Aus den Kieler Nachrichten vom 26.08.2004:
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Hoch lebe Henning Fritz:
Mit seinen Paraden rettete der Kieler Keeper die Chance auf einen deutschen
Olympiasieg.
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Mit
Henning Fritz, Torwart der deutschen Handballer,
sprach KN-Redakteur Gerhard Müller.
- Kieler Nachrichten:
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Wie geht's am Tag danach?
- Henning Fritz:
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Stimmungsmäßig gut, aber die Nacht war kurz. Ich war um halb eins auf unserem Zimmer und habe
mich mit Torsten Jansen noch bis halb drei unterhalten. Eingeschlafen bin ich irgendwann nach
vier.
- Kieler Nachrichten:
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Haben Sie eine solche Dramatik schon jemals erlebt?
- Henning Fritz:
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Nein, das war einmalig, obwohl wir beim Supercup in Riesa das Halbfinale gegen Kroatien auch im
Siebenmeterwerfen gewonnen haben. Aber das war Supercup, hier ist Olympia.
- Kieler Nachrichten:
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Sie haben 30 von 59 Würfen abgewehrt, eine Quote von 51 Prozent. Wie ist eine solche Weltklasse-
Vorstellung zu erklären?
- Henning Fritz:
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Wenn man gut ins Spiel kommt und gleich einen schweren Ball hält, dann gibt das Sicherheit. Ich
habe mit meinen Reaktionen vielleicht einen Tick länger gewartet als in den Gruppenspielen gegen
Frankreich oder Ungarn und mich im richtigen Moment richtig bewegt.
- Kieler Nachrichten:
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Das war auch im Siebenmeterwerfen zu sehen. Sie haben kein Tor zugelassen. Wie geht das?
- Henning Fritz:
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Siebenmeter zu halten ist wiederum nicht eine Frage der Reaktion, sondern der Intuition. Ich
sehe dem Schützen zum Beispiel immer in die Augen und nicht etwa auf die Hand. Das habe ich
selbst nicht gewusst, bis Untersuchungen das ergaben.
- Kieler Nachrichten:
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Gibt es noch andere Tricks?
- Henning Fritz:
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Man versucht halt, den Werfer zu irritieren. Ich zwinkere ihn an oder versuche, mir den Ball zu
holen und ihm zu übergeben. Dann denkt der vielleicht, hey, was will der denn von mir. Als
Garcia kam, habe ich das so gemacht. Da wollte der Schiedsrichter allerdings den Ball nicht
rausrücken. Ich habe ihm gesagt, das ist mein Recht, ich spiele auch mit.
- Kieler Nachrichten:
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Ist das wie im Fußball, wo ein Towart beim Elfmeterschießen ebenfalls nichts
zu verlieren hat?
- Henning Fritz:
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Stimmt, der Werfer ist natürlich in der schwierigeren Lage. Als Torwart hat man eine schöne
Position. Man kann zum Helden werden. Aber es gehört viel Glück dazu und die Fähigkeit, sich
keine negativen Gedanken zu machen. Dann verkrampft man auch nicht.
- Kieler Nachrichten:
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Gab es Momente in diesem Viertelfinale, in denen Sie befürchteten, wie
in Sydney an Spanien zu scheitern?
- Henning Fritz:
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Beim 28:30 zur Halbzeit der zweiten Verlängerung war so ein Punkt. Da denkt man schon mal, jetzt
ist es vorbei.
- Kieler Nachrichten:
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Heiner Brand wirkte am Ende wie versteinert. Haben Sie sich nicht auch etwas über
die Passivität des Bundestrainers gewundert?
- Henning Fritz:
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Die Spanier haben ständig gewechselt und wirkten am Ende etwas frischer. Dagegen ging unserem
Rückraum die Kraft aus. Wir haben fast mit einer Mannschaft durchgespielt. Irgendwann habe ich
befürchtet, das kann nicht gut gehen, wir gehen K.o. Mir wäre es zwar lieber, wenn mehr Spieler
Anteile bekämen, aber der Erfolg gibt Heiner Brand Recht.
- Kieler Nachrichten:
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Wie beurteilen Sie die Aussichten im Halbfinale
gegen Russland?
- Henning Fritz:
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Wir werden nur eine Chance haben, wenn wir uns im Angriff steigern. Die Unkonzentriertheiten
beim Abschluss müssen wir unbedingt abstellen.
(Das Gespräch führte Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 26.08.2004)