Nach sieben fetten Jahren wurde schon einigerorts gemutmaßt, dem
THW Kiel könnten nun sieben magere Spielzeiten bevorstehen. Doch in den
Reihen der Zebras blickt man auch trotz einer sehr turbulenten Saison wieder
optimistisch in die Zukunft. Auch wenn diese Ausnahmemannschaft erstmals seit
Jahren wieder ohne in Titeln zählbaren Erfolg die Saison beenden wird,
bleibt die Gewissheit, in Kiel weiterhin Spitzenhandball präsentieren zu können.
Ein Mammutprogramm einer aufgeblähten Bundesligaserie, die Auftritte in der
Champions League sowie die kräfteraubenden Auftritte der Kieler
Nationalspieler bei den
Olympischen Spielen in Sydney und bei der
Weltmeisterschaft in Frankreich haben
Spuren hinterlassen. Nach mehrjähriger permanenter physischer Belastung auf
höchstem sportlichen Niveau musste irgendwann einmal zwangsläufig der Punkt kommen,
an dem Körper und Geist zu streiken beginnen. Zudem warf eine bis dato unbekannte
Unruhe in Mannschaft und Umfeld das Starensemble erstmalig aus der Bahn.
Zwar haben sich in der Saison 2000/01 die hochgesteckten Erwartungen an den THW
Kiel nicht immer erfüllt, doch es bleibt bewundernswert, mit welchem Einsatz die Zebraherde
nun schon über Jahre die Spitze im Welthandball mitbestimmt. So scheint es schon wieder
fast vergessen, dass die Kieler Schweden immerhin die olympische Silbermedaille erkämpften und
mit dem Vizeweltmeistertitel ihrer beispiellosen Erfolgssammlung ein weiteres Kapitel hinzufügten.
Darüber hinaus scheiterten die Zebras mit nur einem Tor an der besten Vereinsmannschaft der
Welt und mussten dem großen FC Barcelona so nur denkbar knapp den erneuten Einzug ins
Finale der Champions League überlassen.
Befreit von allem Druck beweist die Zebraherde zum Ende dieser denkwürdigen Saison dennoch
mit überzeugenden Auftritten, dass sie weiterhin den Anspruch erheben, im
Konzert der ganz Großen in vorderster Reihe mitzumischen. In ZEBRA ziehen der
Geschäftsführer Uwe Schwenker, Trainer
Noka Serdarusic sowie Kapitän
Magnus Wislander ihre persönliche Saisonbilanz.
Interview mit Uwe Schwenker
- Zebra:
-
Herr Schwenker, wie fällt Ihre Bilanz der zuende gehenden Saison aus?
- Uwe Schwenker:
-
Wir können sicherlich nicht ganz zufrieden sein, aber man darf auch nicht erwarten,
in jedem Jahr bis zuletzt um den Titel zu spielen. Sollte uns am letzten Spieltag die
Qualifikation für den Europapokal gelingen, hätten wir wenigstens unser Minimalziel erreicht,
im nächsten Jahr wieder international dabei zu sein. Wir hatten ein paar Problem, die
uns ein paar wichtige Punkte gekostet haben. Wir müssen sicherlich einige Fehler eingestehen.
Insbesondere denke ich dabei natürlich an die Verpflichtung von
Mike Bezdicek, die nach der Verletzung von
Klaus-Dieter Petersen nur gut gemeint war.
Wir wussten um die Transferproblematik, gingen aber davon aus, eine gefestigte und
gesattelte Truppe in unseren Reihen zu haben. Dann kam einiges zusammen,
was man vorher so nicht erahnen konnte. Auch der "Fall Perunicic"
ist letztlich darauf zurückzuführen.
- Zebra:
-
Was war für Sie das prägendste Erlebnis in diesem Jahr?
- Uwe Schwenker:
-
Es war eine sehr turbulente Saison. Zuvor war es sechs, sieben Jahre lang
ein sehr ruhiges Arbeiten beim THW Kiel. Jetzt war es ein wenig anders und
ich musste mich erst daran gewöhnen. So hatten wir uns das nie gewünscht.
Aber so langsam sind wir zurück ins ruhigere Fahrwasser gekommen und arbeiten schon wieder eifrig daran,
Personalfragen zu klären und unseren Kader weiter zu verstärken.
- Zebra:
-
Gibt es soetwas wie eine Lehre oder einen Schluss, den Sie aus dieser Saison ziehen werden?
- Uwe Schwenker:
-
Insgesamt ist es noch schwieriger geworden, den Spagat zwischen dem Verein und einem
modernen Wirtschaftsunternehmen zu vollziehen. Bei uns standen immer Gedanken wie
Fair Play oder Fannähe im Vordergrund, und ich denke, das ist uns in der Vergangenheit auch
stets gut gelungen. Allein die Geschichten um Bezdicek
und Perunicic haben uns mehr in das Verhältnis von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgleiten lassen. Erfolge sind aber nur dann möglich,
wenn das Vertrauensverhältnis untereinander in Ordnung ist. Bei uns ist
leider eine letzte Bastion gefallen: Auch unsere Spieler sind mittlerweile hochinteressante
Kandidaten für Spielervermittler geworden. Daraus habe ich gelernt und ich werde mich umstellen müssen.
- Zebra:
-
Wird es Veränderungen im Umfeld des THW Kiel geben?
- Uwe Schwenker:
-
Wir haben sehr, sehr erfolgreiche Jahre mit diesem gesamten Team erlebt. Jetzt werden
wir diese Konstellation nach einem schlechten Jahr nicht gleich ändern. Ich nehme
aber durchaus gewisse Kritik wahr, filtere das Entscheidene für die Zukunft
heraus, um es dann noch besser zu machen. Unter Beachtung der wirtschaftlichen Gegebenheiten und
mit einem ausgeglichenen Haushalt hat es für uns nach wie vor oberste Priorität,
bestmöglichen sportlichen Erfolg zu haben. Unser Streben gilt nicht der Gewinnmaximierung,
sondern wir möchten in erster Linie den Ansprüchen und Erwartungen unseres eigenen Teams,
unserer Sponsoren und Partner sowie denen unserer Fans gerecht werden.
- Zebra:
-
Wie sehen die Aussichten für die nächste Saison aus?
- Uwe Schwenker:
-
Ich wäre fehl am Platz, wenn ich nicht optimistisch wäre. Ich gehe davon aus,
dass der THW Kiel auch in Zukunft weiter ganz oben in der Liga mitspielen wird.
Interview mit Noka Serdarusic
- Zebra:
-
Herr Serdarusic, wie fällt für Sie die Saisonbilanz aus?
- Noka Serdarusic:
-
Mit dem Verlauf kann ich natürlich nicht zufrieden sein. Warum auch immer, gab
es eine Phase, in der wir lange Zeit unter unseren Möglichkeiten gespielt haben. So
haben wir nicht das erreicht, was ich mir vorgenommen hatte. Aber das ist jetzt nicht
mehr zu reparieren, stattdessen müssen wir nun nach vorne schauen.
- Zebra:
-
Was war für Sie das prägendste Erlebnis in diesem Jahr?
- Uwe Schwenker:
-
Besonders die Heimniederlagen bleiben in Erinnerung. In den letzten acht Jahren haben
wir mal ein Spiel verloren, aber nicht gleich soviele in einer Saison. Das ist mir
wirklich auf den Magen geschlagen.
- Zebra:
-
Wie sehen die Aussichten für die nächste Saison aus?
- Uwe Schwenker:
-
Wir werden auch in der Zukunft wieder eine schlagkräftige Truppe mit Anspruch auf den
Titel haben. Wenn wir nicht soviel Unruhe im Umfeld gehabt und permanent so gespielt
hätten wie zuletzt, dann wären wir jetzt schon Meister!
- Zebra:
-
Es kommt Ihnen und Ihrer Mannschaft dabei sicher entgegen, dass die Anzahl
der zu bestreitenden Spiele deutlich reduziert wird.
- Uwe Schwenker:
-
Natürlich, schließlich haben wir nicht mehr die jüngste Mannschaft. Aber der
THW Kiel kommt aus einer Handballstadt. Wir werden immer unser Bestes geben,
um oben zu stehen. Wir haben eine Verpflichtung unseren Anhängern gegenüber.
Interview mit Magnus Wislander
- Zebra:
-
Herr Wislander, wie fällt für Sie die Saisonbilanz aus?
- Magnus Wislander:
-
Nicht gut, denn wir können nicht zufrieden sein, da wir nicht das erreicht haben was
wir eigentlich wollten.
- Zebra:
-
Was war für Sie das prägendste Erlebnis in diesem Jahr?
- Magnus Wislander:
-
Was ein wenig geprägt hat, sind die drei verlorenen Heimspiele. Das ist so
zum ersten Mal passiert, seit ich hier in Kiel bin. Wir waren nicht immer zufrieden
mit uns selbst, soetwas bleibt auch irgendwie hängen. zudem hatten wir einige Turbulenzen außerhalb
des Spielfeldes.
- Zebra:
-
Musste die Mannschaft erst lernen, mit solchen Niederlagen umzugehen?
- Magnus Wislander:
-
Klar, aber das ist im Sport immer so. Es ist nicht immer ein Tanz auf Rosen.
Es gibt auch die andere Seite. Und es ist sehr schwer damit zu leben, wenn man es
eigentlich anders kennt. Doch das war gut für uns und auch das Publikum, so konnten
wir alle viel lernen - ansonsten würde es ja auch langweilig werden.
- Zebra:
-
Gab es zwischen durch bei Ihnen Zweifel an der Entscheidung doch noch weiterzuspielen?
- Magnus Wislander:
-
Eigentlich nicht, jedenfalls nicht weil wir schlecht gespielt hätten.
Aber klar macht man sich seine Gedanken, wenn man morgens nur sehr schwer aus
dem Bett kommt und der Körper weh tut und man sich trotzdem zum Training oder Spiel schleppen muss.
- Zebra:
-
Dann müssen Sie sehr froh sein, dass die wahnsinnigen Belastungen in der nächsten Saison durch weniger Spiele erheblich reduziert werden ...
- Magnus Wislander:
-
Ich gehe mit sehr viel Zuversicht in die neue Saison. Wenn man es ganz krass
betrachtet, dann haben wir mehrere Jahre hintereinander kontinuierlich durchgespielt und kaum eine
Pause gehabt. Es macht mir nach wie vor sehr viel Spaß Handball zu spielen, aber
jeder braucht zwischendurch seine körperliche Entlastung um zu regenerieren. Sonst geht das auf den Akku.
- Zebra:
-
Werden Sie dennoch bei der kommenden Europameisterschaft in
Ihrem Heimatland an den Start gehen?
- Magnus Wislander:
-
Momentan gehe ich davon aus, in Schweden dabei zu sein, wenn bis dahin nichts passiert.
Das wäre für mich dann natürlich ein tolles letztes großes Turnier.
- Zebra:
-
Und wie sehen die weiteren Aussichten für die nächste Saison aus?
- Magnus Wislander:
-
Ich mache mir keine Sorgen um den Verein und die Mannschaft des THW Kiel.
Wir werden wieder in der Lage sein etwas zu erreichen. Ob es uns dann gelingen wird,
steht jedoch jetzt noch in den Sternen. In jedem Fall werden wir wieder
mannschaftlich geschlossen auftreten.