Fans dabei eine wichtige Rolle spielen.
- "ZEBRA":
-
Alfred, das letzte Spiel des Jahres
wird oft als Anlass genommen, Bilanz zu ziehen. Wie fällt Deine aus?
- Alfred Gislason:
-
Eine "Halbzeitbilanz" ist in diesem Jahr besonders schwierig.
Natürlich haben wir gehofft, dass wir am Jahresende gut dastehen.
Unbedingt erwarten konnte man das angesichts unseres großen
Umbruchs im Sommer allerdings nicht.
- "ZEBRA":
-
Wie wichtig sind die Fans bei diesem Umbruch?
- Alfred Gislason:
-
Sehr wichtig. Ich habe das Gefühl, dass unsere Fans verstanden haben,
warum wir die Mannschaft neu zusammenstellen wollten. Dass sie
verstanden haben, wie nötig dieser Umbruch war. Und dieses Verständnis
spiegelt sich auf den Rängen wider. Seitdem ich hier in Kiel arbeite,
haben uns unsere Fans noch nie so gut unterstützt wie in diesem Jahr.
Das ist wichtig für meine Mannschaft, sie saugt die Stimmung und die
Emotionen auf.
- "ZEBRA":
-
Wie erfolgreich war die Verjüngung bisher?
- Alfred Gislason:
-
Insgesamt ist es bisher ganz gut gelaufen, aber wir hatten und haben
auch mit Problemen zu kämpfen. Die Neuen brauchen noch Zeit, sich bei
uns zurecht zu finden. So haben die langwierigen Verletzungen von
Aron Palmarsson und Rasmus Lauge
leider dazu geführt, dass im Rückraum immer dieselben Spieler auf der
Platte standen. Das ging in den letzten Spielen schon an die Substanz,
weil mir die Wechselmöglichkeiten fehlen.
- "ZEBRA":
-
Mit wie viel Sorge blickt man dann auf die Europameisterschaft?
- Alfred Gislason:
-
Nicht mit mehr als auf jedes unserer Spiele. Ich hoffe, dass meine Jungs
von Verletzungen verschont bleiben. Denn wenn sich bei uns ein oder zwei
Leistungsträger verletzen, kann es sehr schnell gehen. Aber: Das alles
kann ich nicht beeinflussen, deshalb mache ich mich im Vorfeld auch nicht
verrückt.
- "ZEBRA":
-
Der Titelkampf ist in diesem Jahr so spannend wie lange nicht mehr.
Wer sind die größten Konkurrenten?
- Alfred Gislason:
-
Es sind noch einige Mannschaften im Rennen, vielleicht entscheidet sich
der Meisterschaftskampf am Ende auch ein wenig über den Spielplan. Denn
während Flensburg zum Beispiel die meisten Topspiele zu Hause bestreiten
durfte, mussten wir und die Rhein-Neckar Löwen in der Hinserie meist
auswärts bei Mitkonkurrenten ran. Aber: Von der Punktesituation her ist
Flensburg ein großer Konkurrenz, und Hamburg natürlich auch. Keine
andere Mannschaft in der Liga hat einen derart breit aufgestellten
Kader. Die Hamburger sind dadurch in der Lage, Verletzungen oder
Formschwankungen bei einzelnen Spielern ohne oder nur mit einem
geringen Qualitätsverlust auszugleichen.
- "ZEBRA":
-
Gab es in der DKB Handball-Bundesliga Überraschungen wie im vergangenen
Jahr mit dem Durchstarten der TSV Hannover-Burgdorf?
- Alfred Gislason:
-
Eigentlich nicht. Lemgo hat mit einer stark verjüngten Mannschaft
bisher gut gespielt, und auch der Bergische HC macht seine Sache in
der ersten Liga richtig gut. Aber überrascht hat mich diese
Entwicklung nicht.
Es ist schade, dass wir in Hamburg nicht dabei sein werden. Aber wir
können - anders als in den Vorjahren - momentan nicht jeden unserer
Spieler gleichwertig ersetzen. Dann passiert es eben, dass man drei
Tage nach einem Spitzenspiel in Berlin etwas
müde ist und auf eine ausgeruhte Mannschaft wie die Rhein-Neckar Löwen
trifft. Da haben wir einfach auch Pech gehabt. Aber so ein Rückschlag
ist beinahe logisch, wenn man sich wie wir inmitten eines Umbruchs
befindet. Auch das Spiel in Magdeburg war solch
ein Rückschlag, und ich befürchte, dass wir davon noch einige
verkraften müssen. Uns fehlt einfach die Konstanz der Vorjahre.
- "ZEBRA":
-
Trotzdem ist der THW in der "VELUX EHF Champions League" auf Kurs.
- Alfred Gislason:
-
Ja. Wir haben die Möglichkeit, aus eigener Kraft Gruppenerster zu werden.
Noch haben wir aber drei schwere Spiele direkt nach der EM vor der Brust.
Man hat bei Kielce gesehen, wie schnell man wieder auf dem Boden der
Tatsachen sein kann. Niemand hatte wohl erwartet, dass Kielce drei
Spiele nacheinander verlieren würde. Also heißt es für uns auch hier:
Wir schauen von Spiel zu Spiel und werden sehen, was am Ende dabei
herauskommt.
- "ZEBRA":
-
Was war das beste THW-Spiel der Saison?
- Alfred Gislason:
-
(augenzwinkernd) Ich hoffe, dass kommt noch! Im Ernst: Bei den
Auswärtssiegen in Hamburg und Berlin
haben wir sehr überzeugend gespielt. Aber natürlich arbeiten wir daran,
noch besser zu werden und diese Leistungen noch einmal zu übertreffen.
- "ZEBRA":
-
Was erwartest Du nach der EM-Pause von Deiner Mannschaft?
- Alfred Gislason:
-
Es ist extrem wichtig, dass die Neuen noch besser reinkommen, unser
System noch mehr verinnerlichen. Dann werden wir variabler und sind
noch schwieriger auszurechnen.
(von Christian Robohm, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von Sascha Klahn)