Interviews mit Magnus Wislander:
- Zebra:
- Magnus, Du hast jetzt Deinen Vetrag beim
THW Kiel um noch ein weiteres Jahr verlängert. Wann fiel für Dich die
Entscheidung?
- Magnus Wislander:
-
Die Entscheidung fiel noch am gleichen Tag, an dem ich mit
Uwe gesprochen
habe. Ich wußte, was ich wollte!
- Zebra:
- Und was wolltest Du? Warum hast Du
Dich dafür entschieden, erneut ein Jahr in Kiel ranzuhängen?
- Magnus Wislander:
- Ich
wollte unbedingt noch ein Jahr spielen, weil die Olympiade nächstes Jahr
sehr spät stattfinden wird, die neue Saison dann schon in vollem Gange sein
wird. Das bedeutet, dass man, wenn man die Vorbereitung mitmacht, dann
sowieso noch eine Saison spielen wird. Und für mich ist es am besten hier zu
bleiben. Es ist alles einfacher. Ich habe keine Hektik mit dem Job und kann
mich völlig auf die Olympiade konzentrieren. Und mit der Familie ist auch
schon alles geklärt. Es ist nicht alles neu.
- Zebra:
- Die Olympiade, die
olympische Goldmedaille ist Deine letzte große Herausforderung, danach
spielst du die Saison zu Ende. Welche Ziele wirst Du dann noch haben?
- Magnus Wislander:
-
Selbstverständlich ist die Olympiade ein Ziel. Dann ist das Ziel,
jedes Spiel zu gewinnen, wie immer, und so lange ich fit bin, werde ich auch
weiterspielen und dann muß man einfach mal gucken, was kommt. Es kann morgen
schon etwas passieren oder bei der Olympiade, wer weiß das schon..
- Zebra:
-
Wie fit fühlst Du Dich momentan?
- Magnus Wislander:
-
Ich muß sagen, ich fühle mich
sehr fit momentan, habe überhaupt keine Probleme, körperlich fühle ich mich
sehr gut.
- Zebra:
-
Ist es jetzt angenehmer geworden, dadurch dass Du auch
durch Stefan Lövgren ein bißchen entlastet wirst?
- Magnus Wislander:
- Ja,
selbstverständlich ist das nicht so anstrengend wie zuvor in den Spielen, in
denen ich 60 Minuten vorne und hinten voll durchpowern musste. Wir können
nun ab und zu ein bißchen mehr auf der Bank sitzen, z. B. wenn ein Spiel
klar entschieden ist. Das ist nicht so anstrengend, wie ein Spiel im
Rückraum zu führen. Man kann sich dann nachher wieder besser konzentrieren,
es wird alles ein wenig ruhiger.
- Zebra:
- Und mit dieser Situation kannst Du
gut leben?
- Magnus Wislander:
-
Ja, sehr gut!
- Zebra:
- Wie sehr hast Du Dich zum
Beispiel mit Staffan abgesprochen, er hat
seinen Vertrag nun auch verlängert.
Welche Rolle spielt es, dass ihr drei Schweden zusammenspielen könnt und was
hat sich dadurch in dieser Saison verändert?
- Magnus Wislander:
-
Zur ersten Frage:
Nein, wir sprechen uns überhaupt nicht ab, soetwas ist nur von uns selbst
abhängig. Klar, haben wir darüber mal gesprochen: wie willst Du das machen,
wie mache ich das, willst Du noch weiterspielen. Selbstverständlich redet
man miteinander, aber letztendlich kommt die Entscheidung nur von mir, und
ich schätze, dass es Staffan
auch so geht. Wir haben nie so darüber
gesprochen: Wenn Du das machst, dann mache ich das. Das haben wir nie
gemacht und das werden wir auch nie tun!
- Zebra:
- Vielleicht redet man auch
nur von außen so viel: Die drei Schweden! Ist das in dieser Saison wieder
etwas
ganz Besonderes geworden oder ist es eigentlich egal, aus welcher Nation
Stefan gekommen wäre?
- Magnus Wislander:
-
Das ist eigentlich egal, denn ich weiß
nicht, ob ich mich auf dem Handballfeld besonders als Schwede fühle, denn
ich habe jetzt so lange hier gespielt und mit so vielen Leuten - außer in
den letzten Jahren immer nur mit Deutschen. Selbstverständlich ist es
vielleicht für mich etwas besonderes mit Stefan
zu spielen. Er hat in
Göteborg bei Redbergslid meine alte Rolle übernommen und dann in der
Nationalmannschaft. Er ist immer derjenige, der hinter mir den Platz
eingenommen hat. Und jetzt ist das auch in Kiel so, aber es ist zum ersten
mal, dass wir zur gleichen Zeit im selben Verein zusammengespielen. Das
hätte man nie gedacht. In Göteburg haben sie sich die Hoffnung gemacht. Vor
drei Jahren hieß es auch, dass wir zusammenspielen sollten, leider hatte es
nicht geklappt. Aber jetzt hat es hier geklappt und darüber freue ich mich.
- Zebra:
- Und Euer großer Traum - Olympia -
hilft da das Zusammenspiel?
- Magnus Wislander:
-
Naja, ob das hilft oder nicht, das weiß man nicht. Aber
selbstverständlich dürfen wir jetzt auch zusammen im Verein spielen und
früher haben wir nur in der Nationalmannschaft gespielt. Wir haben nie
Probleme miteinander gehabt, weil alle drei Handball gut verstehen. Man muß
nicht alles absprechen, wenn etwas kommt. Der Ball und das Spiel, alles
läuft sehr gut. Vielleicht kann man es noch steigern, wenn man im Verein
zusammenspielt.
- Zebra:
- Hier in Kiel ist es kein Problem, aber
selbstverständlich seid ihr Ausländer, welche Position vertrittst Du in der
Diskussion um die Ausländerproblematik in der Bundesliga?
- Magnus Wislander:
- Man
kann das nicht so von einer Seite sehen, vielmehr von zwei. Sicherlich ist
es für den deutschen Handball und den Nachwuchs nicht gut, wenn so viele
Ausländer mitspielen. Gleichzeitig ist es jetzt aber auch so, dass Handball
nicht nur ein Sport ist, sondern mittlerweile auch ein Geschäft. Die Frage
stellt sich, wie die Vereine überleben wollen, wenn sie nur mit deutschen
Talenten spielen. Die Sponsoren, die der Verein zum Überleben braucht,
wollen den Erfolg sehen. Kann man diesen ohne Ausländer haben? Und dann ist
das wohl auch so, dass man in der Jugend schauen muss, was diese will und
dass die Jugendlichen mehr trainieren müssen. Dort muss man schon anfangen
zu gucken und nicht erst in der Bundesliga.
- Zebra:
- Kannst Du die Diskussion
denn überhaupt nachvollziehen?
- Magnus Wislander:
-
Ja, das kann ich voll verstehen.
Selbstverständlich wollen die Deutschen sehen, dass sie in der ersten Liga
Spielpraxis bekommen und dass sie auch in der Härte Spiele mitmachen. Und
man kann eigentlich nur lernen, wenn das Spiel in der 59. Minute 21: 21
steht, wenn es am Schluss richtig eng ist. Das einfache Spiel fängt immer
mit der Stammmannschaft an und erst, wenn man in der 2. Halbzeit mit 10
Toren führt, bekommen die jüngeren Spieler ihre Chance - und dann lernen sie
natürlich nicht so viel. Im Training können sie natürlich viel lernen, aber
ich glaube, daß man bei den 16-17-jährigen schauen muss, dass sie vernünftig
trainieren, dass sie statt 1-2 mal in der Woche 7-8mal trainieren. Dann kann
man erst was erreichen. Ich glaube nicht, dass die deutsche Jugend schon so
weit ist.
- Zebra:
-
Ihr seid für die eigene Jugend im Verein ein neues Modell
angegangen. Wie oft trainierst Du denn mit Deiner Patenmannschaft?
- Magnus Wislander:
-
Wir haben gesagt, dass wir ein paar mal in der Saison erscheinen
sollen. Wir haben nicht gesagt, dass wir nur für eine Mannschaft die
Patenschaft übernehmen sollen, sondern für die ganze Jugendabteilung. Zur
Zeit trainiere ich mit Staffan zusammen die
A-Jugend. Wir sollen mit ihnen
Abwehr trainieren und zeigen ihnen momentan die schwedische 6:0 Deckung.
Das nächste mal sind dann Steinar und
Axel dran mit dem Torwarttraining.
Wir versuchen halt immer mal wieder vorbei zuschauen und mit der Jugend ein
wenig zu trainieren und ihnen etwas zu zeigen. Und ich glaube, das ist ein
wichtiger Teil in der Jugendarbeit.
- Zebra:
- Glaubst Du denn, dass die Liga
auf Dauer attraktiv genug bleiben wird, wenn jetzt schon wieder negative
Schlagzeilen von Finanzproblemen die Runde machen?
- Magnus Wislander:
-
Ich glaube,
die Liga bleibt immer attraktiv. Man hat zu viele gute Vereine. Und wenn
diese mit den besten Leuten auf der ganzen Welt zusammenspielen dürfen, dann
ist die Liga attraktiv. Das Problem, welches ab und zu vorhanden ist, ist,
dass die Ergänzung zwischen Publikum und Spielern vielleicht nicht immer
stimmt. Wenn jedes Jahr 5-6 neue Spieler geholt werden und davon sind sechs
Ausländer, die nach zwei Jahren schon wieder woanders hingehen, dann hat man
Probleme, besonders wenn man keinen Erfolg hat. Dann ist es einfach zu
sagen: ein schlechter Verein und die Ausländer haben Schuld, denn die kommen
nur her und wollen das schnelle Geld verdienen. Aber solange man
durchsichtig arbeitet und das über eine längere Periode, dann glaube ich,
ist es egal ob Du Deutscher bist oder nicht. Das Publikum kennt Dich als
Spieler und welche Nummer Du auf Deinem Trikot trägst. Und so lange Du im
richtigen Trikot spielst, gehen sie auch in die Halle und stehen hinter
Deiner Mannschaft.
- Zebra:
- In Kiel steht das Publikum hinter seiner
Mannschaft. Glaubst Du, dass der Handball in Kiel so attraktiv ist, dass die
neue Ostseehalle mit 10.000 Plätzen auch gegen schwächere Gegner ausverkauft
sein wird?
- Magnus Wislander:
-
Jetzt hat man diese Attraktion: es gibt nur wenige
Karten und die Sucht nach diesen wenigen Karten ist sehr groß. Karten sind
schwierig zu bekommen. Wenn es mehr Karten auf dem Markt gibt und es
einfacher ist, welche zu bekommen, dann kann es vielleicht schwieriger
werden, weil die Sucht danach abnehmen wird. Es kommt aber immer ganz darauf
an, wie viele Dauerkarten man verkauft. Ich glaube, wenn es mehr freie
Karten gibt, dann kann es gegen schwächere Mannschaften Probleme geben. Das
Besondere, eine Karte erhalten zu haben, muss immer bestehen bleiben.
- Zebra:
-
Max, noch ein paar Worte zur Champions League.
Die diesjährigen
Auftritte des THW Kiel kann man bislang getrost als vollauf gelungen
bezeichnen. Das Spiel gegen Leon war sicherlich der
Höhepunkt. Nach diesem
Spiel hieß es, ihr hättet beinahe am Limit gespielt. War dies wirklich so?
- Magnus Wislander:
-
Wenn man das Ergebnis betracht und man bedenkt, dass wir gegen
eine der drei oder vielleicht fünf besten Mannschaften der Welt mit 15 Toren
gewonnen haben, obwohl Leon wirklich nicht schlecht anfing, dann muss man
wohl sagen, dass wir fast am Limit gespielt haben. Wir haben 39 Tore
geschossen und nur 24 Gegentreffer kassiert, und das, obwohl es mehr
Angriffe als in einem gewöhnlichen Spiel gab. Viel besser, glaube ich, kann
man nicht Handball spielen.
- Zebra:
- Das Spiel der Spanier war im Vergleich
zur Bundesliga ungewöhnlich schnell. Bereitete das sehr hohe Tempo Eurer
Mannschaft anfangs Probleme?
- Magnus Wislander:
-
Zu Anfang hatten wir alle ein wenig
Probleme, da ging es richtig schnell. Wir haben vorher schon gewusst, was
gespielt werden würde, aber trotzdem haben wir es fast nicht geschafft,
mitzuhalten. Das ist wohl auch der Unterschied zwischen deutschem und
spanischem Handball. Aber man hat auch gesehen, dass Leon dieses hohe Tempo
nicht über die gesamte Spieldauer halten konnte. Bereits nach zehn Minuten
war die Anfangsoffensive schon ein bisschen vorbei. Ich glaube, dass es
keine Mannschaft es schafft, über sechzig Minuten durchgehend so schnell zu
spielen. Aber selbstverständlich ist es für die Zuschauer sehr schön, ein so
attraktives Handballspiel zu sehen.
- Zebra:
- Das war er also, der erste
Vergleich Spanien gegen den Bundesligisten THW Kiel in dieser Saison. Was
kann denn jetzt noch kommen?
- Magnus Wislander:
-
Das kann man nie so genau
vorhersagen. Vieles hängt immer von der Tagesform ab. Man muss auch einmal
sagen, dass wir gegen Leon einen Supertag erwischt hatten und die Spanier
nicht ihren allerbesten. Im Rückspiel könnte es schon wieder ganz anders
aussehen. Das ist das schöne am Sport. Wir müssen abwarten, was auf uns
zukommt.
- Zebra:
- War es für Euch vielleicht ein kleiner Vorteil, so früh in
der Saison auf die Spanier zu treffen. Noch ist erst gut ein Drittel in der
Bundesliga absolviert und Ihr seid noch gut bei Kräften. Könnte es im
Frühjahr anders aussehen, wenn die Belastungen für Euch bereits eindeutig
stärker geworden sind, und ihr möglicherweise im Finale auf den FC Barcelona
treffen würdet?
- Magnus Wislander:
-
Ich sehe das nicht so. Ich spiele lieber von
Anfang an ziemlich konstant auf einem hohen Level, denn wenn man erst einmal
zu seinem Spiel gefunden hat, dann läuft es auch meistens über einen
längeren Zeitraum rund. Wenn es sich die Spanier erlauben können, in der
Liga des öfteren ihre erste Mannschaft zu schonen und mit Ersatzleuten die
Pflichtspiele zu bestreiten, dann fehlt ihnen am Ende vielleicht die
Spielpraxis. Ich spiele lieber öfter und muss dafür dann nicht so hart
trainieren. Wenn man aber angeschlagen ist, dann ist es natürlich nicht so
schön. Dann braucht man ein paar Tage Ruhe. Und wenn die Zeit dafür nicht da
ist, dann schleppt man seine Verletzungen über drei, vier oder fünf Wochen
mit sich herum, statt sie in einer Woche auskurieren zu können. Hier haben
die Spanier und auch Mannschaften wie Celje natürlich Vorteile, indem sie
ihren Leuten eine Pause gönnen können.
- Zebra:
- Danke für das Gespräch, Max.
(03.12.99)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".
Seinen sportlichen Werdegang beschreibt er selbst als "klein, ein
bißchen größer, noch größer, alt." Seit 1990 ist der mittlerweile
34-jährige bei unserem THW Kiel. Mit ihm kam der große Erfolg. Als
Kapitän und Spielmacher ist er als Oberzebra maßgeblich an den
Errungenschaften der letzten Jahre beteiligt. Unter seiner Regie
spielten sich unsere Zebras in den Kreis der europäischen
Spitzenmannschaften. Der "alte Schwede" selbst hat so ziemlich alles
gewonnen, was ein Handballer gewinnen kann. Er ist Welt- und
Europameister, war Welthandballer des Jahres und noch vieles mehr.
Nur
eines hat er noch nicht erklommen, den Gipfel des Vereinshandballs in
Europa: die Champions League. Daß es im dritten Anlauf mit seinem THW
endlich noch einmal klappt, bevor er seine Karriere irgendwann beendet,
darauf hofft er genauso wie mit ihm seine vielen Fans.
Hallenheft-Redakteur Sascha Klahn traf sich zu Beginn der Saison 98/99
kurz vor Beginn der Champions League-Gruppenspiele mit
Magnus Wislander zum Gespräch.
- Zebra:
- Magnus, hat jetzt auch für Dich die
Saison wieder so richtig begonnen. Ihr hattet Eure ersten Auftritte in
der Bundesliga und jetzt auch im DHB-Pokal und in der Champions League.
- Wislander:
- Jetzt sind
wir wieder mitten drin. Es war ein komischer Anfang. Erst die lange
Pause, dann ein Spiel, wieder Pause. Man hatte nicht das Gefühl,
mittendrin zu stehen. Jetzt mit Essen, Großwallstadt und der Champions
League und den kommenden englischen Wochen fängt die Saison wieder so
richtig an. Ich persönlich finde es schöner, nicht immer zwei Wochen
Pause zu haben.
- Zebra:
- Niederlagen gehören ebenso zur Saison
wie die Siege.
- Wislander:
- Eine Saison
ohne Niederlagen ist nicht möglich. Man muß allerdings nicht gegen
Schwartau verlieren. Lemgo hat schließlich ziemlich leicht jetzt gegen
Schwartau gewonnen. Ich möchte nicht sagen, daß wir dadurch die zwei
Punkte aus dem Sieg in Lemgo weggeschmissen haben, aber nun müssen wir
die zwei Punkte woanders wiederholen.
- Zebra:
- Kam die erste Niederlage zu früh oder
gerade rechtzeitig? Was habt Ihr aus dem Spiel gegen Schwartau gelernt,
was nehmt Ihr mit in die weiteren Spiele?
- Wislander:
- Es gibt kein
Spiel mehr, was man ohne hundertprozentige Konzentration und volle Pulle
gewinnen kann. Hoffentlich haben wir das gelernt. Die Frage ist nur,
wielange wir es in den Köpfen behalten. Irgendwann wird es wieder so ein
Spiel geben, das wir ohne volle Konzentration bestreiten. In Schwartau
ging es leider nicht, wie manchmal sonst noch möglich, in der Halbzeit
neu zu starten. Schon im letzten Jahr war es unser Schwachpunkt. Wir
haben dort verloren, wo andere Spitzenmannschaften locker gewonnen
haben.
- Zebra:
- Es zeigt sich immer wieder, daß die
Liga noch enger zusammengerückt ist. Ist es nicht auffällig, das viele
Spiele ganz knapp, oft nur mit einem Tor Differenz ausgehen?
- Wislander:
- Das ist mir
bisher nicht so aufgefallen. Im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, das
Lemgo auswärts immer mit ein oder zwei Toren gewonnen hat. Jetzt ist es
Minden. Aber zum Beispiel Flensburg wirft sehr viele Tore. Die
spielen typisch skandinavischen Handball, mehr von den Dänen. Die
spielen mit Selbstvertrauen, Tempo und Gegenstoß. Aber die werden wohl
auch ihre Probleme bekommen, wenn der Gegner keine Fehler macht.
- Zebra:
- Ihr spielt am 23. Dezember in
Flensburg. Ist das nicht ein sehr unglücklicher Termin. Deine Familie
möchte doch sicher die Weihnachtstage in Schweden verbringen?
- Wislander:
- Es war die
letzten fünf Jahre immer so. Ich habe das akzeptiert. Die Zwischentage
sind viel schlimmer. Im letzten Jahr haben wir mit Camilas Eltern und
ihrer Schwester gefeiert, in diesem Jahr kommen meine Eltern zu uns zu
Besuch. Das ist nun mal so und man muß das Beste daraus machen.
- Zebra:
- Es gehört nun mal zum Beruf eines
Handballers, sich an den Spielplan zu binden. Siehst Du das
Handballspielen denn überhaupt als Beruf an, oder betreibst Du nur ein
gutbezahltes Hobby?
- Wislander:
- Es ist mein
Beruf. Wenn ich aber spiele, dann sehe ich das nicht so. Ich spiele
Handball, weil es mir Spaß macht. Sicher, ich verdiene auch Geld dabei.
Irgendwann, wenn es keinen Spaß mehr macht, dann höre ich auf. Neunzig
Prozent der Leute können das nicht sagen.
- Zebra:
- Was wirst Du dann hinterher machen?
- Wislander:
- Weiß ich
noch nicht. Irgendetwas mit Deutschland auf alle Fälle. Daß ich zurück
nach Schweden gehe, steht fest.
- Zebra:
- Du hast einmal gesagt, Gewinnen sei
lustig. Ist Gewinnen noch immer lustig?
- Wislander:
- Gewinnen ist
noch immer lustig, das ist wohl im Sport so. Es ist einfaches Arbeiten,
wenn man Erfolg hat.
- Zebra:
- Dann muß es zur Zeit beim THW ja sehr
einfaches Arbeiten sein. Dann wirst Du Kiel also nicht verlassen, bevor
Ihr die Champions League gewonnen habt?
- Wislander (lacht):
-
Muß man mal gucken.
- Zebra:
- Wie siehst Du denn die reellen Chancen,
zum krönenden Abschluß die Champions League zu gewinnen?
- Wislander:
- Mit der
Qualität der Mannschaft stehen die Chancen nicht schlecht. Die richtig
wichtigen Spiele kommen aber erst im Februar, März. Man kann dazu heute
schlecht etwas sagen, wenn man nicht weiß, was bis dahin passiert. Wir
könnten zum Beispiel zwei Verletzte haben oder so. Das Halbfinale ist
eigentlich Pflicht, ein bißchen Glück gehört aber immer mit dazu.
- Zebra:
- Bist Du für den Anfang mit der
Auslosung für die Gruppenspiele zufrieden?
- Wislander:
- Schon vor
der Auslosung habe ich meine Wunschgruppe genannt. Am liebsten wollte
ich Braga, GOG Gudme und Göteborg. Jetzt haben wir mit GOG, Stavanger
und Wolgograd auch eine gute Gruppe. GOG und Stavanger sind gute
Mannschaften, die wir eigentlich schlagen müssen. Man weiß, was einen
erwartet. Nach Skandinavien sind es immer angenehme Reisen. Das Essen
ist gut, die Hotels sind gut. Nach Wolgograd müssen wir hinfahren, das
Beste draus machen, vergessen und sehen, daß man irgendwie zurückkommt.
Die Gruppe ist eigentlich super bis auf Wolgograd.
- Zebra:
- Was für Spiele erwarten die Zuschauer?
- Wislander:
- Es wird ganz
anderer Handball gespielt als in der Bundesliga. Viel Tempo, ziemlich
viele Tore und für die Zuschauer gute Spiele.
- Zebra:
- Wird es auch härter werden?
- Wislander:
- Skandinavien
und Mitteleuropa spielen so ziemlich auf einem Niveau. Es wird hart,
aber es sind alles faire Handballer.
- Zebra:
- Was wißt Ihr schon über Eure Gegner?
- Wislander:
- Ganz
ehrlich, die Norweger kennen wir überhaupt nicht. Wir wissen zwar, wer
dort spielt, wir haben sie aber lange nicht mehr gesehen. Die Dänen
kennen wir dagegen schon etwas besser. Nikolaj hat dort vor zwei Jahren
noch gespielt, er kennt die. Außerdem kann man Gudme ab und zu mal im
dänischen Fernsehen anschauen.
- Zebra:
- Alles wirklich gute Mannschaften. Wie
wichtig wird es da, eine volle Ostseehalle mit den vielen eigenen Fans
im Rücken zu haben? Nimmst Du das Drumherum während des Spiels
eigentlich wahr, oder bist Du zu konzentriert auf das Spielgeschehen?
- Wislander:
- Wenn die
Halle leer ist, merkt man das während des Spiels. Wenn es allerdings
läuft, merkt man die volle Ostseehalle erst zum Schluß, da man während
des Spiels sehr konzentriert ist. Ein großer Vorteil ist es natürlich,
wenn es laut ist. Das übt Druck auf den Gegner aus. Wenn man vor einem
Spiel in der Ostseehalle einmal nicht ganz konzentriert ist, dann das
Licht ausgeht und man einläuft, dann weiß man spätestens, was man zu
tun hat.
- Zebra:
- Fühlt man schon jetzt ein wenig
Anspannung oder Vorfreude, wenn man an die Champions League denkt?
- Wislander:
- Man merkt es
jetzt noch nicht. Die Liga ist halt auch sehr wichtig. Man kann es auch
nicht erwarten. Für die Leute in Deutschland und für das Publikum in
Kiel ist die Liga über die ganze Saison wichtiger. Zwei, drei Tage vor
der Champions League muß man das alles absagen und sich auf das nächste
Spiel konzentrieren.
- Zebra:
- Was sind Deine persönlichen Ziele im
Europapokal der Landesmeister?
- Wislander:
- Am liebsten
würde ich den Titel gewinnen. Die Gruppenspiele müssen wir vielleicht
bis auf Wolgograd gewinnen. Die richtige Champions League hat für uns
wohl noch gar nicht ganz angefangen. Die Pokalspiele sind viel
schwerer. Die Gruppenspiele sind mehr die "Transportspiele". Da sind
die Pokalspiele doch etwas anderes, wenn man direkt ausscheiden kann.
- Zebra:
- Ihr spielt gegen die besten
Mannschaften Europas. Auch für Dich noch etwas besonders?
- Wislander:
-
Selbstverständlich freuen wir uns auf die Spiele, das sind echte
Highlights. Es ist doch etwas Besonderes, gegen die Spitzenmannschaften
Europas zu spielen.
- Zebra:
- Wer sind Deine Favoriten?
- Wislander:
- Celje,
Zagreb, Pfadi Winterthur und natürlich der FC Barcelona.
- Zebra:
- Wird der FC Barcelona auch in diesem
Jahr wieder das Maß aller Dinge sein oder haben die anderen
Mannschaften aufgeholt?
- Wislander:
- Barcelona
hat mehrere Jahre hintereinander gewonnen. Die haben große Routine, sie
wissen, was sie zu tun haben. Sie sind die Nummer eins. Die anderen
Mannschaften sind einen gleichen Schritt hinte rher. Aber ich glaube
nicht, daß Barcelona eine Übermacht ist.
- Zebra:
- In der deutschen Bundesliga seid Ihr
der Topfavorit. Kann das auch belasten?
- Wislander:
- Mir ist ganz
egal, wer was getippt hat. Wir haben gute Leute gekriegt, eigentlich
müßten wir dieses Jahr besser sein. Wir haben ein Ziel vor uns: die
Liga zu gewinnen. Wir müssen uns unsere Ziele selbst setzen. Die
Bundesliga ist aber kein Selbstgänger.
- Zebra:
- Ihr spielt mit einem eingespielten
Team, mannschaftlich geschlossen. Spielt Ihr schwedisch?
- Wislander:
- Wir spielen
überhaupt nicht schwedisch. Wir haben eine Mischung aus vielen Ländern.
Früher hatten wir unsere Probleme, weil wir keinen Bomber hatten.
Deswegen, denke ich, ist Nenad
eingekauft worden. Unsere Stärke ist es,
wir können spielen und mit Nenad schießen.
- Zebra:
- Es hat sich vieles geändert, seit Du
1990 zum THW Kiel kamst.
- Wislander:
- Alles hat
sich geändert. Die Einstellung, die Mentalität, wie die Arbeit im
Verein geführt wird. Kein Verein wird mehr so geführt wie es damals
war. Es wird heute gezielter gearbeitet.
- Zebra:
- Ist der Beruf des Handballspielers
schwerer geworden?
- Wislander:
- Ja, unser
Beruf ist schwerer geworden. Der Druck auf die Spieler, Trainer, auf
das Umfeld steigert sich. 1990 war es mehr Hobby. Wir haben just for
fun gespielt und alle haben sich auch so benommen. Es ist langsam so
gekommen. Das ging nicht von heute auf morgen so mit der Bundesliga,
mit den Gehältern, mit der EU und den vielen Ausländern.
- Zebra:
- Hat Dich der Profihandball verändert,
hast Du irgendetwas davon in Dein Privatleben übertragen? Oder
versuchst Du Beruf und Privates strikt zu trennen?
- Wislander:
- Wie ich
privat immer gewesen bin, so versuche ich auch zu sein, wenn ich
Handball spiele. Die Diziplin, wie man sich in einer Gruppe mit
mehreren Menschen verhält, habe ich erlernt, seit ich zehn Jahre alt
war. Ich versuche, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Ich
bin kein Überflieger.
- Zebra:
- Die Antwort auf die Frage, wielange Du
noch in Kiel spielen wirst, interessiert viele Fans sehr. Kommt für
Dich noch etwas außer dem THW in Frage, etwa noch einmal die
schwedische Liga?
- Wislander:
- Ich will
keineswegs nach dieser Saison mit dem Handball aufhören. In Europa
kommt für mich außer Schweden nur der THW in Frage. Die schwedische
Liga würde mich ganz sicher nochmal reizen. Sie ist nicht so
ausgeglichen und ganz so stark. Dafür trainieren die Schweden aber fast
härter.
(15.11.98)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".
Mehr Infos über Magnus Wislander unter
Spielerporträt Magnus Wislander.