Aus den Kieler Nachrichten vom 08.10.2004:
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Emotionen pur: Henning Fritz ist als Torwart ein lebender Vulkan.
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Kiel - Koffer auspacken, Wäsche waschen, Fellmütze und Regenmantel
einpacken, abfliegen - für die Spieler des Handball-Bundesligisten THW
Kiel bleibt nicht viel Zeit, über die
30:31-Niederlage gegen FA Göppingen
nachzudenken. Morgen fliegen die "Zebras" nach Island, um dort gegen
Hauknar Hafnarfjördur (Sonntag, 22 Uhr MEZ) in die
Champions League zu
starten. "Das ist eine gute Chance, das letzte Spiel zu vergessen", meint
Frode Hagen. "Wir freuen uns auf die
Champions League. Das ist etwas
Großes."
Der Norweger kassierte in Göppingen erst einen Schlag von Alexander
Knezevic und anschließend eine Zeitstrafe. "Es war falsch, Knezevic nicht
zu bestrafen", räumte
Thorsten Zacharias ein. An der gerechten Strafe für
Hagen ließ der Unparteiische, der seit zwölf Jahren an der Seite von
Matthias Dang pfeift, aber keinen Zweifel. Er hätte dennoch den Mund zu
halten und nicht an seiner Sehschärfe ("Bist Du blind?") zu zweifeln. Ein
Zitat, das
Hagen abstreitet. "Ich wollte nur fünf Sekunden Pause und habe
ihn gefragt, ob er diesen Schlag nicht gesehen hätte?" Als
Hagen ging,
raste
Henning Fritz quer über das Parkett und baute sich mit grimmigen
Blick vor den Unparteiischen auf. "Aus 20 Meter Entfernung habe ich
gesehen, was
Hagen gesagt hat. Warum können die beiden das aus drei
Metern nicht?" 40 Minuten habe er sich bemüht, den Mund zu halten.
Schließlich wisse er, dass dieses Gespann besonders auf ihn achten würde.
"Doch dann ist mir die Hutschnur geplatzt."
Kurz darauf kassierte er nach einer Rangelei mit
Dragos Oprea gleich eine
doppelte Zeitstrafe. "Er hat einfach nicht aufgehört zu meckern", sagte
Dang, der den Vorwurf, auf Ausbrüche des "Vulkans"
Fritz zu warten, von
sich weist. "
Fritz und Chrischa Hannawald labern ohne Unterbrechung."
Aber während der Kieler auch nach Ermahnung kein Ende findet, erkennt der
Keeper von TuSEM Essen ein Stoppschild. "Der beißt auf seinen Mundschutz
und hält die Klappe."
THW-Manager Uwe Schwenker, der sich über die Niederlage mächtig ärgerte
("wir haben uns dämlich angestellt") nahm auch seinen Nationaltorhüter
nicht aus der Kritik. "Da muss er besonnener bleiben." Allerdings hätte
er auch von den Schiedsrichters mehr Feingefühl erwartet. Sie sollten
schließlich einen Fritz kennen.
"Ich weiß um meine Schwächen", räumt der Kieler Schlussmann ein. "Das war
nicht clever. So habe ich der Mannschaft geschadet." Ein schmaler Grad
für den 30-Jährigen, der sich über seine Emotionen wie kaum ein anderer
zu außergewöhnlichen Leistungen aufputschen kann. "Ab und zu muss ich es
mal rauslassen. Dabei habe ich aber noch nie einen Schiedsrichter
beleidigt."
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 08.10.2004)