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14./15.08.2013 - Letzte Aktualisierung: 15.08.2013 Pressekonferenz

Saisoneröffnungs-Pressekonferenz: "Wir sind nicht mehr der haushohe Favorit"

Update #1 KN-Bericht ergänzt ...

Der THW Kiel möchte auch in der kommenden Saison um alle Titel mitspielen. "Alles andere wäre ja auch nicht Kiel-typisch. Wir sind aber nicht mehr der haushohe Favorit der vergangenen Jahre", erklärte THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt bei der Saisoneröffnungs-Pressekonferenz im Haus des Hauptsponsors Provinzial. "Jetzt sind Flensburg, Hamburg und die Rhein-Neckar Löwen in der Pflicht. Mal sehen, wie diese mit dem Druck umgehen." Geschäftsführer Stefan Adam bezifferte vor rund 60 Journalisten den Saisonetat der Kieler auf neun Millionen Euro. Trainer Alfred Gislason war trotz der zwei verlorenen Testspiele in Dänemark zufrieden mit der bisherigen Vorbereitung: "Die Jungs haben super gearbeitet, es war ein klasse Trainingslager."
Als Gastgeber hatte zuvor Jörg Tomalak-Plönzke, Vorsitzender des Vorstands der Provinzial Nord Brandkasse AG, die Journalisten und THW-Vertreter begrüßt. "Der THW Kiel ist ein faszinierender Verein, den wir als Provinzial bereits mehr als 30 Jahre begleiten. Ich wünsche eine erfolgreiche Saison!" In dieser gebe es auch von Seiten der Gesellschafter und des Aufsichtsrats keine Titelvorgabe, unterstrich der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Hinrich Vater: "Der Trainer und das Management haben für den Verjüngungsprozess unsere volle Unterstützung. Wenn wir vorn mitspielen, sind wir zufrieden. Und sollte am Ende ein Titel dabei herausspringen, wäre das ein riesiger Erfolg." Vater dankte den Sponsoren und Fans des Rekordmeisters: "Sie sind einzigartig, und ich denke, die Mannschaft wird sie im kommenden Jahr brauchen."

Auch Trainer Alfred Gislason setzt auf die Unterstützung der eigenen Anhänger. "Die Fans müssen uns bestimmt häufiger helfen als in den vergangenen Jahren, denn unsere Mannschaft wird mehr Schwankungen haben als zuletzt." Das Ziel sei aber klar definiert: "Wenn wir jetzt den Umbruch schaffen, haben wir wieder eine Mannschaft, die über Jahre um Titel mitspielen wird." Die größte Herausforderung sei es, so der Isländer, dass man mit Rasmus Lauge und Wael Jallouz gleich zwei Spieler auf zentralen Positionen einbinden müsse. "Das ist ein kreativer Prozess, auf den ich mich riesig freue. Dabei entdeckt man dann auch Talente und Möglichkeiten, die man zuvor vielleicht nicht gesehen hat." Sorgen bereitet derzeit Spielmacher Aron Palmarsson, der an den Folgen einer Patellasehnenoperation laboriert. "Seine Genesung macht Fortschritte", sagte Gislason, der aber zum Saisonauftakt noch nicht mit seinem isländischen Landsmann rechnet. "Aber die Saison wird nicht im September entschieden." Die eingespielten Mannschaften wie Flensburg und die Rhein-Neckar Löwen seien sicher im Vorteil, so Gislason. "Wir wollen immer gewinnen - das macht uns aus. Der erste Favorit für mich ist Flensburg, aber auch die Löwen, Hamburg, die Füchse und natürlich auch wir haben uns viel vorgenommen."

Kapitän Filip Jicha, der nach 23 Jahren die Ära der schwedischen Spielführer beim dreifachen Champions-League-Sieger beendete, erklärte, man verspüre beim THW Kiel keinen Druck von Außen. "Wir machen uns innerhalb der Mannschaft den Druck, der uns erfolgreich macht." Er wolle als Kapitän immer dann für seine Mitspieler da sein, wenn er benötigt werde. "Auf und neben dem Platz. Aber vor allem bin ich Spieler des THW Kiel und will meine Leistung bringen. Es ist mein Antrieb, immer erfolgreicher zu sein als andere. Und diese Einstellung möchte ich an meine Jungs weitergeben. Sie müssen spüren, dass man hier sehr viel für die Mannschaft investieren muss, um erfolgreich zu sein."

Neuzugang Johan Sjöstrand sieht das Zusammenspiel mit Andreas Palicka auf einem "immer besseren Weg. Wir kennen uns schon lange und ergänzen uns gut." Sein Ziel sei es, in Kiel der beste Torhüter der Welt zu werden, so Sjöstrand. "Und natürlich möchte ich mit dem THW Kiel auch Titel gewinnen." Rasmus Lauge hat das gleiche Ziel, in Dänemark hat der junge Rückraumspieler nach dem Bekanntwerden seines Wechsels an die Förde ein gewachsenes Interesse an seiner Person festgestellt. "Der THW Kiel ist ein großer Verein, und Dänemark ist verrückt nach Handball. Ich möchte helfen, dass der THW Kiel auch in meiner Heimat noch populärer wird." Ein großer Unterschied zu Dänemark sei die intensivere Trainingsbelastung, so Lauge: "Hier wird viel härter und ausdauernder trainiert." Wael Jallouz, erster tunesischer Spieler bei einem Spitzenverein der DKB Handball-Bundesliga, hat wohl den größten kulturellen Unterschied aller Neuzugänge zu verkraften. "Ich fühle mich wohl in Kiel, die Mannschaft hat mich toll aufgenommen", erklärte Jallouz in gutem Deutsch. "Dafür lerne ich auch täglich die Sprache." Mit seinem Spitznamen "Willy" könne er gut leben, so Jallouz: "Wael lässt sich für Deutsche schwer sprechen, und Willy ist auch ein schöner Name." Dabei lachte der THW-Neuzugang gemeinsam mit seinen Mannschaftskollegen. Jallouz: "Die Stimmung im Team ist super."

Auch der neue Aufsichtsrat Marcus Ahlm stellte sich wenige Tage vor seinem offiziellen Abschiedsspiel den Fragen der Journalisten. "Der THW Kiel ist eine Herzenssache, ich habe hier viel erlebt und dem Verein viel zu verdanken. Deshalb gab es für mich, als ich gefragt wurde, ob ich das Amt des Aufsichtsrats übernehmen werde, nur eine Antwort: Natürlich!"

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 15.08.2013:

THW gibt die Favoritenrolle ab

Handballmeister sieht SG Flensburg-Handewitt und Rhein-Neckar Löwen vorne - Etat um 500 000 Euro gesunken
Kiel. Ungewohnte Töne: Der THW Kiel schob die Favoritenrolle von sich, trotzdem gaben sich die Verantwortlichen des Handballmeisters bei der gestrigen Pressekonferenz zur Saisoneröffnung in den Räumen ihres Hauptsponsors Provinzial sehr gelassen. Die Gesprächsrunde war eine lockere. Nur einmal wurde es im Konferenzraum mit Fördeblick ganz ruhig - als Wael Jallouz das Wort ergriff.

Das Drehbuch sah vor, dass er als Letzter reden sollte. Zuvor äußerte sich Marcus Ahlm, der für gewöhnlich erst nach dem Trainer zu Wort kommt. Diesmal war alles anders. Der Ex-Kapitän, flott mit Hemd, Jackett und Handtasche erschienen, sprach als Aufsichtsrat. "Als mir dieses Amt angeboten wurde, musste ich nicht lange überlegen", sagte Ahlm, der in Malmö wohnt und in Schweden für den Citti-Konzern tätig ist. "Der THW ist eine Herzensangelegenheit für mich."

Bevor Jallouz an der Reihe war, versprach Hinrich Vater, Vorsitzender des fünfköpfigen Aufsichtsrats, dem Trainer und der Mannschaft die "ausdrückliche Unterstützung aller Gremien". Die Erwartungen seien diesmal niedrigere. "Wir wollen um die Titel mitspielen", sagte Vater. "Aber wenn wir keinen gewinnen, ist das auch kein Beinbruch."

Nach ihm sprach Stefan Adam, der für das Marketing zuständige Geschäftsführer. Er erklärte, dass es schwer sei, Etats zu vergleichen. So ließ er durchblicken, dass die Berliner ihren Fuchsbau umsonst bewohnen dürfen. Was der THW als Mieter jährlich bezahlen muss, wollte Adam nicht benennen. Realistisch dürfte eine Summe von einer Million Euro sein. Den Etat bezifferte er auf neun Millionen Euro, im Vorjahr waren es noch 9,5 Millionen gewesen.

Anschließend erklärte Trainer Alfred Gislason die SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar Löwen zu den Favoriten in der Meisterschaft. "Sie sind eingespielt, wir nicht", sagte Gislason, der glänzende Laune hatte, obwohl er am trainingsfreien Dienstag Videos der jüngsten THW-Tests in Kolding (19:26) und Sonderburg (24:26) analysiert hatte. "Ich habe viele Baustellen gesehen, trotzdem bin ich mit dem, was wir im Trainingslager erreicht haben, sehr zufrieden", sagte Gislason. "Auch wenn mir das keiner glauben wird."

Nach ihm war Filip Jicha an der Reihe, der erste Kapitän seit mehr als zwei Jahrzehnten, der kein Schwede ist. Nein, sagte der Tscheche, öffentlichen Druck würde er keinen verspüren. "Wir schauen nur auf uns", sagte Jicha, der seine Aufgabe auch darin sehen würde, "das Siegergen weiter auszubreiten". Den Neuen zu vermitteln, dass sie im THW-Trikot sehr viel investieren müssen. Einer, Johan Sjöstrand, gab anschließend lässig den Wortkargen, betonte, dass sein Ziel sei, "in Kiel der beste Torhüter der Welt zu werden".

Rasmus Lauge erzählte davon, dass er in Dänemark täglich drei Stunden trainiert hätte, hier seien es bislang regelmäßig bis zu 90 Minuten mehr gewesen. "Das tut mir aber gut", sagte der Europameister. "In so einer guten Form war ich noch nie."

An der langen Tafel saßen sich die Verantwortlichen des Rekordmeisters und zahlreiche Journalisten gegenüber. Es wurde geraschelt, geknipst und gehustet. Bis Jallouz über seine Deutschkenntnisse Auskunft geben sollte. Die Frage aller Fragen. Und? "Ich verstehe fast alles, aber richtig gut ist es noch nicht", sagte der Tunesier, der sehr leise ein beachtliches Deutsch sprach. Ob er mit dem Spitznamen "Willi" einverstanden sei? "Klar", sagte er. "Es ist schwierig, meinen Namen richtig auszusprechen." Wael - da liegt die Betonung lange auf dem "a", und vor dem "e" hört das europäische Ohr noch ein "h" heraus.

Am Rande der Pressekonferenz erklärte Vater, warum der Etat um eine halbe Million Euro geringer ausgefallen ist. "Diese Summe haben wir bei den Spielergehältern eingespart", sagte Vater. "Das war aber nicht unser Plan, sondern hat sich aus dem Umbruch ergeben, den wir vollziehen mussten." Er zeigte sich auch optimistisch, dass die Vision des THW, in unmittelbarer Nachbarschaft zur KSV Holstein ein Trainingszentrum zu errichten und mit dem Fußball-Drittligisten ein Internat ins Leben zu rufen, Realität wird. "Der Standort ist ideal. Und für Kiel wäre es eine einmalige Chance."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 15.08.2013)


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