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23.07.2009 Interview

HBL-Interview mit Alfred Gislason

"Wir blicken sehr optimistisch in die Zukunft"

Alfred Gislason:  "Wir haben ganz sicher einen kleinen Umbruch zu verkraften, aber das  hat der THW in den vergangenen Jahren schon des Öfteren erfolgreich  hinbekommen."
Klicken Sie zum Vergrößern! Alfred Gislason: "Wir haben ganz sicher einen kleinen Umbruch zu verkraften, aber das hat der THW in den vergangenen Jahren schon des Öfteren erfolgreich hinbekommen."
Auch wenn er Isländer ist: Alfred Gislason muss als Kind der Bundesliga gelten. Schon als Spieler gewann er in den achtziger Jahren deutsche Meistertitel mit TUSEM Essen und war später als Trainer des SC Magdeburg Meister (2001) und Champions-League-Sieger (2002). Im vergangenen Sommer trat er in Kiel die Nachfolge von Zvonimir "Noka" Serdarusic an und gewann mit dem THW auf Anhieb das Double und führte das Starensemble in der Champions League bis ins Finale gegen Ciudad Real. Heuer steht ihm die schwere Aufgabe ins Haus, den THW nach den Abgängen von Karabatic, Kavticnik und Lövgren auf das Unternehmen Titelverteidigung vorzubereiten. Wie das gehen soll, erläuterte er in einem ausführlichen Gespräch.
HBL:
Fühlen Sie sich nach den Abgängen von Stefan Lövgren, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik für das Unternehmen Titelverteidigung gut gerüstet?
Alfred Gislason:
Das ist schwer zu sagen. Ganz sicher haben wir für die Spieler, die gegangen sind, gute Leute bekommen. Aber ebenso sicher ist, dass wir die Neuen erst einmal integrieren müssen. Zudem haben die Konkurrenten - damit meine ich vor allem die Rhein-Neckar Löwen und den HSV Hamburg - personell zugelegt. Und das gar nicht schlecht. Ich erwarte darüber hinaus vom TBV Lemgo eine Riesensaison, da Trainer Markus Baur auf ein eingespieltes Team zurückgreifen kann. Und auch die Flensburger darf man nicht abschreiben.
HBL:
Aron Palmarsson, Christian Sprenger, Momir Ilic und Peter Gentzel heißen die neuen Gesichter beim THW. Klingt durchaus vielversprechend.
Alfred Gislason:
Zu Gentzel erübrigt sich jeglicher Kommentar. Der gehört schon seit vielen Jahren zur absoluten Weltspitze unter den Keepern. Ein wirklich guter Ersatz für den Langzeitverletzten Palicka. Ilic ist zwar kein Mittelmann wie Karabatic ihn spielen konnte, gehört aber auf Halblinks zu den Besten seiner Zunft. Zusammen mit Filip Jicha werden wir auf dieser Position sehr gut besetzt sein. Palmarsson ist eines der vielversprechendsten Talente weltweit. Aber er ist auch erst 19 Jahre alt. Da darf man nicht erwarten, dass er auf Anhieb die Liga aufmischt. Aber er ist ein ähnlicher Spielertyp wie der vom HSV verpflichtete Kroate Domagoj Duvnjak. Und natürlich Christian Sprenger, den ich schon seit seiner Jugendzeit beim SC Magdeburg kenne. Der hat wirklich eine Super-Entwicklung hinter sich. Wenn einer Kavticnik auf Rechtsaußen ersetzen kann, dann er.
HBL:
Ein anderes neues Gesicht trägt den Namen Tobias Reichmann. Wer ist das?
Alfred Gislason:
Reichmann ist ein junger Spieler, der eigentlich schon im vergangenen Jahr zu uns stoßen sollte. Wie Patrick Groetzki hat er sich über seine Leistungen in der Junioren-Auswahl einen Namen gemacht. Gegenwärtig aber laboriert er noch an den Folgen eines Kreuzbandrisses, sodass wir wohl noch bis November auf ihn warten müssen.
HBL:
Die 2. Mannschaft des THW ist in die Regionalliga aufgestiegen. Auch das bringt sicher Vorteile, oder?
Alfred Gislason:
Das Team ist ja fast gleichzusetzen mit der A-Jugend des THW. Insofern hat der THW schon in den vergangenen Jahren im Verborgenen gute Arbeit geleistet, was dieser Aufstieg in die Regionalliga nun endgültig dokumentiert.
HBL:
Überhaupt hat der THW seinem Ruf, er täte nichts für den Nachwuchs, mit Nachdruck ein paar Dinge entgegengesetzt. So wurde beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem TSV Altenholz aufgekündigt. Was steckt dahinter?
Alfred Gislason:
Was zunächst einmal schlecht klingt - nämlich die Aufkündigung der Kooperation mit dem Zweitligisten aus Altenholz - hat durchaus viele positive Ansätze. Auf diese Weise habe ich die Talente und den Nachwuchs permanent in Kiel und unter meiner Beobachtung. Der THW kann seine Jugendlichen so weit besser fördern und ganz einfach näher an das A-Team heranrücken. Mein Traum ist es, den einen oder anderen Spieler aus diesem Nachwuchsteam so auszubilden, dass er künftig in der Bundesliga mithalten kann.
HBL:
Nennen Sie doch mal ein paar Namen mit Perspektive, die im Orbit rund um den Bundesligakader kreisen.
Alfred Gislason:
Da ist zum einen Torhüter Morten Michelsen, aber auch Kreisläufer Hendrik Pekeler verfügt über viel Potenzial. Da ich den anderen Jungs sofort Spitznamen gegeben habe, muss ich, was andere Namen angeht, passen (lacht).
HBL:
Haben diese Leute angesichts der Masse an Stars und der Erwartungen des Umfelds wirklich eine Chance?
Alfred Gislason:
Das ist natürlich äußerst schwierig, aus einer Jugendmannschaft in das Bundesligateam des THW Kiel zu springen. Neben ein oder zwei anderen Kandidaten traue ich diesen Sprung am ehesten Hendrik Pekeler zu. Hendrik ist gerade 18 Jahre alt geworden und trainiert schon fest bei uns mit. Er spielt zwar weiterhin in unserer 2. Mannschaft, aber ich glaube, dass ihm das Training, in dem er sich mit Marcus Ahlm und Igor Anic messen kann, weit mehr bringt als das Spielen in der 2. Liga beim TSV Altenholz.
HBL:
Die Veränderungen in der Mannschaft, im Umfeld des Klubs und in der Philosophie sind angesichts der jahrelangen Kontinuität beim THW gravierend. Soll damit auch nach außen ein Neuanfang demonstriert werden?
Alfred Gislason:
Was die Bundesligamannschaft angeht, halten sich die Veränderungen in Grenzen. Und auch die dahinter stehende Philosophie bleibt unverändert. Hier definiert sich alles nur über die Leistung. Und auch die Unterstützung für die 2. Mannschaft ist nicht wirklich neu. Dass ich mich nun da reinhänge, ist für mich selbstverständlich. Wenn ich helfen kann, dann tue ich das auch. Auf der Führungsebene gibt es sicherlich sehr viele Veränderungen, die den Willen zu einem Neuanfang dokumentieren. Dort arbeiten - wie schon in der Vergangenheit - sehr kompetente Leute, weshalb wir in der Addition aller Dinge sehr optimistisch in die Zukunft blicken dürfen.
HBL:
Ist der THW tatsächlich so stark wie in den Jahren zuvor und damit ein ernsthafter Titelkandidat?
Alfred Gislason:
Wir haben ganz sicher einen kleinen Umbruch zu verkraften, aber das hat der THW in den vergangenen Jahren schon des Öfteren erfolgreich hinbekommen. Insofern ist Kiel sicher wieder ein ernsthafter Meisterschaftskandidat. Aber nur einer von vielen, schließlich haben die Konkurrenten ordentlich nachgelegt. Bleibt abzuwarten, wie die mit der Drucksituation umgehen.
(Das Interview führte die HBL)


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