Die Kieler Fans waren es jahrelang gewohnt, dass der THW auf Platz eins
der Bundesliga-Tabelle steht. Zuletzt
war dies am 25. Mai 2002 der Fall gewesen, verbunden mit dem Gewinn der 10. Deutschen Meisterschaft.
Am 1. Oktober 2003 ist der THW wieder ganz oben, mit einer neuformierten Mannschaft. "Das sieht super aus",
sagt Nationaltorhüter
Henning Fritz bei
Sport1. "Aber: Jetzt geht die Saison erst richtig los."
Sechster Sieg in Folge
In Kiel wird die Euphorie von Spiel zu Spiel größer.
Nach dem schwer erkämpften
24:24 am ersten Spieltag in
Großwallstadt hat das Team von Trainer
Noka Serdarusic zum Siegeszug angesetzt.
Das souveräne 32:24 am Mittwoch gegen GWD Minden
war der sechste Erfolg in Folge. Die Belohnung: die
Tabellenführung.
Team im Umbruch
Eine unerwartete Situation. Schließlich ist die Mannschaft im Umbruch (sieben Spieler gingen, fünf kamen),
und in
Stefan Lövgren (Fußverletzung) fehlt dem THW-Spiel seit Wochen der "Kopf".
"Wir haben aus unseren Möglichkeiten das Beste gemacht", meint
Henning Fritz im Gespräch mit
Sport1. "Die
Mannschaft harmoniert immer besser. Aber die Tabellenführung darf man nicht überbewerten. Wir hatten ein
relativ leichtes Programm. Die echten Bewährungsproben kommen erst noch."
Fritz mahnt
Fritz bleibt Realist. Der "neue Hexer" weiß, dass das Kieler Spiel noch nicht rund läuft. Der 29-Jährige
mahnt: "Selbst gegen Minden muss man mit unseren Ansprüchen höher gewinnen. Wir haben zu viele technische
Fehler gemacht, und waren in der Deckung nicht aggressiv genug. Das rächt sich gegen stärkere Gegner."
Deswegen hält er auch von der Euphorie, die gerade die Fans erleben, wenig. "Wir haben sicher sehr gute
Neuverpflichtungen, aber das braucht Zeit. Ob wir wirklich ganz oben mitspielen können, werden erst die
nächsten Wochen zeigen."
Höhere, europäische Ansprüche
Die Übernahme der Tabellenspitze war ein erstes Zeichen an die Konkurrenz. Manager
Uwe Schwenker und Trainer
Noka Serdarusic haben aber ein Team zusammengestellt, dass erst in den nächsten Jahren höchsten Ansprüchen
genügen soll - dann aber europäischen.
Mit
Marcus Ahlm (25) und
Martin Boquist (26) wurden zwei schwedische Nationalspieler geholt, die ihre beste
Zeit noch vor sich haben dürften.
Kim Andersson, das vielleicht größte Talent im rechten Rückraum weltweit,
verstärkt die Schweden-Clique in Kiel in der nächsten Saison.
Zwei deutsche Nationalspieler in Kiel
Zudem wurden mit
Christian Zeitz (22) und
Adrian Wagner (25) zwei deutsche Nationalspieler mit Perspektive
geholt. Der Slowene Roman Pungartnik ist im Vergleich mit seinen 32 Jahren schon ein "alter Hase".
Fritz bleibt gerade wegen des stattfindenden Umbruchs zurückhaltend. "Ich lasse mich von der
Tabellensituation nicht blenden. Wir können mit dem Erreichten zufrieden sein. Aber mehr noch nicht. Wir
hatten noch nicht die Gratmesser wie Magdeburg oder Nordhorn. "
Hoffen auf Lövgren-Rückkehr
Die Außenseiterrolle aber gefällt
Fritz. Und der Nationaltorhüter weiß auch: "Wir sind auf einem guten Weg.
Wichtig ist, dass
Stefan Lövgren bald zurückkommt. Dann können jeden schlagen mit dieser Mannschaft."
Der schwedische Nationalspieler und ehemalige Welthandballer allerdings wird dem THW am Sonntag im Duell der
Erzrivalen bei Meister Lemgo fehlen.
Neues Selbstbewusstsein
Fritz hat großen Respekt vor dem TBV. "Ein angeschlagener Riese ist am gefährlichsten. Wir müssen
konzentrierter spielen als gegen Minden. Sonst werden wir überrollt."
Und doch strahlt
Fritz
schon das neue Kieler Selbstbewusstsein aus: "Der TBV ist nicht mehr unschlagbar. Wir
reisen nach Lemgo, um zu gewinnen."
(Von Michael Schwartz, © 2003 Sport1)