Während im TUI-ReiseCenter an der Waldwiese die Hochsaison anläuft, träumt
Christian Zeitz bereits vom eigenen Urlaub.
Der Auszubildende der ZebraReisen GmbH hat seine erste
Saison im Dress des Handball-Bundesligisten THW Kiel fast hinter sich. Heute noch einmal
60 Minuten gegen die SG Kronau/Östringen und am kommenden Dienstag das All-Star-Game in
Braunschweig, dann hat es
Zeitz geschafft: zwei Wochen Urlaub statt Doppelbelastung im
Reisebüro und auf dem Handballplatz. Für sieben Tage geht es ab in der Türkei,
anschließend eine Woche nach Ibiza. Ausspannen und neue Kraft tanken ist nach dieser
langen Saison dringend nötig. Doch die Pause ist kurz. Die nächste Reise steht schon fest
auf dem Programm. Vom 14. bis zum 29. August werden in Griechenland die olympischen
Sommerspiele ausgetragen, Europameister
Zeitz hat sein Ticket für Athen schon fast sicher
in der Tasche. Seine endgültige Nominierung wird Bundestrainer Brand in der anstehenden
Vorbereitung bekanntgeben. ZEBRA sprach mit
Christian Zeitz über seine Premieren-Saison
in Kiel und den Traum vom olympischen Gold.
Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
- Zebra:
-
Der wohlverdiente Urlaub steht an...
- Christian Zeitz:
-
Das kann man wohl sagen. Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt richtigen Urlaub gemacht
habe. Im vergangenen Jahr waren es höchsten vier oder fünf Tage, an denen ich ohne
Handball-Berührungen war.
- Zebra:
-
War es auch für einen jungen Sportler wie Dich eine lange Saison?
- Christian Zeitz:
-
Extrem lang. Im Jahr zuvor habe ich noch in der zweiten Bundesliga gespielt. Diesen
permanenten Spielrhythmus Samstag - Mittwoch - Samstag war ich nicht gewöhnt. Wir hatten
damals auch mal eine Woche frei. Jetzt kamen neben der Bundesliga-Belastung auch noch die
Spiele im EHF-Pokal und mit der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft hinzu. Es
war meine bislang längste Saison.
- Zebra:
-
Welche weiteren wesentlichen Unterschiede hast Du zwischen der ersten und der zweiten
Liga ausgemacht?
- Christian Zeitz:
-
Sportlich wird eine Partie in der ersten Liga nicht schon nach 30 Minuten entschieden,
sondern kann auch nach 45 oder 50 Minuten noch kippen. Hier muss man über die gesamten 60
Minuten konzentriert spielen. Zudem ist die Vorbereitung sehr wichtig. Jetzt schauen wir
anderthalb Stunden Video, vorher waren es auch schon mal nur zehn Minuten.
- Zebra:
-
Von Beginn an konnte man den Eindruck haben, Du hättest nie woanders als beim THW Kiel
gespielt, Dein Selbstbewusstsein im Spiel schien unheimlich groß. Warum?
- Christian Zeitz:
-
Weil ich einfach gut von der Mannschaft und dem Umfeld aufgenommen wurde. Und wenn das so
ist, hat man auch keine Probleme, gut mitzuspielen und seinen Mann zu stehen. Zudem habe
ich mir immer gesagt, es gibt noch einen anderen Spieler auf der halbrechten Position,
der auch weiß, wie es geht, falls es bei mir mal nicht so gut laufen sollte. Schließlich
ist
Roman (Pungartnik,
Anm. d. Red.) schon ein bisschen länger im Geschäft.
- Zebra:
-
Wie fällt Dein Fazit nach dem ersten Jahr im THW-Trikot aus?
- Christian Zeitz:
-
Ich bin zufrieden, denn ich denke, insgesamt nicht schlecht gespielt zu haben. Ein paar
Spiele war ich zwar völlig von der Rolle, aber das ist wohl verkraftbar. Von
Noka
(Serdarusic, Anm. d. Red.) habe ich sehr viel gelernt.
- Zebra:
-
Was im besonderen?
- Christian Zeitz:
-
... dass es mehr als nur Angriff gibt. Auch die Abwehr ist entscheidend für den Erfolg.
- Zebra:
-
Kamen Dir Deine Erfahrungen aus der Nationalmannschaft zugute, Dich hier in Kiel zu
etablieren?
- Christian Zeitz:
-
In Östringen war ich stets der Mann, der alles rausreißen musste, der Haupttorschütze. In
der Nationalmannschaft war ich zunächst nur Mitläufer und schaute mir an, wie es geht. Da
war der Schritt nach Kiel nicht mehr groß.
- Zebra:
-
Erinnerst Du Dich an den Moment, als Du vom Interesse des THW erfahren hast?
- Christian Zeitz:
-
Mein Spielerberater teilte mir das mit. Das war schon ein sehr positives Gefühl,
schließlich ist es nicht immer der Fall, das jemand aus der zweiten Liga direkt zum THW
Kiel wechselt. Für mich kam das Angebot daher überraschend. Ich habe sofort gesagt: Egal
was die anderen bieten, ich will zum THW! Der THW Kiel hat sich dann anschließend auch am
meisten um mich bemüht, mich bereits vor dem Vertragsschluss in die Ostseehalle
eingeladen und mir offen meine Möglichkeiten präsentiert.
- Zebra:
-
Und wie war es dann, erstmals in die ausverkaufte Ostseehalle einzulaufen?
- Christian Zeitz:
-
Das war anläßlich des Abschiedsspiels von
Staffan Olsson. Und das war schon ein geiles
Gefühl - 10000 Zuschauer, die ganzen Lichter. Ich war sehr stolz, das THW-Trikot
anzuhaben. Zu Beginn spielte zunächst noch
Staffan Olsson auf meiner Position und ich
hatte so wenigstens noch eine halbe Stunde Zeit, mich auf meinen ersten Einsatz vor
dieser Kulisse vorzubereiten.
- Zebra:
-
Brauchst Du das heute nicht mehr?
- Christian Zeitz:
-
Ich bin erfahrener geworden und habe gelernt, damit umzugehen. Heute konzentriere ich
mich auf das Spiel, nicht auf das Publikum. Bei meinem ersten Auftritt verwarf ich gleich
einen Konter... Aber das ist heute wohl verziehen und ich habe hoffentlich gezeigt, dass
ich Handball spielen kann.
- Zebra:
-
Auf der Pressekonferenz zur Saisoneröffnung wurden neben den fünf Neuzugängen auch die
neuen Ziele formuliert: In der Spielzeit 2003/04 den Umbruch vollziehen, den Erfolg
langfristig anvisieren. Nun habt Ihr den EHF-Pokal gewonnen und könnt die Saison heute
als Deutscher Vizemeister beenden. Klingen die damals ausgegebenen Ziele da im Nachhinein
nicht ein wenig tief gestapelt?
- Christian Zeitz:
-
Ich denke nicht, denn diese Ziele waren realistisch. Es stimmt ja auch, dass der THW Kiel
langfristig mit dieser Mannschaft wieder ganz oben stehen will. Es war nicht eingeplant,
in diesem Jahr schon die Champions League Qualifikation zu schaffen und EHF-Pokalsieger
zu werden. Der Erfolg kam für uns alle ein wenig überraschend, ist aber natürlich ein
toller Einstand für diese neue Mannschaft. Im übrigen sah es vor der EM-Pause Ende
Dezember ja auch gar nicht mal so gut für uns aus, erst nach der Europameisterschaft
haben wir mal eben zehn Spiele in Folge gewonnen...
- Zebra:
-
Zum Abschluss der Saison kommt Dein Ex-Klub Kronau/Östringen in die Ostseehalle. Und
ausgerechnet den könntest Du heute nachmittag mit Deinen Toren zurück in die zweite Liga
schießen.
- Christian Zeitz:
-
So denke ich nicht. Sie hatten 33 Spieltage lang Zeit genug, die benötigten Punkte für
den Klassenerhalt zu holen. Sie hatten so viele Chancen, die sie oftmals leichtfertig
vergeben haben - dafür kann ich nichts. Jetzt brauchen sie nicht darauf zu hoffen,
ausgerechnet am letzten Spieltag beim THW Kiel zu gewinnen. Da bin ich Profi genug.
- Zebra:
-
Kronau/Östringen hat in den kommenden Jahren viel vor und will unter die Top Sechs der
Bundesliga. Ein zu hohes Ziel für einen potentiellen Absteiger?
- Christian Zeitz:
-
Wenn der SAP-Konzern tatsächlich dort einsteigt, ist das machbar, wenn sie das Projekt
richtig angehen.
- Zebra:
-
Weil Geld am Ende doch Tore wirft?
- Christian Zeitz:
-
Man muss schon eine passende Mannschaft formen, und das werden sie in Kronau/Östringen
schon hinbekommen. Geld erleichtert viel, aber der Teamgeist ist ausschlaggebend. Dafür
ist der THW Kiel das beste Beispiel.
- Zebra:
-
Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür, die Nationalmannschaft ruft. Allzu lang wird
Deine handballfreie Zeit auch in diesem Sommer nicht werden.
- Christian Zeitz:
-
Das ist wahr. Am 21. Juni treffen wir uns bereits wieder in Köln zu Vorbereitung auf
Athen. Wir Nationalspieler haben also gut einen Monat weniger Urlaub als alle anderen.
Wenn wir aus Athen wieder da sind, bleibt uns eine Woche Zeit, um uns mit unseren
Vereinsmannschaften einzuspielen, dann geht die Bundesliga schon wieder los.
- Zebra:
-
Hast Du Dein Athen-Ticket schon fest gebucht?
- Christian Zeitz:
-
Ich weiß es nicht. Die Nominierungen wird Bundestrainer Heiner Brand erst nach der
Vorbereitung endgültig aussprechen. Man kann sich nie sicher sein. Wenn man sich
zwischendurch verletzt, ist die Sache eh gelaufen.
- Zebra:
-
Was bedeuten die Olympischen Spiele für Dich?
- Christian Zeitz:
-
Das ist ein Traum für jeden Sportler. Nicht, weil es allein um die eigenen olympischen
Wettbewerbe geht, sondern weil man andere Sportler aus aller Welt trifft und es nicht
allein um die Disziplin "Handball" geht. Es muss ein großartiges Erlebnis sein, dort
mittendrin dabei zu sein.
- Zebra:
-
Besonders reizvoll werden die bevorstehenden Wettbewerbe für die deutschen Handballer
aber natürlich auch deswegen, da Ihr zu den großen Gold-Favoriten zählt.
- Christian Zeitz:
-
Das wird zwar so allerorts behauptet, aber es wird wie bei jeder anderen Welt- oder
Europameisterschaft auch: Es wird zum einen von der Tagesform, zum anderen aber auch von
einem günstigen Turnierverlauf abhängen. Doch zu gewinnen, ist immer das Ziel. Und ein
Sieg bei den Olympischen Spielen wäre zweifelsohne etwas besonderes.
- Zebra:
-
Welche Gedanken gehen Dir durch den Kopf, wenn Du an die Olympischen Spiele denkst?
- Christian Zeitz:
-
Die Vorfreude ist groß, auch wenn man immer wieder hört, die Sportstätten seien noch
nicht fertig und würden auch nicht mehr fertig werden. Was man von den anderen Spielern
wie zum Beispiel
Pitti (Klaus-Dieter Petersen,
Anm. d. Red.) hört, müssen die Olympischen
Spiele das Größte sein, was einem als Sportler passieren kann.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", das Gespräch führte Sascha Klahn für living sports)