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24.05.2003 Interview

KN-Interview mit Olsson: "Wenn es zu schlimm wird, schneide ich die Haare ab"

Wehmütiger Staffan Olsson: Kiel der schönste Abschnitt meiner Karriere

Aus den Kieler Nachrichten vom 24.05.2003:

Magnus Wislander verabschiedete sich 2002 vom THW Kiel, heute schlüpft Staffan Olsson beim Saison-Kehraus in Willstätt (siehe Vorbericht) zum letzten Mal ins Trikot des zehnfachen Handballmeisters. Der 39-jährige Linkshänder kehrt mit Frau Marie und seinen Kindern Hanna und Henrik in seine Heimat nach Schweden zurück.
Eine große Ära endet damit nicht nur beim THW, auch im Welthandball schrieb der Mann mit dem Langhaarschnitt als Markenzeichen Geschichte. Staffan Olsson wurde über 340 Mal in die schwedische Nationalmannschaft berufen, war mehrfach Welt- und Europameister, spielte in Weltauswahlen und feierte mit dem THW vier deutsche Meisterschaften. Für Noka Serdarusic ist Olsson eine Art Lieblingsspieler. Olsson sei genial, intelligent, stets hoch motiviert und habe immer das Wohl der Mannschaft im Sinn, sagt Serdarusic. Sportlich und menschlich sei er für jeden Trainer der Idealfall. Die Kieler Nachrichten sprachen mit Staffan Olsson.
Kieler Nachrichten:
Mit welchen Gefühlen verlassen Sie Kiel?
Staffan Olsson:
Mit sehr viel Wehmut. Sieben Jahre haben wir in Kiel gelebt, insgesamt 13 Jahre in Deutschland. Das ist eine sehr lange und bedeutende Zeit im Leben eines Erwachsenen. Ich fühle und denke fast wie ein Deutscher. Auf der einen Seite freuen wir uns natürlich, nach so langer Zeit zurück zu kehren. Aber Wehmut überwiegt. In unserem Haus in Melsdorf und beim THW haben wir uns sehr wohl gefühlt. Es haben sich Freundschaften auch abseits vom Handball entwickelt. Das war wichtig, gerade für ein Leben im Ausland. Jetzt verlassen wir viele Freunde. In Schweden müssen wir uns neu zurechtfinden.
Kieler Nachrichten:
Wann und wohin führt der Weg zurück?
Staffan Olsson:
Nach Tumba, wenige Kilometer von Stockholm entfernt. Bis Mitte Juli bleiben wir noch in Melsdorf. Unser Haus wird später fertig als geplant, vielleicht erst im August. Dann kriechen wir vermutlich noch ein paar Wochen bei meinen Schwiegereltern unter. Der Vorteil ist: Wir erleben noch einmal die Kieler Woche.
Kieler Nachrichten:
Als Wislander zurückkehrte, musste er viel Trubel erdulden. Sie sind in Schweden ebenfalls populär. Was erwartet Sie?
Staffan Olsson:
Ich hoffe, dass es ruhiger als bei Max wird, aber die Leute sind manchmal schon verrückt. Beim Ski fahren haben mich einige erkannt, obwohl ich Pudelmütze und Schneebrille trug. Wenn es zu schlimm wird, schneide ich meine Haare ab...
Kieler Nachrichten:
Wislander weg, Sie demnächst ebenfalls. Vom oft als genial bezeichneten THW-Trio bleibt nur Stefan Lövgren übrig. Kommt der Klub wieder nach oben?
Staffan Olsson:
Ich glaube dran. Es gibt viele gute Neuzugänge, die erst integriert werden müssen. Aber mit neuer Euphorie könnte die Mannschaft schon im nächsten Jahr wieder vorn mitspielen. Spätestens in zwei, drei Jahren ist der THW aus meiner Sicht wieder top. Die Zuschauer werden sich bis dahin zwar auf einige verrückte Spiele gefasst machen müssen, aber unser Trainer wird das schon hinbekommen.
Kieler Nachrichten:
Sie haben einen Einjahresvertrag beim schwedischen Erstligisten Hammarby IF plus Option auf ein weiteres Jahr unterschrieben. Welche sportlichen Ziele setzt man sich mit 39 Jahren?
Staffan Olsson:
Man kann Hammarby nicht mit RIK Göteborg vergleichen, die mit Wislander gerade Meister geworden sind. Im Team sind aber drei, vier gute Nachwuchsspieler. Vielleicht kann ich so eine Art Leitfigur werden. Es wird auf alle Fälle eine neue Erfahrung, einigen der Jungs könnte ich der Vater sein. Ich will fit bleiben und Spaß haben.
Kieler Nachrichten:
Und die schwedische Nationalmannschaft?
Staffan Olsson:
Trainer Bengt Johannsson hat mich von den Trainingslagern frei gestellt. Wenn ich gesund bleibe, schließe ich weitere Einsätze nicht aus. Im Herbst wollen wir über meine Zukunft sprechen.
Kieler Nachrichten:
2002 sind Sie mit dem THW Meister geworden, die letzte Saison war sehr durchwachsen. Bereuen Sie es, dass Sie nicht zusammen mit Wislander gegangen sind?
Staffan Olsson:
Nein, auf keinen Fall. Wir haben beim THW in dieser Saison wohl alle Fehler gemacht, Verletzungspech kam ebenfalls hinzu, auch bei mir. Aber als Sportler lernt man mehr aus Misserfolgen als aus den schönen Dingen. Man weiß dann zum Beispiel, wer wirklich ein Freund ist. Diese Erfahrung war wertvoll und dürfte vor allem den jüngeren Spielern im Team ein Lehrstück gewesen sein.
Kieler Nachrichten:
Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?
Staffan Olsson:
Ich werde erst einmal Handball spielen, danach möchte ich gerne bei der Sportart bleiben. Trainer allerdings aus heutiger Sicht nicht, eher im Management. Sponsoren von Hammarby haben mir zudem Perspektiven aufgezeigt. Ich bin locker und zuversichtlich.
Kieler Nachrichten:
Was hat Kiel Ihnen bedeutet?
Staffan Olsson:
Als ich mit 32 Jahren beim THW anfing, hätte ich nicht zu träumen gewagt, noch sieben Jahre zu bleiben. Jetzt weiß ich: Kiel war der schönste und wichtigste Abschnitt meiner Karriere.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 24.05.2003)


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