Interview mit Christian Scheffler:
Hallenheft-Redakteur Sascha Klahn traf
Christian
Scheffler vor dem
Spiel gegen Flensburg zu einem
Gespräch:
- Zebra:
- Christian,
Du hast Dich im Winter verletzt, Du hattest einen
Bänderriß. Hast Du heute noch Probleme oder hast Du den Anschluß im Training
wieder hergestellt?
- Scheffler:
-
Ich habe den Anschluß soweit wieder hergestellt. Da gibt es keine Probleme mehr.
- Zebra:
- Wie ist die Saison denn
bisher aus Deiner persönlichen Sicht verlaufen?
- Scheffler:
-
Wir haben mit
Nikolaj einen neuen Mann verpflichtet,
der zur Zeit wirklich Weltklasse
spielt - das muß man ganz ehrlich sagen. Aber ich denke, daß man persönlich
so stark, so gefestigt in seiner Motivation sein sollte, daß man ohne
weiteres auch spielen könnte.
- Zebra:
- Bislang hast Du erst elf Mal gespielt
und dabei sieben Treffer erzielt. Das ist eine recht neue Situation für
Dich. Wie gehst Du damit um?
- Scheffler:
-
In erster Linie sind wir eine
Mannschaft, das muß man ganz klipp und klar an oberste Priorität setzen.
Alles, was weiter ist, wer nun spielt, ist erst einmal relativ egal.
Hauptsache wir haben unseren sportlichen und persönlichen Erfolg dabei. Klar
ist man auch mehr von Freude erfüllt, wenn man persönlich etwas dazu
beitragen kann und nicht immer nur auf oder hinter der Bank sitzt. Da man in
der gesamten Zeit vor Nikolaj Jacobsen
auch 60 Minuten meistens
durchgespielt hat, dann ist das natürlich jetzt für mich eine neue
Situation. Aber ganz so neu ist eigentlich auch nicht, da ich hinter
Uwe Schwenker
auch eine ganze Zeit entweder auf der Bank oder eben auf der
Tribüne gesessen habe.
- Zebra:
- Bekommst Du Rückhalt aus der Mannschaft, aus
dem Umfeld?
- Scheffler:
-
Aus der Mannschaft bekommt man immer Rückhalt, egal
ob man der dreizehnte oder der vierzehnte oder vielleicht auch der
allererste Mann ist. In dieser Mannschaft macht es eben unheimlich viel
Spaß, zu spielen, gerade weil wir eben eine ganz große Zusammengehörigkeit
haben. Da ist keiner, der irgendwo aus der Rolle fällt. Privat habe ich in
meiner Familie immer den großen Rückhalt.
- Zebra:
- Nikolaj Jacobsen
hast Du
schon angesprochen. Wie ist Dein Verhältnis zu ihm? Seit ihr Konkurrenten,
Mannschaftskameraden oder Freunde?
- Scheffler:
-
Ich würde das Verhältnis
zwischen allen Spielern eigentlich sehr freundschaftlich ausdrücken. Wir
sind in diesem Sinne zwar Konkurrenten, aber in erster Linie denke ich,
überwiegt die Freundschaft dann meistens.
- Zebra:
- Du stehst diese Saison
etwas im Schatten von Nikolaj Jacobsen,
aber ist Deine Aufgabe nicht auch
sehr schwer? Wenn Du dann nach 45 Minuten schon wieder abgekühlt von der
Bank ins Spiel kommst und gleich erfolgreich Tempogegenstösse laufen sollst,
ist das nicht ein wenig kompliziert?
- Scheffler:
-
Im Schatten steht bei uns,
glaube ich, gar keiner. Jeder spielt für sich selbst und wir dürfen zusammen
alle ein Teil einer Mannschaft sein und bilden insofern immer das Ganze.
Ohne die Mannschaft würde Nikolaj Jacobsen
genauso wie auch Magnus Wislander
nichts sein. Dementsprechend teile ich diese Meinung nicht ganz. Aber wenn
man nach 45 Minuten reinkommt - für Henning
ist es genau das gleiche Problem
- dann muß man aus den Einsätzen, die man hat, die der Trainer von einem
verlangt, das Beste draus machen. Bei dem einen klappt das mehr, bei dem
anderen klappt das nach fünf bis zehn Minuten, bei einem anderen klappt es
vielleicht auch gar nicht.
- Zebra:
- Hat sich Dein Spiel im Gegensatz zu
früher verändert?
- Scheffler:
-
Wir haben uns ja alle irgendwo
weiterentwickelt, der eine mehr, der andere weniger. Ich denke, diese
Stärken sind nach wie vor die gleichen: ich bin schnell vorne, stehe hinten
in der Abwehr gut und kann vorne eben auch vernünftig Situationen erkennen,
wo einem früher vielleicht ein bißchen die Erfahrung fehlte. Ich bin jetzt
auch schon acht Jahre lang hier. Insofern sollte man doch schon in gewisser
Weise gereift sein.
- Zebra:
- Belastet es Dich, daß Du zur Zeit etwas weniger
spielst?
- Scheffler:
-
Ich denke immer wieder, daß die Mannschaft vorgeht, und
wenn da wirklich einer wie ich die Nummer dreizehn ist, dann ist das nunmal
so. Damit muß man sich auch irgendwo abfinden. Klar, daß man damit nicht
leben kann, das ist immer das Gleiche. Nur, wenn wir nachher Deutscher
Meister geworden sind, dann ist das der größte sportliche Erfolg, den man
sich wünschen kann. Und was soll ich als Nummer dreizehn jetzt noch Unruhe
in die Mannschaft bringen? Dann würde man das ganze Schiff nur unnötig aus
dem Kurs bringen.
- Zebra:
-
Und wenn denn tatsächlich jemand ausfallen sollte,
dann mußt Du da sein...
- Scheffler:
-
Dann muß man da sein, das ist klar. Klar
würde man sich wünschen, wenn das Spiel schon gelaufen ist, daß der Trainer
einen dann öfter wechselt. Aber wenn er das nicht macht, dann muß man das
akzeptieren - und weiter geht das Leben.
- Zebra:
- In Hamburg war das so der
Fall: dort durftest Du dann wieder spielen. Ein schönes Erlebnis, oder?
- Scheffler:
-
Natürlich war das ein schönes Erlebnis. Ich hätte lieber im
Finale gespielt als alles andere. Im Halbfinale war das ja noch so, daß die
Situation noch ein bißchen anders war. Insofern hat man sich den Bonbon
irgendwo auch wieder ausgesucht, das man dann im Finale noch die letzten
fünf Minuten spielen durfte. Das war doch in Ordnung.
- Zebra:
- Was sind den
nun Deine persönlichen Zielsetzungen für Deine weitere Handballkarriere?
- Scheffler:
-
Weiterhin den gewünschten sportlichen Erfolg. Und wenn wir es
tatsächlich schaffen sollten, Deutscher Meister zu werden, wovon ich
eigentlich auch ausgehe, dann hoffe ich wirklich fürs nächste Jahr, daß wir
einmal weiter kommen als immer nur bis zum Halbfinale in der Champions
League. Man hat doch gesehen, daß das Ausscheiden gegen Pamplona einigen
Leute sehr, sehr nahe gegangen ist - mir übrigens auch. Aber man kann, wie
gesagt, nichts daran ändern. Man muß da den Kopf wieder hochnehmen und sich
neue Ziele suchen. Und wenn wir wieder Deutscher Meister werden, dann hoffe
ich natürlich, daß wir das im nächsten Jahr anders machen werden.
- Zebra:
-
Seit Ihr Euch dem großen Erfolg der letzten Jahre bewußt?
- Scheffler:
- Ich
glaube schon, daß das der Mannschaft bewußt ist. Schließlich haben wir einen
guten Trainer, eine Topmannschaft, wir sind eingespielt, wir haben keine
fünf, sechs, sieben neue Spieler, wie andere Mannschaften, die sich immer
wie im Supermarkt bedienen . Ich denke, daß wir auch damit gerechnet haben,
daß wir so oft Deutscher Meister werden. Schließlich haben wir eine gute
Mannschaft und sind auf allen Positionen gut besetzt. Einziger
Wermutstropfen aus meiner persönlichen Sicht ist vielleicht der Weggang von
Thomas Knorr gewesen.
Den hätte ich auch gern noch hier behalten, damit wir
noch ein bißchen flexibler von der Bank aus gewesen wären. Aber auch das
konnten wir vernünftig kompensieren.
- Zebra:
- Es hieß schon in diesem Jahr,
die Mannschaft sei zu alt. Jetzt spielt ihr wieder top. Was ist den nun in
Zukunft mit dieser Mannschaft noch möglich?
- Scheffler:
-
Zunächst einmal ist
das natürlich richtig. Daß Magnus Wislander
und Staffan Olsson nicht jünger
werden, ist klar. Nur solange sie die Fitness und die körperlichen
Voraussetzungen mitbringen, guten Bundesliga-Handball zu spielen, denke ich
nicht, daß es darauf ankommt, nur junge Spieler zu haben. Eine gesunde
Mischung ist wichtig - und die haben wir. Insofern habe ich da auch keine
Angst vorm nächsten Jahr. Wir haben uns gut verstärkt bzw. auch ergänzt.
Daher denke ich für die neue Saison genauso positiv wie für die laufende.
- Zebra:
-
Was erwartest Du für das Spiel gegen Minden und was für den Rest der
Saison?
- Scheffler:
-
Ich sage immer wieder, wenn wir am 21. gegen Flensburg
gewinnen, dann ist das Heimspiel gegen Minden das Schlüsselspiel. Das muß
man ganz klipp und klar so sehen. Die Mindener sind so unberechenbar, sie
haben eigentlich keine Chance mehr in den europäischen Wettbewerb
hineinzukommen, aber sie sind nicht zu unterschätzen. Sie haben einen
bombigen Rückraum, einen Super-Torhüter, wenn wir da nicht mit 110 Prozent
bei der Sache sind und schon vorher anfangen zu feiern, dann werden wir
dafür noch eine ordentlich große Quittung bekommen.
- Zebra:
- Minden hat diese
Saison nicht überzeugt und muß nun noch etwas gutmachen. Eine Gefahr, daß
sich die Mindener noch einmal sagen: Bevor der THW Deutscher Meister wird,
zeigen wir allen noch einmal, daß wir auch auswärts Handball spielen können?
- Scheffler:
-
Genauso sehe ich das auch. Die haben viele Querelen im Verein, im
Umfeld gehabt, Trainerentlassung, neue Spieler, die alle vielleicht immer
nur ein bißchen für sich selbst spielen Ð nach außen hin ist ein bißchen so
ein Kehren, als ob man tatsächlich eine homogene Mannschaft hätte. Aber ich
sehe das nicht so, da sehe ich immer nur zwei, drei Leute, die da den
Alleinunterhalter spielen. Gut, mir kann es recht sein. Wenn wir am Ende
gewinnen, ist mir das eigentlich relativ egal, was da los ist. Aber ich
denke mal, daß es gegen Minden wirklich so ein kleines Schlüsselspiel ist.
(27.04.99)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".
Mehr Infos über Christian Scheffler unter
Spielerporträt Christian Scheffler.