07.01.2005 | WM 2005 |
Die ersten beiden WM-Vorbereitungsspiele gewannen die Tre Kronor um den Dreikönigstag herum im eigenen Land gegen Island. Einmal knapp und tags darauf deutlich. Auf dem Parkett stimmt die Form wohl schon grundlegend, und auch außerhalb scheint es offenbar keine Probleme zu geben.
Schon bei der Vorstellung der einzelnen Spieler durch Hallensprecher Broman wunderte sich das nicht gerade handballverwöhnte Publikum über mehrere relativ neue Gesichter. Die 2622 auf den Rängen ahnten zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht, daß sie ein Handballfest erleben würden. Aber zunächst begannen die Hausherren schwach und leisteten sich mehrere technische Fehler. Dabei nahm sich Olafur Stefansson in der Offensive sogar noch zurück. Und hatten Lövgren, der eine Viertelstunde lang spielte, und seine Mitstreiter einmal Lücken in der gegnerischen Abwehr ausgemacht, machte der eingebürgerte Torhüter Roland Eradze zahlreiche Chancen am Ende doch zunichte. Ein Pausenrückstand von 11:15 war die logische Konsequenz.
Johan Pettersson erzielte 5 Tore in Boras. |
Nach einer wenn auch nicht lauten, so aber doch selbstkritischen Analyse Linnells änderte sich das Bild nach Wiederanwurf völlig. Mindens Torwart Fredrik Ohlander hütete nun das Tor und hatte nach einer Viertelstunde schon zehn Bälle entschärft, später kam sogar noch ein Siebenmeter dazu. Die Paraden des 28-Jährigen, der in der Elitserien nie auch nur ein einziges Match absolviert hat, weil ihn ausgerechnet Linnell früh ins dänische Kolding lotste, trugen maßgeblich dazu bei, daß die Partie zu Gunsten der Schweden kippte.
21 Sekunden vor dem Ende nahm Bengt Johanssons Nachfolger beim Stand von 28:28 eine Auszeit. Der verabredete letzte Spielzug sah Lindahl auf seiner rechten Außenbahn als abschließenden Spieler vor. Der kam, sah und traf zum umjubelten Siegtreffer in die lange Ecke. Nervös sei er nicht gewesen. Schließlich müsse man seine Gelegenheiten im Spiel ja nutzen, ganz egal zu welchem Zeitpunkt. Selbstverständlich habe dies sein Selbstvertrauen gestärkt, gab der 21-Jährige nach seinem 12. Länderspiel zu, der vor gar nicht allzu langer Zeit mit dem Kieler Linksaußen Henrik Lundström die gefährliche Flügelzange bei Redbergslid bildete.
Auf Seiten Islands debütierten Vilhjalmur Halldorsson, für den sich vor einigen Monaten Sävehof interessiert hatte und der eingebürgerte Düsseldorfer Alexander Petersson. Halldorsson kam für den Göppinger Jaliesky Garcia zum Einsatz, der aufgrund des Todes seines Vaters nach Kuba gereist war.
Martin Boquist brachte die Tre Kronor auf die Siegerstraße. |
Mitte der zweiten Halbzeit prägten vor allem Sebastian Seifert und der Kieler Martin Boquist die Partie und brachten ihr Land damit vorentscheidend auf die Siegerstraße. Innerhalb von nur zehn Minuten gelangen dem Team beim Stande von 22:24 (42.) nicht weniger als acht Treffer in Serie. Die komfortable 30:24-Führung ließ sich Schweden bis zum Schluß nicht mehr nehmen.
Ingemar Linnell war dennoch mit seiner 6:0-Variante nicht unzufrieden. Lediglich der wohl zukünftige Gummersbacher Kreisläufer Robert Gunnarsson sei zu oft erfolgreich angespielt worden. Marcus Ahlm wurde nur vorübergehend eingesetzt, gerade weil sich der neue Coach dessen herausragender Rolle bewußt ist und die Schwächung des Mittelblocks in Kauf nahm: "Ahlm ist der Schlüssel in der Abwehr. Aber in der Bundesliga hat er fünf Spiele pro Woche absolviert. Und weil wir gerade mitten in einer schweren Vorbereitungsphase für die WM stecken, sollte er sich zwischendurch mal ein bißchen Ruhe gönnen".
Ein wenig Kopfzerbrechen bereitete dem Coach hingegen die Torflaute von Linksaußen: Mathias Franzen und Jonas Källman gelang von dort kein einziger Treffer. Der Trainer kennt indes dieses Manko: "Schon während des World-Cups hatten wir dieses Problem. Solange wir gewinnen, macht's nichts. Wird es aber mal eng, dann ist es wichtig, auch von dort in Gang zu kommen".
Wesentlich angenehmer ist es Linnell, in Tomas Svensson, der sich am Donnerstag in bester Form zeigte, und Fredrik Ohlander zwei gute und verläßliche Torhüter an Bord zu haben. Und natürlich einen Stefan Lövgren in der Hinterhand. Kiels überaus wichtiger Kapitän kam aber erwartungsgemäß nur etwa 20 Minuten lang zum Einsatz, während sein Nordhorner Kollege Ljubomir Vranjes in beiden Partien überhaupt nicht spielte. "Beide sind nach ihren Verletzungen mitten in der Reha", begründet Linnell.
Einziger Störfaktor in der rundum zufriedenstellenden Situation seien denn auch einige deutsche Frisöre. So hätten sich erst Marcus Ahlm und dann auch Stefan Lövgren in Boras intensiv auf die Suche nach einem geeigneten Vertreter dieser Zunft begeben. "Wir sind mit den deutschen Frisören überhaupt nicht zufrieden. Deshalb versuchen wir, uns immer die Haare schneiden zu lassen, wenn wir in Schweden sind", stellt Lövet gegenüber "Aftonbladet" fest. Es dürfte das einzig Haarsträubende am schwedischen Team sein...
(Von Dr. Oliver Schulz)
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