07.05.2014 | Mannschaft |
Marko Vujin. |
Auch mit Alfred Gislason, seinem Vereinstrainer, ist der Linkshänder sehr zufrieden. "Wenn er sagt, dass ich nach Hamburg und zurück laufen soll, mache ich das", sagt Vujin, der dem Isländer blind vertraut. "Er ist der beste Trainer der Welt." Warum? Weil er unter anderem seine Taktiken nach den jeweiligen Stärken ausrichte. "Wer aus zehn Metern werfen kann, den zwingt er nicht, sich in Eins-Gegen-Eins-Situationen durchzusetzen." Vujin ist einer, der sehr hart und genau aus großen Entfernungen trifft. Weil seine Qualitäten eher nicht in der Abwehrarbeit liegen, verteidigt Christian Zeitz für ihn. Ein Paar, das auch abseits des Feldes harmoniert. Sie teilen sich auf Reisen ein Zimmer, Vujin, der den Wechsel von Zeitz nach Veszprem bedauert, nennt ihn "Bruder".
Bereits zur Saison 2009/2010 wollte Vujin in die Bundesliga wechseln. Gislason trainierte damals den VfL Gummersbach, einen Verein, bei dem mit Daniel Narcisse, Momir Ilic und "Goggi" Sigurdsson Stars unter Vertrag standen, die sich später alle bei den Zebras einfanden. Vujin wollte zu Gislason, doch es kam anders. Den Oberbergischen ging das Geld aus, die Kieler trennten sich von Noka Serdarusic - als wieder Ruhe einkehrte, konnte der VfL sich keine Weltklasse mehr leisten und Gislason war Serdarusic-Nachfolger geworden. Der Rekordmeister hatte in Kim Andersson und Zeitz überragende Linkshänder, es gab keinen Platz für Vujin, der auch kein Gummersbacher mehr werden wollte. Hajnal Csaba, der mächtige Boss von MKB Veszprem, sprang ein und löste mit einer Abfindung an den klammen VfL den Vertrag wieder auf. Und Vujin? Der verlängerte um drei Jahre am Plattensee.
Während er im "Vapiano", seinem Lieblingsrestaurant in Kiel, Pasta isst und Espresso macchiato trinkt, muss er an eines seiner ungewöhnlichsten Gespräche denken. Ungewöhnlich deshalb, weil Vujin gerne spricht. Und das in mehreren Sprachen. Sein Ungarisch ist fließend, sein Deutsch hervorragend. "Ich bin hier Ausländer, deshalb darf ich Fehler machen", sagt Vujin, den es nicht stört, wenn sich die Kollegen über Sätze der Marke Eigenbau amüsieren. In jenem Gespräch, zu dem ihn Csaba in sein Büro bat, sagte er eine Stunde lang kein Wort. Csaba auch nicht. Keiner der beiden, die befreundet sind und nahezu täglich telefonieren, wusste, wie sie damit umgehen sollten, dass Vujin wieder bei einem Bundesligisten unterschrieben hatte - diesmal in Kiel. Schließlich, so erinnert sich Vujin, hätte Csaba ihm gratuliert.
"Ich habe schon als Kind davon geträumt, einmal in Kiel zu spielen", sagt der 29-Jährige, der bis Juni 2016 unter Vertrag steht. Er vermisse nur die Sonne und Thierry Omeyer. Der Torhüter war der ideale Gesprächspartner für ihn. "Wenn wir redeten, ging es nur um Sport." Stundenlang diskutierten sie sich durch alle Ligen und Disziplinen, Vujin ist die Festplatte des THW. Wer ist Zehnter der spanischen Liga Asobal? Wer Dritter der Balkan-Liga SEHA? Er weiß es. Sein Leben drehe sich nur um Handball, deshalb fühle er sich in Kiel so wohl.
Er glaubt, dass die Disziplin, mit der hier gearbeitet werde, der Schlüssel zum Erfolg sei. Auch, dass jeder eine Aufgabe habe. Beispielsweise seine, die daran besteht, einen Fußball einzupacken, damit im Training gekickt werden kann. "Das hat mich sehr beeindruckt, dass auch so große Spieler wie Omeyer solche Dinge für die Mannschaft machen." Die Regeln, die sich die Zebras auferlegt haben, hält er für extrem wichtig. In Veszprem, so erzählt der 107-malige Nationalspieler, dürfe der Ex-Kieler Ilic in Klamotten des THW-Sponsors Provinzial trainieren. "Wer bei uns die falschen Sachen anhat, der zahlt." Er kenne keinen Verein, in dem Disziplin so gelebt werde. So sei es für ihn selbstverständlich, dass er mit seinem kroatischen Kumpel Domagoj Duvnjak, der im Juli vom HSV Hamburg zum THW wechselt, Deutsch spricht.
Auch privat fühlt er sich wohl. Seine Verlobte Tijana, die wie er aus dem 50000-Einwohner-Städtchen Backa Palanka stammt, zögerte nicht, als er ihr kürzlich in Berlin einen Antrag machte. Der beste Torschütze der Liga (231/57) steht, so scheint es, derzeit auf der Sonnenseite des Lebens.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 07.05.2014)
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