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01.11.2003 Mannschaft / Nationalmannschaften

Kieler Nachrichten: Schwedens Erfolgsrezept: Alt hilft Jung

Aus den Kieler Nachrichten vom 01.11.2003:

Leipzig - Stefan Lövgren hat beim Vorrundenspiel des Handball-Supercups gegen Russland zwei Platzreihen hinter der schwedischen Spielerbank Platz genommen. Zwar trägt der 32-Jährige den gelbblauen Trainingsanzug, aktiv greift er nach dreimonatiger Verletzungspause aber nicht ein, Lövgren schont sich. Wichtige Dienste leistet der Routinier dennoch. Der Kapitän gibt das "Sorgentelefon". THW-Mitspieler Martin Boquist hastet zu ihm, holt sich Rat, wenig später winkt "Löwe" dem jungen Joacim Ernstsson zu, gestikulierend erklärt er einen Spielzug.
Alt hilft Jung, lautet das Erfolgsrezept. Nachdem WM-Absturz vom Januar in Portugal, als Schweden die Konkurrenz völlig überraschend weit vor sich hertrieb, hatten viele "Experten" Bengt Johannssons Auswahl als Auslaufmodell bereits abgeschrieben. Zu früh. Beim Supercup präsentieren die Skandinavier ihren neuen Anzug aus erfahrenen Spielern und Jungspunden. Eine erfolgreiche Mixtur, wie die Vorrundensiege über Deutschland und Russland dokumentieren.

Auf dem Weg zu neuen Ufern mag Schwedens Trainer auch noch nicht auf die ehemaligen 39-jährigen Kieler Staffan Olsson und Magnus Wislander verzichten. "Ich habe beide fest auf meiner Rechnung", betont Schwedens lebende Trainerlegende. Diese machen das Spiel mit. "Sogar mit großem Vergnügen", wie Olsson mit fester Stimme betont. Johannsson vertraut einem sanften Umbruch. "Talente gibt es bei uns wie Sand am Meer", sagt Wislander, "wir müssen sie nur geduldig an höhere Aufgaben heranführen". Fortschritte sind deutlich sichtbar. Beim Supercup werden die frisch mit Junioren-WM-Gold dekorierten Kim Andersson, Jonas Larholm (beide Sävehof) und Joacim Ernstsson (Redbergslids) bereits in Schlüsselpositionen gesteckt. Die 21-Jährigen rechtfertigten das Trainervertrauen. Gleiches gilt für Jonas Källman (22, Ciudad Real) oder Sebastian Seifert (23, Kolding). "Unsere Jungen sorgen für Druck und schnelles Spiel", sagt Stefan Lövgren. "Und wenn sie den Faden verlieren, nehmen die Alten die Zügel in die Hand - bis Ruhe eingekehrt ist."

Auch taktisch überraschten die Skandinavier. So sorgten die "Erfinder" der 6:0-Deckung mit einer offensiv ausgerichteten aggressiven 5:l-Deckung lange für Verwirrung im deutschen Team. Damit habe er nicht gerechnet", wunderte sich Bundestrainer Heiner Brand. Die Rollenverteilung im neuen Abwehrverbund ist klar geregelt. Wislander habe in der 6:0-Deckung das Sagen, erklärt Johannsson, "Marcus Ahlm führt die 5:1-Abwehr."

Die "Alten" bleiben mindestens noch bis zur Europameisterschaft in Slowenien eingebunden, glückt dabei die Qualifikation für Athen, werden Wislander und Olsson einen letzten Griff nach Olympiagold unternehmen. Danach überlassen sie den Jungen endgültig das Feld.

Und die gute Nachricht für THW-Anhänger: Schwedens absehbare Rückkehr in die Weltspitze schwappt über die Ostsee auch nach Kiel hinüber: Entweder tragen wichtige Bausteine von Johannssons Zukunftsmodell bereits THW-Trikots (Lövgren, Pettersson, Ahlm, Boquist, Mattias Andersson), ziehen das schwarz-weiße Tuch 2004 definitiv über (Kim Andersson) oder stehen dick unterstrichen auf dem Wunschzettel (Larholm).

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.11.2003)


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