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06.09.2003 Mannschaft

Zebra-Journal: Nur 6:0 ist zu wenig

"Pitti" erklärt das Abwehr-Einmaleins

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 05.09.2003:

6:0, 3:2:1, 5:1. Das ist die Antwort der Handball-Bundesliga auf die Viererkette im Fußball. Oder den Libero vor oder hinter der Abwehr. Doch was wollen uns die Zahlen sagen? Die Kieler Nachrichten fragten einen, der sich in diesem Nummernsalat seit Jahrzehnten zu Hause fühlt: Klaus-Dieter Petersen, die Wand mit zwei Beinen. "Es ist schon sehr gut, wenn eine Mannschaft 6:0 und 3:2:1 beherrscht." Viele gibt es nicht.
Der 311-malige Nationalspieler  Klaus-Dieter Petersen weiß, wie Abwehrarbeit funktioniert.
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Eine, die es kann, bescherte dem THW Kiel zuletzt das Aus in der Champions League - der slowenische Meister Prule Ljubljana. "Die konnten kurzfristig komplett umstellen." Der THW Kiel konnte es auch. In den 90er Jahren. Mit Abwehrchef Magnus Wislander und jungen Leuten wie Wolfgang Schwenke, Thomas Knorr, Kay Germann, Martin Schmidt, Christian Scheffler und "Pitti" selbst. Lehrmeister Noka Serdarusic hatte sich ihre Jugend zunutze und der Abwehr Beine gemacht. "Unsere Stärke war, dass wir in der Deckung sehr variabel waren", erinnert sich der mittlerweile 34-jährige Petersen.

Mit den Jahren wurden die Beine der Zebras schwerer und die offensive 3:2:l-Deckung gab nur noch gelegentlich ein Gastspiel. Der THW Kiel wurde zum Sinnbild der schwedischen Deckungsvariante und im Nachbarland stehen sie von Jugend an wie eine Wand am Kreis - 6:0 eben. Nun sollen junge Leute wie Christian Zeitz, Marcus Ahlm und Adrian Wagner wieder Verwirrung stiften. Zumindest ein wenig. Denn so Petersen, eine gute 3:2:1 würde ihre zwei Jahre bis zur Reife brauchen. Doch was müssen Zeitz & Co bis dahin lernen?

Und wie sieht es aus, wenn sie es denn können? In Perfektion ähnelt eine 3:2:1 einem Dreieck, dessen Spitze immer auf den ballführenden Gegner zeigt. Der Mittelmann Auge in Auge, die beiden "Halben" dahinter und drei am Kreis - 3:2:1. Schnell und eingespielt müssen sie sein. Viel reden. Durchbrüche und Würfe aus der Mitte verhindern. Ideal mit einem Torwart, der seine Stärken hat, wenn doch ein Gegner direkt vor seiner Nase auftaucht. Offensiver zu decken - das macht Sinn gegen Mannschaft, deren Rückraum wurfgewaltig aber eher hüftsteif daher kommt.

Die "Light-Version" der 3:2:1 nennt sich 5:1. Fünf Spieler am Kreis, die Spitze davor. In der Mitte oder auf den Halbpositionen. Also verschoben. Ein beliebtes Rezept, um den Rhythmus des Gegners zu stören oder Schlüsselspieler an die Kette zu legen. Wer mit Mann und Maus den eigenen Kreis abdichtet (6:0), kann es nicht anders. Oder, wie der THW in den jüngeren Jahren, besonders gut. Groß und clever müssen die Spieler sein. Dahinter ein Torwart, der die Schützen lesen kann. Der also weiß, wo der Ball landen soll. 6:0 - das wird auch in Dänemark und Deutschland schon der Jugend gelehrt. Der Nachwuchs in Kroatien und Jugoslawien wächst dagegen mit einer 3:2:1 auf, die Franzosen und Spanier mit der 5:1. "Nur 6:0 reicht nicht", weiß der 311-malige Nationalspieler Petersen, der sich für die Grundausbildung eine andere Blickrichtung wünscht. Nicht die nächste Kreismeisterschaft im Auge, sondern die Vielseitigkeit des Athleten.

Obwohl derzeit noch in Angriff und Abwehr Spezialisten eingewechselt werden dürfen, ist der klassische Abwehrspieler von einst ein Auslaufmodell. "Die Spieler sind viel athletischer geworden und konzentrieren sich nicht mehr nur darauf, das Spiel des Gegners zu zerstören."

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 05.09.2003)


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