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02.01.2005 Interview

Zebra: "Wir glauben an uns" - Serdarusic zieht Bilanz und blickt voraus

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Zufriedene Bilanz 2004: THW-Trainer Noka Serdarusic
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Das Jahr 2005 kann für den THW sehr erfolgreich verlaufen. Zudem werden die "Zebras" mit einer noch schlagkräftigeren Truppe in die Saison 2005/06 gehen. Die Handball-Fachwelt prophezeit dem THW Kiel schon heute eine "goldene Zukunft". Doch davon läßt sich Trainer Zvonimir "Noka" Serdarusic nicht beirren, da er sich mit dem aktuellen Kader immer noch im "Umbruch" befindet und realistisch an die bevorstehenden Aufgaben herangeht. Im Gespräch mit der ZEBRA-Redaktion zieht "Noka" seine Bilanz für 2004 und wagt dabei zugleich einen Ausblick auf das kommende Jahr.

Zebra:
Noka, was waren für Dich und Deine Mannschaft die sportlichen Höhepunkte im Jahr 2004?
Noka Serdarusic:
Ganz klar: Der Gewinn des EHF-Cup und die Qualifikation für die Champions League mit einer neuformierten Mannschaft. Damit haben wir mehr erreicht, als wir vor dem Saisonstart erwartet hatten. Gerade mit der Qualifikation für die Champions League war nicht zu rechnen. Aber wir haben immerhin Teams wie den SC Magdeburg und den TBV Lemgo hinter uns gelassen. Deshalb war 2004 für uns in Kiel ein gutes Jahr. Weiterer sportlicher Höhepunkt war dann auch das Saisonauftaktspiel im September in der Arena "Auf Schalke". Mehr als 30.000 Zuschauer bei einem Handballspiel. Das habe ich noch nie erlebt. Das war ein tolles Erlebnis für uns alle - Gänsehaut-Feeling pur!
Zebra:
Zum 100-jährigen Bestehen des THW Kiel hat die Bundesliga-Mannschaft den EHF-Cup gewonnen. Was bedeutet dieser Pokalgewinn für Dich?
Noka Serdarusic:
Die europäischen Pokalwettbewerbe und besonders der EHF-Cup sind durch die starken spanischen und deutschen Mannschaften in den letzen Jahren viel, viel enger geworden. Jeder europäische Titel ist immer eine große Leistung. Aber die Champions League steht über allem.
Zebra:
Wie wichtig war die Champions League-Qualifikation für die Mannschaft?
Noka Serdarusic:
Unser "Fernziel" war damals die Qualifikation für die Champions League, auch wenn andere Mannschaften als Favoriten auf die ganz vorderen Plätze gehandelt wurden. Wir haben hinter einem souveränen und verdienten Meister aus Flensburg den zweiten Platz belegt - und hatten sogar bis kurz vor Saisonende die Hoffnung auf den Meistertitel. Damit haben wir wirklich nicht gerechnet und mehr erreicht, als wir vorher zu träumen gewagt hatten. Schließlich waren wir mit einer neuen Mannschaft in die Saison gegangen. Für die Spieler ist es für die persönliche Entwicklung sehr wichtig, gegen hochklassige internationale Vereine und Spitzenhandballer anzutreten. Solche direkten Vergleiche bringen unheimlich viel.
Zebra:
Welche Bedeutung hat die Champions League für den THW Kiel?
Noka Serdarusic:
Aus Vereinssicht ist es von enormer Bedeutung, dass die Mannschaft möglichst am höchsten europäischen Wettbewerb, was die Champions League ja ist, teilnimmt. Ein Verein wie der THW Kiel behauptet dadurch sein internationales Ansehen und unterstreicht gleichzeitig seine Attraktivität für den einen oder anderen ausländischen Star, sich vielleicht einmal das schwarz-weiße Trikot überzustreifen. Durch meine langjährige Erfahrung im Handballsport weiß ich, dass der FC Barcelona und der THW Kiel europaweit in einem Atemzug genannt werden. Und das spricht für die sehr gute Arbeit, die hier in Kiel über Jahre und Jahrzehnte geleistet wurde. Die wirtschaftliche Bedeutung der Champions League ist auch beachtlich: Der in Kiel ohnehin vorhandene Zuschauerzuspruch - verbunden mit den entsprechenden Werbe- und TV-Einnahmen - sorgt schon für eine finanzielle Entlastung im Gesamtetat. Insgesamt gesehen ist es also enorm wichtig, dass der THW in der Champions League spielt.
Zebra:
Wie bewertest Du den "großen Umbruch" des THW im Jahre 2004?
Noka Serdarusic:
Der "große Umbruch" ist noch nicht beendet. Es ist uns dennoch gelungen, schon jetzt eine erfolgreiche Mannschaft zu formen. Nach ein oder zwei Jahren ist dieser Entwicklungsprozess aber nicht abgeschlossen. Mit den Verstärkungen ab der kommenden Saison sollte dann aber die "Endphase des Umbruches" eingeläutet werden. Die Mannschaft hat dann auch für Jahre eine Perspektive.
Zebra:
Die Zukunft des THW wurde schon mehrfach erwähnt. Zum Jahresstart "tanzt" der THW Kiel weiter "auf drei Hochzeiten": Bundesliga, DHB-Pokal und Champions League stehen immer noch auf dem Programm. War das zum Saisonbeginn so zu erwarten?
Noka Serdarusic:
Mit den Heimspielen im abgelaufenen Jahr bin ich sehr zufrieden. In der Bundesliga sind wir vorne mit dabei und in den Pokalwettbewerben stehen wir jeweils unter den letzten Acht der teilnehmenden Mannschaften. Der THW Kiel ist mit Sicherheit weiter als es viele vorher gedacht haben. Andere Vereine und Mannschaften haben enorm "aufgerüstet", aber trotzdem sind wir vorne dabei. Darauf können wir alle sehr stolz sein. Ob das so zu erwarten war? Eine schwierige Frage. Durch die Verletzung von Stefan Lövgren standen bzw. stehen überwiegend nur drei Rückraumspieler zur Verfügung. Dadurch war es wirklich schwierig für uns. Wenn sich aber gerade einer dieser Spieler verletzt, ist alles "futsch"! Denn Alternativen haben wir momentan nicht...

Diese Mannschaft kann dennoch einiges erreichen. Es gibt in Europa sicherlich einige Mannschaften, die personell besser bestückt sind. Aber in den Spielen entscheiden oftmals die jeweils abrufbare Leistung und die entsprechende Tagesform über Sieg oder Niederlage. Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft optimal vorzubereiten und den erforderlichen Glauben an sich selbst mit dem dazugehörigen Optimismus zu vermitteln. Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Und wenn wir alles gegeben haben und der Gegner besser ist, können wir auch ohne Probleme gratulieren.

Zebra:
Wie groß ist die Belastung für die Spieler bei dieser Terminhatz der drei Wettbewerbe?
Noka Serdarusic:
Die Belastung ist selbstverständlich enorm, gerade bei einem so kleinen Kader. Aber wir wollen nicht weinen und uns mit den personellen Engpässen entschuldigen. Das gibt es nicht. Wir glauben an uns!
Zebra:
Was kannst Du zum jetzigen Zeitpunkt zu den Transfers sagen?
Noka Serdarusic:
Momentan kann ich nur das bestätigen, was bereits in der Presse vermeldet wurde: Zwei junge Burschen, nämlich Nikola Karabatic und Kim Andersson, werden den THW ab der Saison 2005/06 verstärken. Sicherlich brauchen die beiden Zeit, um sich in Kiel und in der Bundesliga "durchzubeißen". Sebastian Preiß und Johan Pettersson werden den THW bekanntlich zum Saisonende verlassen. Auf diesen Positionen brauchen wir sicherlich erstklassigen Ersatz, um mit einer dann noch schlagkräftigeren Truppe ganz nach oben zu kommen. Wir wollen schließlich wieder Meister werden und endlich die Champions League gewinnen.
Zebra:
Wie sehen die weiteren Planungen und Erwartungen aus?
Noka Serdarusic:
Zunächst wünsche ich mir, dass meine Jungs vom Verletzungspech verschont bleiben. In der Bundesliga werden wir weiterhin versuchen, einer starken SG Flensburg Paroli zu bieten und die enorm verstärkten Vereine wie Gummersbach und Magdeburg auf Distanz zu halten. Sicherlich keine leichten Aufgaben, aber wir stehen momentan mit unserer kleinen Truppe ganz gut da. Wir wollen bis zum Schluss dabei sein. Ich hoffe, dass die Titelfrage möglichst lange offen bleibt und wir eine Chance auf den Meistertitel bekommen.

Im DHB-Pokal glaube ich bei einem Heimspiel gegen Lemgo an einen Sieg. Aber der TBV ist sehr routiniert. Die dürfen gar nicht erst ins Spiel finden, denn dann wird es sehr schwer. Wenn wir jedoch schon auswärts bzw. auf neutralem Boden gegen Lemgo gewinnen, sollten wir es auch in der Ostseehalle mit der Unterstützung unserer Fans hinbekommen. Lemgo ist aber nicht zu unterschätzen und verfügt zweifelsohne über eine enorme Qualität. Das Ziel "Final Four", wo dann die Tagesform entscheidet, ist sicherlich realistisch, aber wir müssen mit dem nötigen Respekt den TBV Lemgo ausschalten, was kein Spaziergang wird.

Im anderen Wettbewerb, der "Königsklasse" Champions League, haben wir mit dem FC Barcelona unser "Traumlos" gezogen. Natürlich hätten wir lieber das Rückspiel in Kiel ausgetragen. Es werden zwei Handball-Feste in ausverkauften Hallen mit hochmotivierten und aufopferungsvoll kämpfenden Spielern. Barcelona ist sicherlich favorisiert, aber wir werden alles geben. Die verbliebenen Mannschaften in der Champions League sind allesamt stark genug, um den Titel zu gewinnen. Es werden wieder Einstellung und Tagesform entscheiden.

Wichtig ist bei allen Wettbewerben und Spielen, dass wir mehr als 100% geben und vollen Einsatz zeigen. Das sind wir unseren treuen Fans und den Kieler Zuschauern schuldig.

Zebra:
Danke für das Gespräch. Die ZEBRA-Redaktion wünscht viel Erfolg und alles Gute für das Jahr 2005!
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", das Interview führte Björn Goos.)

 


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