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23.05.2004 Interview

Christian Zeitz im Zebra-Interview: "Viel gelernt"

Christian Zeitz.
Klicken Sie für weitere Infos! Christian Zeitz.
Während im TUI-ReiseCenter an der Waldwiese die Hochsaison anläuft, träumt Christian Zeitz bereits vom eigenen Urlaub. Der Auszubildende der ZebraReisen GmbH hat seine erste Saison im Dress des Handball-Bundesligisten THW Kiel fast hinter sich. Heute noch einmal 60 Minuten gegen die SG Kronau/Östringen und am kommenden Dienstag das All-Star-Game in Braunschweig, dann hat es Zeitz geschafft: zwei Wochen Urlaub statt Doppelbelastung im Reisebüro und auf dem Handballplatz. Für sieben Tage geht es ab in der Türkei, anschließend eine Woche nach Ibiza. Ausspannen und neue Kraft tanken ist nach dieser langen Saison dringend nötig. Doch die Pause ist kurz. Die nächste Reise steht schon fest auf dem Programm. Vom 14. bis zum 29. August werden in Griechenland die olympischen Sommerspiele ausgetragen, Europameister Zeitz hat sein Ticket für Athen schon fast sicher in der Tasche. Seine endgültige Nominierung wird Bundestrainer Brand in der anstehenden Vorbereitung bekanntgeben. ZEBRA sprach mit Christian Zeitz über seine Premieren-Saison in Kiel und den Traum vom olympischen Gold.
Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Zebra:
Der wohlverdiente Urlaub steht an...
Christian Zeitz:
Das kann man wohl sagen. Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt richtigen Urlaub gemacht habe. Im vergangenen Jahr waren es höchsten vier oder fünf Tage, an denen ich ohne Handball-Berührungen war.
Zebra:
War es auch für einen jungen Sportler wie Dich eine lange Saison?
Christian Zeitz:
Extrem lang. Im Jahr zuvor habe ich noch in der zweiten Bundesliga gespielt. Diesen permanenten Spielrhythmus Samstag - Mittwoch - Samstag war ich nicht gewöhnt. Wir hatten damals auch mal eine Woche frei. Jetzt kamen neben der Bundesliga-Belastung auch noch die Spiele im EHF-Pokal und mit der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft hinzu. Es war meine bislang längste Saison.
Zebra:
Welche weiteren wesentlichen Unterschiede hast Du zwischen der ersten und der zweiten Liga ausgemacht?
Christian Zeitz:
Sportlich wird eine Partie in der ersten Liga nicht schon nach 30 Minuten entschieden, sondern kann auch nach 45 oder 50 Minuten noch kippen. Hier muss man über die gesamten 60 Minuten konzentriert spielen. Zudem ist die Vorbereitung sehr wichtig. Jetzt schauen wir anderthalb Stunden Video, vorher waren es auch schon mal nur zehn Minuten.
Zebra:
Von Beginn an konnte man den Eindruck haben, Du hättest nie woanders als beim THW Kiel gespielt, Dein Selbstbewusstsein im Spiel schien unheimlich groß. Warum?
Christian Zeitz:
Weil ich einfach gut von der Mannschaft und dem Umfeld aufgenommen wurde. Und wenn das so ist, hat man auch keine Probleme, gut mitzuspielen und seinen Mann zu stehen. Zudem habe ich mir immer gesagt, es gibt noch einen anderen Spieler auf der halbrechten Position, der auch weiß, wie es geht, falls es bei mir mal nicht so gut laufen sollte. Schließlich ist Roman (Pungartnik, Anm. d. Red.) schon ein bisschen länger im Geschäft.
Zebra:
Wie fällt Dein Fazit nach dem ersten Jahr im THW-Trikot aus?
Christian Zeitz:
Ich bin zufrieden, denn ich denke, insgesamt nicht schlecht gespielt zu haben. Ein paar Spiele war ich zwar völlig von der Rolle, aber das ist wohl verkraftbar. Von Noka (Serdarusic, Anm. d. Red.) habe ich sehr viel gelernt.
Zebra:
Was im besonderen?
Christian Zeitz:
... dass es mehr als nur Angriff gibt. Auch die Abwehr ist entscheidend für den Erfolg.
Zebra:
Kamen Dir Deine Erfahrungen aus der Nationalmannschaft zugute, Dich hier in Kiel zu etablieren?
Christian Zeitz:
In Östringen war ich stets der Mann, der alles rausreißen musste, der Haupttorschütze. In der Nationalmannschaft war ich zunächst nur Mitläufer und schaute mir an, wie es geht. Da war der Schritt nach Kiel nicht mehr groß.
Zebra:
Erinnerst Du Dich an den Moment, als Du vom Interesse des THW erfahren hast?
Christian Zeitz:
Mein Spielerberater teilte mir das mit. Das war schon ein sehr positives Gefühl, schließlich ist es nicht immer der Fall, das jemand aus der zweiten Liga direkt zum THW Kiel wechselt. Für mich kam das Angebot daher überraschend. Ich habe sofort gesagt: Egal was die anderen bieten, ich will zum THW! Der THW Kiel hat sich dann anschließend auch am meisten um mich bemüht, mich bereits vor dem Vertragsschluss in die Ostseehalle eingeladen und mir offen meine Möglichkeiten präsentiert.
Zebra:
Und wie war es dann, erstmals in die ausverkaufte Ostseehalle einzulaufen?
Christian Zeitz:
Das war anläßlich des Abschiedsspiels von Staffan Olsson. Und das war schon ein geiles Gefühl - 10000 Zuschauer, die ganzen Lichter. Ich war sehr stolz, das THW-Trikot anzuhaben. Zu Beginn spielte zunächst noch Staffan Olsson auf meiner Position und ich hatte so wenigstens noch eine halbe Stunde Zeit, mich auf meinen ersten Einsatz vor dieser Kulisse vorzubereiten.
Zebra:
Brauchst Du das heute nicht mehr?
Christian Zeitz:
Ich bin erfahrener geworden und habe gelernt, damit umzugehen. Heute konzentriere ich mich auf das Spiel, nicht auf das Publikum. Bei meinem ersten Auftritt verwarf ich gleich einen Konter... Aber das ist heute wohl verziehen und ich habe hoffentlich gezeigt, dass ich Handball spielen kann.
Zebra:
Auf der Pressekonferenz zur Saisoneröffnung wurden neben den fünf Neuzugängen auch die neuen Ziele formuliert: In der Spielzeit 2003/04 den Umbruch vollziehen, den Erfolg langfristig anvisieren. Nun habt Ihr den EHF-Pokal gewonnen und könnt die Saison heute als Deutscher Vizemeister beenden. Klingen die damals ausgegebenen Ziele da im Nachhinein nicht ein wenig tief gestapelt?
Christian Zeitz:
Ich denke nicht, denn diese Ziele waren realistisch. Es stimmt ja auch, dass der THW Kiel langfristig mit dieser Mannschaft wieder ganz oben stehen will. Es war nicht eingeplant, in diesem Jahr schon die Champions League Qualifikation zu schaffen und EHF-Pokalsieger zu werden. Der Erfolg kam für uns alle ein wenig überraschend, ist aber natürlich ein toller Einstand für diese neue Mannschaft. Im übrigen sah es vor der EM-Pause Ende Dezember ja auch gar nicht mal so gut für uns aus, erst nach der Europameisterschaft haben wir mal eben zehn Spiele in Folge gewonnen...
Zebra:
Zum Abschluss der Saison kommt Dein Ex-Klub Kronau/Östringen in die Ostseehalle. Und ausgerechnet den könntest Du heute nachmittag mit Deinen Toren zurück in die zweite Liga schießen.
Christian Zeitz:
So denke ich nicht. Sie hatten 33 Spieltage lang Zeit genug, die benötigten Punkte für den Klassenerhalt zu holen. Sie hatten so viele Chancen, die sie oftmals leichtfertig vergeben haben - dafür kann ich nichts. Jetzt brauchen sie nicht darauf zu hoffen, ausgerechnet am letzten Spieltag beim THW Kiel zu gewinnen. Da bin ich Profi genug.
Zebra:
Kronau/Östringen hat in den kommenden Jahren viel vor und will unter die Top Sechs der Bundesliga. Ein zu hohes Ziel für einen potentiellen Absteiger?
Christian Zeitz:
Wenn der SAP-Konzern tatsächlich dort einsteigt, ist das machbar, wenn sie das Projekt richtig angehen.
Zebra:
Weil Geld am Ende doch Tore wirft?
Christian Zeitz:
Man muss schon eine passende Mannschaft formen, und das werden sie in Kronau/Östringen schon hinbekommen. Geld erleichtert viel, aber der Teamgeist ist ausschlaggebend. Dafür ist der THW Kiel das beste Beispiel.
Zebra:
Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür, die Nationalmannschaft ruft. Allzu lang wird Deine handballfreie Zeit auch in diesem Sommer nicht werden.
Christian Zeitz:
Das ist wahr. Am 21. Juni treffen wir uns bereits wieder in Köln zu Vorbereitung auf Athen. Wir Nationalspieler haben also gut einen Monat weniger Urlaub als alle anderen. Wenn wir aus Athen wieder da sind, bleibt uns eine Woche Zeit, um uns mit unseren Vereinsmannschaften einzuspielen, dann geht die Bundesliga schon wieder los.
Zebra:
Hast Du Dein Athen-Ticket schon fest gebucht?
Christian Zeitz:
Ich weiß es nicht. Die Nominierungen wird Bundestrainer Heiner Brand erst nach der Vorbereitung endgültig aussprechen. Man kann sich nie sicher sein. Wenn man sich zwischendurch verletzt, ist die Sache eh gelaufen.
Zebra:
Was bedeuten die Olympischen Spiele für Dich?
Christian Zeitz:
Das ist ein Traum für jeden Sportler. Nicht, weil es allein um die eigenen olympischen Wettbewerbe geht, sondern weil man andere Sportler aus aller Welt trifft und es nicht allein um die Disziplin "Handball" geht. Es muss ein großartiges Erlebnis sein, dort mittendrin dabei zu sein.
Zebra:
Besonders reizvoll werden die bevorstehenden Wettbewerbe für die deutschen Handballer aber natürlich auch deswegen, da Ihr zu den großen Gold-Favoriten zählt.
Christian Zeitz:
Das wird zwar so allerorts behauptet, aber es wird wie bei jeder anderen Welt- oder Europameisterschaft auch: Es wird zum einen von der Tagesform, zum anderen aber auch von einem günstigen Turnierverlauf abhängen. Doch zu gewinnen, ist immer das Ziel. Und ein Sieg bei den Olympischen Spielen wäre zweifelsohne etwas besonderes.
Zebra:
Welche Gedanken gehen Dir durch den Kopf, wenn Du an die Olympischen Spiele denkst?
Christian Zeitz:
Die Vorfreude ist groß, auch wenn man immer wieder hört, die Sportstätten seien noch nicht fertig und würden auch nicht mehr fertig werden. Was man von den anderen Spielern wie zum Beispiel Pitti (Klaus-Dieter Petersen, Anm. d. Red.) hört, müssen die Olympischen Spiele das Größte sein, was einem als Sportler passieren kann.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", das Gespräch führte Sascha Klahn für living sports)


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