In den Reihen des Aufsteigers aus Wilhelmshaven kämpft am Mittwoch-Abend ein
"neuer Bekannter",
Roman Pungartnik. Der 156-fache slowenische
Nationalspieler erhält für die nächste Saison einen Zwei-Jahres-Vertrag beim
THW bis Sommer 2005. Thomas Fischer (living sports) unterhielt sich mit dem
seit kurzem 32-jährigen sympathischen Linkshänder u.a. über die besondere
Brisanz der Begegnung am Mittwoch und seine Zukunft als neues Mitglied der
Zebraherde.
- Zebra:
-
Sie werden am vorletzten Spieltag gegen Ihren zukünftigen
Arbeitgeber, den THW Kiel, antreten. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in das
Spiel?
- Roman Pungartnik:
-
Es ist schon ein gewisses Kribbeln vorhanden. Ich freue mich auf
das Kieler Publikum. Die Kieler Ostseehalle ist ja stets ausverkauft und es
herrscht dort eine großartige Atmosphäre. Ich hoffe, ich kann mich in dem
Spiel gut präsentieren.
- Zebra:
-
Es ist ja schon eine unangenehme Situation für Sie - wenn
Wilhelmshaven gewinnt, werden Sie in der nächsten Saison wahrscheinlich
nicht im Europapokal dabei sein, andererseits wollen Sie natürlich mit dem
WHV die Klasse halten... Was wäre Ihnen denn lieber?
- Roman Pungartnik:
-
Das ist wahr, es ist schon eine besondere Situation. Dennoch
spiele ich im Moment für Wilhelmshaven und werde natürlich alles daran
setzen, das Spiel für uns zu entscheiden. Wir brauchen die Punkte gegen den
Abstieg und ich bin Sportler und Profi genug, um meinen Vertrag in Kiel für
die nächste Saison außen vor zu lassen. Ich denke, es wird auch niemand
ernsthaft Geschenke von mir erwarten - wenn diese von mir zu erwarten wären,
hätte man mich aus Kieler Sicht wahrscheinlich auch nicht verpflichtet. Es
ist ein Traum für mich, einmal für einen Verein wie den THW Kiel zu spielen,
aber ich werde bis zum letzten Spiel alles für den WHV geben.
- Zebra:
-
Wilhelmshaven konnte gegen den THW noch nie gewinnen, in dieser
Saison war es jedoch bereits zweimal sehr knapp
(DHB-Pokal, 2. Runde: 21:23,
Bundesliga: 29:29). Wie
schätzen Sie Ihre Chancen in der Ostseehalle ein?
- Roman Pungartnik:
-
Das stimmt, die letzten Spiele sind letztendlich recht
unglücklich für uns verlaufen. Gegen eine Spitzenmannschaft wie Kiel muss
man eben 60 Minuten 100 Prozent Leistung bringen, wenn man nur kurze Zeit
unkonzentriert ist, hat man schnell verloren. Aber man hat auch gesehen,
dass wir selbst mit dem THW mithalten können, man muss abwarten, wie wir in
der Ostseehalle abschneiden werden. Wir werden jedenfalls alles geben!
- Zebra:
-
Ihrer Mannschaft wurde als Aufsteiger vor der Saison wenig zugetraut
und der direkte Wiederabstieg vorausgesagt, wonach es bisher jedoch nicht
aussieht. Bundesligatauglichkeit ist in dem Team also durchaus vorhanden.
Wurde das Team unterschätzt?
- Roman Pungartnik:
-
Ja, davon gehe ich aus. Wir spielen momentan ganz ordentlichen
Handball und es wird hoffentlich ausreichen, um die Klasse zu halten. Ich
bin kein Analyst. Mein Job ist Trainieren und Handball spielen. Für mich ist
es normal, alles zu geben, ich möchte schließlich immer gewinnen.
- Zebra:
-
Sie sind erst im letzten Jahr von Ihrem Stammverein Celje nach
Wilhelmshaven gewechselt und wollen den Verein bereits wieder in Richtung
Kiel verlassen. Wie kam es zu dem Wechsel nach Kiel?
- Roman Pungartnik:
-
Im Prinzip war von Anfang an klar, dass ich den Verein nach
einem Jahr wieder verlassen werde, um mich nach einem anderen Verein
umzusehen, ich hatte schließlich auch nur einen Ein-Jahres-Vertrag.
Wilhelmshaven ist nun einmal ein relativ kleiner Verein. Ich hatte, bzw.
habe hier eine gute Zeit, aber jetzt freue ich mich auf eine neue
Herausforderung. Dass ausgerechnet der THW Kiel an mir interessiert war, ist
ein Traum. Da kann man kaum ïNein÷ sagen, ich habe jedenfalls keinen
Augenblick ernsthaft gezögert.
- Zebra:
-
Für das Kieler Publikum sind Sie noch relativ unbekannt. Was kann
man, ihrer Meinung nach, von Ihnen erwarten? Sie wurden bisher als variabel
und torgefährlich beschrieben...
- Roman Pungartnik:
-
Ich denke, das können andere besser beurteilen. Das Publikum
soll mich selber kennen lernen. Eine meiner Stärken ist auf jeden Fall der
absolute Wille zum Sieg.
- Zebra:
-
Und wie schätzen Sie die Schlagfertigkeit des THW Kiel in der
nächsten Saison ein?
- Roman Pungartnik:
-
Der THW wird zu seiner alten Stärke zurückfinden, es ist nur
eine Frage der Zeit. Es werden viele neue Spieler in die Mannschaft zu
integrieren sein, was seine Zeit dauern kann. Allerdings sollten die zwei,
drei Monate Vorbereitung ausreichen, um eine gute Mannschaft zu formen,
dafür ist jeder Spieler Profi genug. Es ist eine gute Kombination aus alten
und jungen Leuten. Ich bin sehr optimistisch und hoffe, dass wir dann in der
übernächsten Saison in der Champions League dabei sein werden.
- Zebra:
-
Haben Sie sich schon nach einer Wohnung in Kiel umgesehen? Wie war
Ihr erster Eindruck von Land und Leuten?
- Roman Pungartnik:
-
Ich stehe in engem Kontakt mit
Noka und
Uwe Schwenker. Nach der
Saison werde ich mich einen Tag lang nach einer Wohnung umsehen. Das ist gar
kein Problem. Mein erster Eindruck von Kiel war sehr gut. Die Stadt gefällt
mir, sie ist wesentlich größer als Wilhelmshaven. Die Leute sind sehr
freundlich, auch die Nähe zum Wasser gefällt mir gut. Ich bin davon
überzeugt, dass ich mich in Kiel sehr wohl fühlen werde.
- Zebra:
-
Und wie sieht es mit Ihrer Familie aus?
- Roman Pungartnik:
-
Die kommt natürlich auch mit. Ich habe eine Frau und eine
sechsjährige Tochter. Die Kleine wird nächstes Jahr eingeschult, sie ist
schon ganz aufgeregt. Ich glaube, wir werden alle gut in Kiel zurecht kommen.
- Zebra:
-
Und wie steht es mit Ihren Deutschkenntnissen? Sie scheinen der
Sprache ja schon recht mächtig zu sein...
- Roman Pungartnik:
-
Danke. Ich spreche eigentlich erst seit 8 Monaten Deutsch, da
ich in der Schule damals nur Englisch gelernt habe - leider. Ich habe ab und
zu noch meine Schwierigkeiten, Deutsch ist keine leichte Sprache. Es geht
jedoch mit jedem Tag besser, ich lerne alleine mit Büchern und im Alltag.
Für Abendkurse oder ähnliches habe ich bei zweimal Training pro Tag kaum
Zeit, bis ich in Kiel bin, werde ich mich hoffentlich weiter verbessert
haben.
- Zebra:
-
Wie lauten abschließend Ihre Ziele für die laufende und vor allem für
die kommende Saison?
- Roman Pungartnik:
-
Für diese Saison ist mein Ziel klar: Wir wollen mit
Wilhelmshaven nicht absteigen. Es ist nicht leicht, sich in der stärksten
Handball-Liga der Welt durchzusetzen, aber gerade deswegen bin ich in
Deutschland. In der nächsten Saison sind meine Ziele sehr ehrgeizig: Ich
möchte Deutscher Meister werden und anschließend in der Champions League
spielen.
(Das Interview führte Thomas Fischer, © 2003 living sports)