06.09.2003 | Mannschaft |
Martin Boquist: Bei Schwedens Fans schon lange eine große Nummer. |
Ein paar Wochen danach wusste auch der letzte zweifelnde Handball-Kieler, dass dem THW ein ganz dicker Fisch ins Netz gegangen war. Im Pokalsieger-Halbfinale gegen den Bundesliga-Dominator TBV Lemgo schockte Redbergslids IK die siegessicheren Deutschen (siehe Bericht Hinspiel und Bericht Rückspiel). Göteborg gewann zweimal, Lemgo ging k.o. Überragender Spieler auf dem Parkett? Genau - Martin Boquist. Der 111-fache Nationalspieler glänzte als Torschütze und Anspieler. Rückblickend hebt er beide Arme in die Höhe. Eine Art Selbstschutz. Man solle nicht glauben, dass ihm das an jedem Tag gelänge, sagt er. "Vielleicht waren das meine bisher besten Spiele überhaupt." Boquist Taten in Zahlen: 28 Wurfversuche, 26 Tore.
Schwedens Presse und die Macher der "Eliteserien" verabschiedeten ihren Jungstar mit Superlativen. Nach dem vierten Gewinn der Torjägerkrone wird er als "notorischer Torschütze" beschrieben, "Expressen" nennt Boquist den "Mann aus Stahl", niemals krank oder verletzt. Boquist habe sich sowohl bei RIK als auch in der Nationalmannschaft zu einem Leistungsträger von internationalem Format entwickelt, urteilt eine Jury. Der ehemalige Soziologie-Student wird zum "Mann des Jahres" gekürt und als "wichtigster Spieler der Liga" nach Deutschland entlassen.
In Schweden gewann Martin Boquist viermal die Torjägerkrone. THW-Coach Noka Serdarusic sieht ihn trotzdem nicht als echten Torjäger: "Für mich ist Martin mehr Stratege und Mittelmann." |
Freund Martin fand wegen der Saison-Vorbereitung noch nicht einmal Muße für seine Hobbys. Golf spielen, eine spezielle schwedische Leidenschaft, gehört dazu, ebenso wie das Beschäftigen mit Politik und Bücher lesen. Nicht von ungefähr nennen ihn seine Mitspieler "boken". Übersetzt heißt das "Buch". Einstein ist ein weiterer "Spitzname". Es zeugt von gewisser Hochachtung für seinen Intellekt. Aber auch das ist dem zurückhaltenden Schweden zuviel der Ehre. "Klar, ich bin eher ein Kopf- als ein Bauchmensch", räumt er ein, "mehr aber nicht."
Boquist war schon als Kind Sportbesessener. Fußball, Floorball, Tischtennis, Tennis. Er machte fast alles mit. Als Zehnjähriger siebte er Handball als Favoriten heraus. Beim Göteborger Klub HP Warta durchlief er fortan alle Altersstufen und feierte Jahrgang für Jahrgang schwedische Meisterschaften. 16- jährig wurde er in die Seniorenmannschaft geholt, stieg mit Warta in die Erste Liga auf und wechselte 1998 zum schwedischen Nummer-Eins-Klub Redbergslids. Drei schwedische Meisterschaften sammelte Boquist mit RIK, dass deutsche hinzukommen, daran glaubt er fest. "Wir haben viele Siegertypen", sagt er.
Beim THW hat sich Martin Boquist das Trikot mit der Nummer 19 ausgesucht. Staffan Olsson war letzter Inhaber. Also doch große Fußstapfen, in die er treten möchte? "Nein", schmunzelt der Schwede ein weiteres Mal. "Die 19 habe ich schon in Göteborg getragen. Ich will sie nur behalten."
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 05.09.2003)
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