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Interviews mit Magnus Wislander:

Inhalt: Interview Saison 1999/2000 | Interview in der Saison 1998/1999

Interview Saison 1999/2000

[Bild: Magnus Wislander]
Zebra:
Magnus, Du hast jetzt Deinen Vetrag beim THW Kiel um noch ein weiteres Jahr verlängert. Wann fiel für Dich die Entscheidung?
Magnus Wislander:
Die Entscheidung fiel noch am gleichen Tag, an dem ich mit Uwe gesprochen habe. Ich wußte, was ich wollte!
Zebra:
Und was wolltest Du? Warum hast Du Dich dafür entschieden, erneut ein Jahr in Kiel ranzuhängen?
Magnus Wislander:
Ich wollte unbedingt noch ein Jahr spielen, weil die Olympiade nächstes Jahr sehr spät stattfinden wird, die neue Saison dann schon in vollem Gange sein wird. Das bedeutet, dass man, wenn man die Vorbereitung mitmacht, dann sowieso noch eine Saison spielen wird. Und für mich ist es am besten hier zu bleiben. Es ist alles einfacher. Ich habe keine Hektik mit dem Job und kann mich völlig auf die Olympiade konzentrieren. Und mit der Familie ist auch schon alles geklärt. Es ist nicht alles neu.
Zebra:
Die Olympiade, die olympische Goldmedaille ist Deine letzte große Herausforderung, danach spielst du die Saison zu Ende. Welche Ziele wirst Du dann noch haben?
Magnus Wislander:
Selbstverständlich ist die Olympiade ein Ziel. Dann ist das Ziel, jedes Spiel zu gewinnen, wie immer, und so lange ich fit bin, werde ich auch weiterspielen und dann muß man einfach mal gucken, was kommt. Es kann morgen schon etwas passieren oder bei der Olympiade, wer weiß das schon..
Zebra:
Wie fit fühlst Du Dich momentan?
Magnus Wislander:
Ich muß sagen, ich fühle mich sehr fit momentan, habe überhaupt keine Probleme, körperlich fühle ich mich sehr gut.
Zebra:
Ist es jetzt angenehmer geworden, dadurch dass Du auch durch Stefan Lövgren ein bißchen entlastet wirst?
Magnus Wislander:
Ja, selbstverständlich ist das nicht so anstrengend wie zuvor in den Spielen, in denen ich 60 Minuten vorne und hinten voll durchpowern musste. Wir können nun ab und zu ein bißchen mehr auf der Bank sitzen, z. B. wenn ein Spiel klar entschieden ist. Das ist nicht so anstrengend, wie ein Spiel im Rückraum zu führen. Man kann sich dann nachher wieder besser konzentrieren, es wird alles ein wenig ruhiger.
Zebra:
Und mit dieser Situation kannst Du gut leben?
Magnus Wislander:
Ja, sehr gut!
Zebra:
Wie sehr hast Du Dich zum Beispiel mit Staffan abgesprochen, er hat seinen Vertrag nun auch verlängert. Welche Rolle spielt es, dass ihr drei Schweden zusammenspielen könnt und was hat sich dadurch in dieser Saison verändert?
Magnus Wislander:
Zur ersten Frage: Nein, wir sprechen uns überhaupt nicht ab, soetwas ist nur von uns selbst abhängig. Klar, haben wir darüber mal gesprochen: wie willst Du das machen, wie mache ich das, willst Du noch weiterspielen. Selbstverständlich redet man miteinander, aber letztendlich kommt die Entscheidung nur von mir, und ich schätze, dass es Staffan auch so geht. Wir haben nie so darüber gesprochen: Wenn Du das machst, dann mache ich das. Das haben wir nie gemacht und das werden wir auch nie tun!
Zebra:
Vielleicht redet man auch nur von außen so viel: Die drei Schweden! Ist das in dieser Saison wieder etwas ganz Besonderes geworden oder ist es eigentlich egal, aus welcher Nation Stefan gekommen wäre?
Magnus Wislander:
Das ist eigentlich egal, denn ich weiß nicht, ob ich mich auf dem Handballfeld besonders als Schwede fühle, denn ich habe jetzt so lange hier gespielt und mit so vielen Leuten - außer in den letzten Jahren immer nur mit Deutschen. Selbstverständlich ist es vielleicht für mich etwas besonderes mit Stefan zu spielen. Er hat in Göteborg bei Redbergslid meine alte Rolle übernommen und dann in der Nationalmannschaft. Er ist immer derjenige, der hinter mir den Platz eingenommen hat. Und jetzt ist das auch in Kiel so, aber es ist zum ersten mal, dass wir zur gleichen Zeit im selben Verein zusammengespielen. Das hätte man nie gedacht. In Göteburg haben sie sich die Hoffnung gemacht. Vor drei Jahren hieß es auch, dass wir zusammenspielen sollten, leider hatte es nicht geklappt. Aber jetzt hat es hier geklappt und darüber freue ich mich.
Zebra:
Und Euer großer Traum - Olympia - hilft da das Zusammenspiel?
Magnus Wislander:
Naja, ob das hilft oder nicht, das weiß man nicht. Aber selbstverständlich dürfen wir jetzt auch zusammen im Verein spielen und früher haben wir nur in der Nationalmannschaft gespielt. Wir haben nie Probleme miteinander gehabt, weil alle drei Handball gut verstehen. Man muß nicht alles absprechen, wenn etwas kommt. Der Ball und das Spiel, alles läuft sehr gut. Vielleicht kann man es noch steigern, wenn man im Verein zusammenspielt.
Zebra:
Hier in Kiel ist es kein Problem, aber selbstverständlich seid ihr Ausländer, welche Position vertrittst Du in der Diskussion um die Ausländerproblematik in der Bundesliga?
Magnus Wislander:
Man kann das nicht so von einer Seite sehen, vielmehr von zwei. Sicherlich ist es für den deutschen Handball und den Nachwuchs nicht gut, wenn so viele Ausländer mitspielen. Gleichzeitig ist es jetzt aber auch so, dass Handball nicht nur ein Sport ist, sondern mittlerweile auch ein Geschäft. Die Frage stellt sich, wie die Vereine überleben wollen, wenn sie nur mit deutschen Talenten spielen. Die Sponsoren, die der Verein zum Überleben braucht, wollen den Erfolg sehen. Kann man diesen ohne Ausländer haben? Und dann ist das wohl auch so, dass man in der Jugend schauen muss, was diese will und dass die Jugendlichen mehr trainieren müssen. Dort muss man schon anfangen zu gucken und nicht erst in der Bundesliga.
Zebra:
Kannst Du die Diskussion denn überhaupt nachvollziehen?
Magnus Wislander:
Ja, das kann ich voll verstehen. Selbstverständlich wollen die Deutschen sehen, dass sie in der ersten Liga Spielpraxis bekommen und dass sie auch in der Härte Spiele mitmachen. Und man kann eigentlich nur lernen, wenn das Spiel in der 59. Minute 21: 21 steht, wenn es am Schluss richtig eng ist. Das einfache Spiel fängt immer mit der Stammmannschaft an und erst, wenn man in der 2. Halbzeit mit 10 Toren führt, bekommen die jüngeren Spieler ihre Chance - und dann lernen sie natürlich nicht so viel. Im Training können sie natürlich viel lernen, aber ich glaube, daß man bei den 16-17-jährigen schauen muss, dass sie vernünftig trainieren, dass sie statt 1-2 mal in der Woche 7-8mal trainieren. Dann kann man erst was erreichen. Ich glaube nicht, dass die deutsche Jugend schon so weit ist.
Zebra:
Ihr seid für die eigene Jugend im Verein ein neues Modell angegangen. Wie oft trainierst Du denn mit Deiner Patenmannschaft?
Magnus Wislander:
Wir haben gesagt, dass wir ein paar mal in der Saison erscheinen sollen. Wir haben nicht gesagt, dass wir nur für eine Mannschaft die Patenschaft übernehmen sollen, sondern für die ganze Jugendabteilung. Zur Zeit trainiere ich mit Staffan zusammen die A-Jugend. Wir sollen mit ihnen Abwehr trainieren und zeigen ihnen momentan die schwedische 6:0 Deckung. Das nächste mal sind dann Steinar und Axel dran mit dem Torwarttraining. Wir versuchen halt immer mal wieder vorbei zuschauen und mit der Jugend ein wenig zu trainieren und ihnen etwas zu zeigen. Und ich glaube, das ist ein wichtiger Teil in der Jugendarbeit.
Zebra:
Glaubst Du denn, dass die Liga auf Dauer attraktiv genug bleiben wird, wenn jetzt schon wieder negative Schlagzeilen von Finanzproblemen die Runde machen?
Magnus Wislander:
Ich glaube, die Liga bleibt immer attraktiv. Man hat zu viele gute Vereine. Und wenn diese mit den besten Leuten auf der ganzen Welt zusammenspielen dürfen, dann ist die Liga attraktiv. Das Problem, welches ab und zu vorhanden ist, ist, dass die Ergänzung zwischen Publikum und Spielern vielleicht nicht immer stimmt. Wenn jedes Jahr 5-6 neue Spieler geholt werden und davon sind sechs Ausländer, die nach zwei Jahren schon wieder woanders hingehen, dann hat man Probleme, besonders wenn man keinen Erfolg hat. Dann ist es einfach zu sagen: ein schlechter Verein und die Ausländer haben Schuld, denn die kommen nur her und wollen das schnelle Geld verdienen. Aber solange man durchsichtig arbeitet und das über eine längere Periode, dann glaube ich, ist es egal ob Du Deutscher bist oder nicht. Das Publikum kennt Dich als Spieler und welche Nummer Du auf Deinem Trikot trägst. Und so lange Du im richtigen Trikot spielst, gehen sie auch in die Halle und stehen hinter Deiner Mannschaft.
Zebra:
In Kiel steht das Publikum hinter seiner Mannschaft. Glaubst Du, dass der Handball in Kiel so attraktiv ist, dass die neue Ostseehalle mit 10.000 Plätzen auch gegen schwächere Gegner ausverkauft sein wird?
Magnus Wislander:
Jetzt hat man diese Attraktion: es gibt nur wenige Karten und die Sucht nach diesen wenigen Karten ist sehr groß. Karten sind schwierig zu bekommen. Wenn es mehr Karten auf dem Markt gibt und es einfacher ist, welche zu bekommen, dann kann es vielleicht schwieriger werden, weil die Sucht danach abnehmen wird. Es kommt aber immer ganz darauf an, wie viele Dauerkarten man verkauft. Ich glaube, wenn es mehr freie Karten gibt, dann kann es gegen schwächere Mannschaften Probleme geben. Das Besondere, eine Karte erhalten zu haben, muss immer bestehen bleiben.
Zebra:
Max, noch ein paar Worte zur Champions League. Die diesjährigen Auftritte des THW Kiel kann man bislang getrost als vollauf gelungen bezeichnen. Das Spiel gegen Leon war sicherlich der Höhepunkt. Nach diesem Spiel hieß es, ihr hättet beinahe am Limit gespielt. War dies wirklich so?
Magnus Wislander:
Wenn man das Ergebnis betracht und man bedenkt, dass wir gegen eine der drei oder vielleicht fünf besten Mannschaften der Welt mit 15 Toren gewonnen haben, obwohl Leon wirklich nicht schlecht anfing, dann muss man wohl sagen, dass wir fast am Limit gespielt haben. Wir haben 39 Tore geschossen und nur 24 Gegentreffer kassiert, und das, obwohl es mehr Angriffe als in einem gewöhnlichen Spiel gab. Viel besser, glaube ich, kann man nicht Handball spielen.
Zebra:
Das Spiel der Spanier war im Vergleich zur Bundesliga ungewöhnlich schnell. Bereitete das sehr hohe Tempo Eurer Mannschaft anfangs Probleme?
Magnus Wislander:
Zu Anfang hatten wir alle ein wenig Probleme, da ging es richtig schnell. Wir haben vorher schon gewusst, was gespielt werden würde, aber trotzdem haben wir es fast nicht geschafft, mitzuhalten. Das ist wohl auch der Unterschied zwischen deutschem und spanischem Handball. Aber man hat auch gesehen, dass Leon dieses hohe Tempo nicht über die gesamte Spieldauer halten konnte. Bereits nach zehn Minuten war die Anfangsoffensive schon ein bisschen vorbei. Ich glaube, dass es keine Mannschaft es schafft, über sechzig Minuten durchgehend so schnell zu spielen. Aber selbstverständlich ist es für die Zuschauer sehr schön, ein so attraktives Handballspiel zu sehen.
Zebra:
Das war er also, der erste Vergleich Spanien gegen den Bundesligisten THW Kiel in dieser Saison. Was kann denn jetzt noch kommen?
Magnus Wislander:
Das kann man nie so genau vorhersagen. Vieles hängt immer von der Tagesform ab. Man muss auch einmal sagen, dass wir gegen Leon einen Supertag erwischt hatten und die Spanier nicht ihren allerbesten. Im Rückspiel könnte es schon wieder ganz anders aussehen. Das ist das schöne am Sport. Wir müssen abwarten, was auf uns zukommt.
Zebra:
War es für Euch vielleicht ein kleiner Vorteil, so früh in der Saison auf die Spanier zu treffen. Noch ist erst gut ein Drittel in der Bundesliga absolviert und Ihr seid noch gut bei Kräften. Könnte es im Frühjahr anders aussehen, wenn die Belastungen für Euch bereits eindeutig stärker geworden sind, und ihr möglicherweise im Finale auf den FC Barcelona treffen würdet?
Magnus Wislander:
Ich sehe das nicht so. Ich spiele lieber von Anfang an ziemlich konstant auf einem hohen Level, denn wenn man erst einmal zu seinem Spiel gefunden hat, dann läuft es auch meistens über einen längeren Zeitraum rund. Wenn es sich die Spanier erlauben können, in der Liga des öfteren ihre erste Mannschaft zu schonen und mit Ersatzleuten die Pflichtspiele zu bestreiten, dann fehlt ihnen am Ende vielleicht die Spielpraxis. Ich spiele lieber öfter und muss dafür dann nicht so hart trainieren. Wenn man aber angeschlagen ist, dann ist es natürlich nicht so schön. Dann braucht man ein paar Tage Ruhe. Und wenn die Zeit dafür nicht da ist, dann schleppt man seine Verletzungen über drei, vier oder fünf Wochen mit sich herum, statt sie in einer Woche auskurieren zu können. Hier haben die Spanier und auch Mannschaften wie Celje natürlich Vorteile, indem sie ihren Leuten eine Pause gönnen können.
Zebra:
Danke für das Gespräch, Max.
(03.12.99)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".

Interview Saison 1998/1999

[Bild: Magnus Wislander] Seinen sportlichen Werdegang beschreibt er selbst als "klein, ein bißchen größer, noch größer, alt." Seit 1990 ist der mittlerweile 34-jährige bei unserem THW Kiel. Mit ihm kam der große Erfolg. Als Kapitän und Spielmacher ist er als Oberzebra maßgeblich an den Errungenschaften der letzten Jahre beteiligt. Unter seiner Regie spielten sich unsere Zebras in den Kreis der europäischen Spitzenmannschaften. Der "alte Schwede" selbst hat so ziemlich alles gewonnen, was ein Handballer gewinnen kann. Er ist Welt- und Europameister, war Welthandballer des Jahres und noch vieles mehr.
Nur eines hat er noch nicht erklommen, den Gipfel des Vereinshandballs in Europa: die Champions League. Daß es im dritten Anlauf mit seinem THW endlich noch einmal klappt, bevor er seine Karriere irgendwann beendet, darauf hofft er genauso wie mit ihm seine vielen Fans.

Hallenheft-Redakteur Sascha Klahn traf sich zu Beginn der Saison 98/99 kurz vor Beginn der Champions League-Gruppenspiele mit Magnus Wislander zum Gespräch.

Zebra:
Magnus, hat jetzt auch für Dich die Saison wieder so richtig begonnen. Ihr hattet Eure ersten Auftritte in der Bundesliga und jetzt auch im DHB-Pokal und in der Champions League.
Wislander:
Jetzt sind wir wieder mitten drin. Es war ein komischer Anfang. Erst die lange Pause, dann ein Spiel, wieder Pause. Man hatte nicht das Gefühl, mittendrin zu stehen. Jetzt mit Essen, Großwallstadt und der Champions League und den kommenden englischen Wochen fängt die Saison wieder so richtig an. Ich persönlich finde es schöner, nicht immer zwei Wochen Pause zu haben.
Zebra:
Niederlagen gehören ebenso zur Saison wie die Siege.
Wislander:
Eine Saison ohne Niederlagen ist nicht möglich. Man muß allerdings nicht gegen Schwartau verlieren. Lemgo hat schließlich ziemlich leicht jetzt gegen Schwartau gewonnen. Ich möchte nicht sagen, daß wir dadurch die zwei Punkte aus dem Sieg in Lemgo weggeschmissen haben, aber nun müssen wir die zwei Punkte woanders wiederholen.
Zebra:
Kam die erste Niederlage zu früh oder gerade rechtzeitig? Was habt Ihr aus dem Spiel gegen Schwartau gelernt, was nehmt Ihr mit in die weiteren Spiele?
Wislander:
Es gibt kein Spiel mehr, was man ohne hundertprozentige Konzentration und volle Pulle gewinnen kann. Hoffentlich haben wir das gelernt. Die Frage ist nur, wielange wir es in den Köpfen behalten. Irgendwann wird es wieder so ein Spiel geben, das wir ohne volle Konzentration bestreiten. In Schwartau ging es leider nicht, wie manchmal sonst noch möglich, in der Halbzeit neu zu starten. Schon im letzten Jahr war es unser Schwachpunkt. Wir haben dort verloren, wo andere Spitzenmannschaften locker gewonnen haben.
Zebra:
Es zeigt sich immer wieder, daß die Liga noch enger zusammengerückt ist. Ist es nicht auffällig, das viele Spiele ganz knapp, oft nur mit einem Tor Differenz ausgehen?
Wislander:
Das ist mir bisher nicht so aufgefallen. Im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, das Lemgo auswärts immer mit ein oder zwei Toren gewonnen hat. Jetzt ist es Minden. Aber zum Beispiel Flensburg wirft sehr viele Tore. Die spielen typisch skandinavischen Handball, mehr von den Dänen. Die spielen mit Selbstvertrauen, Tempo und Gegenstoß. Aber die werden wohl auch ihre Probleme bekommen, wenn der Gegner keine Fehler macht.
Zebra:
Ihr spielt am 23. Dezember in Flensburg. Ist das nicht ein sehr unglücklicher Termin. Deine Familie möchte doch sicher die Weihnachtstage in Schweden verbringen?
Wislander:
Es war die letzten fünf Jahre immer so. Ich habe das akzeptiert. Die Zwischentage sind viel schlimmer. Im letzten Jahr haben wir mit Camilas Eltern und ihrer Schwester gefeiert, in diesem Jahr kommen meine Eltern zu uns zu Besuch. Das ist nun mal so und man muß das Beste daraus machen.
Zebra:
Es gehört nun mal zum Beruf eines Handballers, sich an den Spielplan zu binden. Siehst Du das Handballspielen denn überhaupt als Beruf an, oder betreibst Du nur ein gutbezahltes Hobby?
Wislander:
Es ist mein Beruf. Wenn ich aber spiele, dann sehe ich das nicht so. Ich spiele Handball, weil es mir Spaß macht. Sicher, ich verdiene auch Geld dabei. Irgendwann, wenn es keinen Spaß mehr macht, dann höre ich auf. Neunzig Prozent der Leute können das nicht sagen.
Zebra:
Was wirst Du dann hinterher machen?
Wislander:
Weiß ich noch nicht. Irgendetwas mit Deutschland auf alle Fälle. Daß ich zurück nach Schweden gehe, steht fest.
Zebra:
Du hast einmal gesagt, Gewinnen sei lustig. Ist Gewinnen noch immer lustig?
Wislander:
Gewinnen ist noch immer lustig, das ist wohl im Sport so. Es ist einfaches Arbeiten, wenn man Erfolg hat.
Zebra:
Dann muß es zur Zeit beim THW ja sehr einfaches Arbeiten sein. Dann wirst Du Kiel also nicht verlassen, bevor Ihr die Champions League gewonnen habt?
Wislander (lacht):
Muß man mal gucken.
Zebra:
Wie siehst Du denn die reellen Chancen, zum krönenden Abschluß die Champions League zu gewinnen?
Wislander:
Mit der Qualität der Mannschaft stehen die Chancen nicht schlecht. Die richtig wichtigen Spiele kommen aber erst im Februar, März. Man kann dazu heute schlecht etwas sagen, wenn man nicht weiß, was bis dahin passiert. Wir könnten zum Beispiel zwei Verletzte haben oder so. Das Halbfinale ist eigentlich Pflicht, ein bißchen Glück gehört aber immer mit dazu.
Zebra:
Bist Du für den Anfang mit der Auslosung für die Gruppenspiele zufrieden?
Wislander:
Schon vor der Auslosung habe ich meine Wunschgruppe genannt. Am liebsten wollte ich Braga, GOG Gudme und Göteborg. Jetzt haben wir mit GOG, Stavanger und Wolgograd auch eine gute Gruppe. GOG und Stavanger sind gute Mannschaften, die wir eigentlich schlagen müssen. Man weiß, was einen erwartet. Nach Skandinavien sind es immer angenehme Reisen. Das Essen ist gut, die Hotels sind gut. Nach Wolgograd müssen wir hinfahren, das Beste draus machen, vergessen und sehen, daß man irgendwie zurückkommt. Die Gruppe ist eigentlich super bis auf Wolgograd.
Zebra:
Was für Spiele erwarten die Zuschauer?
Wislander:
Es wird ganz anderer Handball gespielt als in der Bundesliga. Viel Tempo, ziemlich viele Tore und für die Zuschauer gute Spiele.
Zebra:
Wird es auch härter werden?
Wislander:
Skandinavien und Mitteleuropa spielen so ziemlich auf einem Niveau. Es wird hart, aber es sind alles faire Handballer.
Zebra:
Was wißt Ihr schon über Eure Gegner?
Wislander:
Ganz ehrlich, die Norweger kennen wir überhaupt nicht. Wir wissen zwar, wer dort spielt, wir haben sie aber lange nicht mehr gesehen. Die Dänen kennen wir dagegen schon etwas besser. Nikolaj hat dort vor zwei Jahren noch gespielt, er kennt die. Außerdem kann man Gudme ab und zu mal im dänischen Fernsehen anschauen.
Zebra:
Alles wirklich gute Mannschaften. Wie wichtig wird es da, eine volle Ostseehalle mit den vielen eigenen Fans im Rücken zu haben? Nimmst Du das Drumherum während des Spiels eigentlich wahr, oder bist Du zu konzentriert auf das Spielgeschehen?
Wislander:
Wenn die Halle leer ist, merkt man das während des Spiels. Wenn es allerdings läuft, merkt man die volle Ostseehalle erst zum Schluß, da man während des Spiels sehr konzentriert ist. Ein großer Vorteil ist es natürlich, wenn es laut ist. Das übt Druck auf den Gegner aus. Wenn man vor einem Spiel in der Ostseehalle einmal nicht ganz konzentriert ist, dann das Licht ausgeht und man einläuft, dann weiß man spätestens, was man zu tun hat.
Zebra:
Fühlt man schon jetzt ein wenig Anspannung oder Vorfreude, wenn man an die Champions League denkt?
Wislander:
Man merkt es jetzt noch nicht. Die Liga ist halt auch sehr wichtig. Man kann es auch nicht erwarten. Für die Leute in Deutschland und für das Publikum in Kiel ist die Liga über die ganze Saison wichtiger. Zwei, drei Tage vor der Champions League muß man das alles absagen und sich auf das nächste Spiel konzentrieren.
Zebra:
Was sind Deine persönlichen Ziele im Europapokal der Landesmeister?
Wislander:
Am liebsten würde ich den Titel gewinnen. Die Gruppenspiele müssen wir vielleicht bis auf Wolgograd gewinnen. Die richtige Champions League hat für uns wohl noch gar nicht ganz angefangen. Die Pokalspiele sind viel schwerer. Die Gruppenspiele sind mehr die "Transportspiele". Da sind die Pokalspiele doch etwas anderes, wenn man direkt ausscheiden kann.
Zebra:
Ihr spielt gegen die besten Mannschaften Europas. Auch für Dich noch etwas besonders?
Wislander:
Selbstverständlich freuen wir uns auf die Spiele, das sind echte Highlights. Es ist doch etwas Besonderes, gegen die Spitzenmannschaften Europas zu spielen.
Zebra:
Wer sind Deine Favoriten?
Wislander:
Celje, Zagreb, Pfadi Winterthur und natürlich der FC Barcelona.
Zebra:
Wird der FC Barcelona auch in diesem Jahr wieder das Maß aller Dinge sein oder haben die anderen Mannschaften aufgeholt?
Wislander:
Barcelona hat mehrere Jahre hintereinander gewonnen. Die haben große Routine, sie wissen, was sie zu tun haben. Sie sind die Nummer eins. Die anderen Mannschaften sind einen gleichen Schritt hinte rher. Aber ich glaube nicht, daß Barcelona eine Übermacht ist.
Zebra:
In der deutschen Bundesliga seid Ihr der Topfavorit. Kann das auch belasten?
Wislander:
Mir ist ganz egal, wer was getippt hat. Wir haben gute Leute gekriegt, eigentlich müßten wir dieses Jahr besser sein. Wir haben ein Ziel vor uns: die Liga zu gewinnen. Wir müssen uns unsere Ziele selbst setzen. Die Bundesliga ist aber kein Selbstgänger.
Zebra:
Ihr spielt mit einem eingespielten Team, mannschaftlich geschlossen. Spielt Ihr schwedisch?
Wislander:
Wir spielen überhaupt nicht schwedisch. Wir haben eine Mischung aus vielen Ländern. Früher hatten wir unsere Probleme, weil wir keinen Bomber hatten. Deswegen, denke ich, ist Nenad eingekauft worden. Unsere Stärke ist es, wir können spielen und mit Nenad schießen.
Zebra:
Es hat sich vieles geändert, seit Du 1990 zum THW Kiel kamst.
Wislander:
Alles hat sich geändert. Die Einstellung, die Mentalität, wie die Arbeit im Verein geführt wird. Kein Verein wird mehr so geführt wie es damals war. Es wird heute gezielter gearbeitet.
Zebra:
Ist der Beruf des Handballspielers schwerer geworden?
Wislander:
Ja, unser Beruf ist schwerer geworden. Der Druck auf die Spieler, Trainer, auf das Umfeld steigert sich. 1990 war es mehr Hobby. Wir haben just for fun gespielt und alle haben sich auch so benommen. Es ist langsam so gekommen. Das ging nicht von heute auf morgen so mit der Bundesliga, mit den Gehältern, mit der EU und den vielen Ausländern.
Zebra:
Hat Dich der Profihandball verändert, hast Du irgendetwas davon in Dein Privatleben übertragen? Oder versuchst Du Beruf und Privates strikt zu trennen?
Wislander:
Wie ich privat immer gewesen bin, so versuche ich auch zu sein, wenn ich Handball spiele. Die Diziplin, wie man sich in einer Gruppe mit mehreren Menschen verhält, habe ich erlernt, seit ich zehn Jahre alt war. Ich versuche, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Ich bin kein Überflieger.
Zebra:
Die Antwort auf die Frage, wielange Du noch in Kiel spielen wirst, interessiert viele Fans sehr. Kommt für Dich noch etwas außer dem THW in Frage, etwa noch einmal die schwedische Liga?
Wislander:
Ich will keineswegs nach dieser Saison mit dem Handball aufhören. In Europa kommt für mich außer Schweden nur der THW in Frage. Die schwedische Liga würde mich ganz sicher nochmal reizen. Sie ist nicht so ausgeglichen und ganz so stark. Dafür trainieren die Schweden aber fast härter.
(15.11.98)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".

Mehr Infos über Magnus Wislander unter Spielerporträt Magnus Wislander.