Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
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Henning Fritz: "Ich bin bis in die Haarspitzen motiviert,
weil ich mit dem THW Kiel Deutscher Meister werden will"
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Sein kürzlich erschienenes Buch heißt "Halten und Siegen".
Zweifelsohne,
Henning Fritz ist ein
Sieger-Typ, seine Erscheinung zwischen den Handball-Pfosten
mitunter Furcht einflößend.
Fritz ist der personifizierte
Schrecken aller Angreifer. Und seit rund drei Wochen sorgt
sein Name auf des Gegners Seite für noch mehr Respekt:
Henning Fritz wurde vom Weltverband
IHF als erster Torhüter überhaupt zum "Welthandballer des
Jahres" gekürt.
"Zebra" sprach mit dem 30-jährigen Ausnahmekeeper über
seine Wahl zum "Welthandballer des Jahres" und seine
ersten Folgen.
- Zebra:
-
Henning, vor nunmehr drei Wochen bist Du zum "Welthandballer
des Jahres 2004" gekürt worden.
Hast Du inzwischen selbst begriffen, welche Auszeichnung
Dir da zu teil wurde?
- Henning Fritz:
-
Realisieren und verstehen sind wohl zwei verschiedene Dinge.
Realisiert habe es sehr wohl, doch noch immer ist diese
Auszeichnung für mich unfassbar. Es ist fantastisch,
als erster Torhüter überhaupt zum "Welthandballer des
Jahres" gewählt zu werden. Ich fühle mich sehr geehrt
- und genieße es. Das wird sich wohl auch nie ändern,
denn dieser Titel ist etwas Einmaliges.
- Zebra:
-
Wenn man die Karriere-Bilder des Henning Fritz
vor dem geistigen Auge vorbeiziehen lässt, landet man
unweigerlich immer wieder bei jenem olympischen Viertelfinale
Deutschland gegen Spanien, in dem Du im Siebenmeterwerfen
alle Bälle parieren konntest. Hat dieses Spiel Deine
Karriere verändert?
- Henning Fritz:
-
Meistens ist es ja so, dass sich gewisse Szenen besonders
einprägen. Nicht zuletzt weil ich in der Vergangenheit
erfolgreich in der Nationalmannschaft und beim THW Kiel
gespielt habe, hat auch die breite Masse daran Anteil
genommen. Wenn wir mit dem THW Kiel im DSF übertragen
werden, bekommen dies Woche für Woche ein paar Hunderttausend
mit, wenn die Nationalmannschaft in der ARD oder dem ZDF läuft,
sogar ein paar Millionen. All das hat sicher seinen Anteil am
Ausgang der Wahl und am Erfolg insgesamt. Das Spanien-Spiel
war zweifelsohne das herausragendste Spiel meiner Karriere
und es kann gut sein, dass es für die Nominierung für das
olympische Allstar-Team und damit auch für die Wahl
zum "Welthandballer des Jahres" ausschlaggebend war.
- Zebra:
-
Erinnerst Du Dich heute an Deine Gedanken in diesem
legendären Siebenmeterwerfen?
- Henning Fritz:
-
Ich hatte keine Zweifel und war mir meiner Sache
ziemlich sicher, da wir schon in den vorangegangenen
60 Minuten und in der Verlängerung das nötige Quäntchen
Glück gehabt hatten. Wir langen kurz vor Schluss noch
mit zwei Toren hinten und waren eigentlich schon tot -
wir hatten also nichts mehr zu verlieren.
- Zebra:
-
solch eine Leistung wie in besagtem Spiel wiederholbar?
- Henning Fritz:
-
Ich hoffe es sehr, doch das vermag niemand vorhersagen.
Es gibt einfach solche seltenen Momente, in denen
wirklichen alles klappt. Und gerade in solch einem
wichtigen Spiel bleiben diese dann hängen.
- Zebra:
-
Nach Deiner Auszeichnung stürzten sich die Medien auf
Dich, ein Termin jagte den nächsten. Sind das
angenehme Aufgaben für Dich?
- Henning Fritz:
-
Momentan schon. Denn durch diese Auszeichnung werden
nicht nur die Handball-Fans, sondern die breite
Masse angesprochen und kommt mit unserem Sport
in Berührung. Und das freut mich sehr. Ich hoffe,
dass der Handball und die Bundesliga dadurch vielleicht
einen weiteren kleinen Schub bekommen. Schließlich
ist es nicht die Regel, dass diese Auszeichnung
an einen Deutschen geht.
- Zebra:
-
Du schafftest es sogar bis zu Stefan Raabs "TV total", eine der quotenstärksten
Sendungen in der jungen Zielgruppe - Henning Fritz der neue Teenie-Star?
- Henning Fritz:
-
Nein, ein Teenie-Idol bin ich ganz sicher nicht.
Dafür müsste ich mir wohl die Haare bunt färben
oder irgendetwas anderes dafür tun. Aber ich
würde mir wünschen, wenn ich für den einen oder
anderen ein Vorbild wäre und Kinder und Jugendliche
zum Sport bringen könnte und für eine sinnvolle
Freizeitbeschäftigung begeistere. Schließlich ist
Sport auch eine gute Gelegenheit, Aggressionen
und Frust abzubauen.
- Zebra:
-
...wobei einem unweigerlich der aus seinem Tor quer
über den Platz stürmende Henning Fritz einfällt...
- Henning Fritz:
-
In der jüngeren Vergangenheit ist das jedoch selten
passiert. Ich finde, das jedoch auch nicht sehr
dramatisch. Wenn sich aus meiner Sicht umstrittene
Situationen ergeben, entlädt sich auf diese Art
und Weise mitunter meine Anspannung. Ich komme
zwar energisch nach vorn, doch ich schlage weder
jemanden, noch verletze oder beleidige ich andere
Personen. Ich möchte es mal als "zügiges
Nachvornelaufen" bezeichnen...
- Zebra:
-
In der Regel bestichst Du jedoch durch Gelassenheit
zwischen den Pfosten. Woher nimmst Du deine Kraft
und Ruhe?
- Henning Fritz:
-
Meine Kraft kann ich mir nicht erklären, die ist
entweder da oder nicht. Ich versuche mich halbwegs
ordentlich zu ernähren, aber das ist eigentlich ganz
normal. Ansonsten habe ich keine Geheimrezepte.
Und die Ruhe kommt mit der Routine. Am Ende gibt
der Erfolg schließlich immer Recht. Abzuschalten war
für mich noch nie ein Problem. Schwierig wird es erst
bei Misserfolg. So lange alles läuft, gibt es wenige
Probleme.
- Zebra:
-
Beim THW Kiel scheint derzeit zum Glück alles glatt zu
laufen. Gibt Dir Deine Auszeichnung zum "Welthandballer
des Jahres" nun noch einen zusätzlichen Motivationsschub
für den Endspurt im Rennen um die Meisterschaft?
- Henning Fritz:
-
Diese Auszeichnung ist die Bestätigung für erbrachte Leistungen.
Und sie macht mich sehr stolz. Aber wie willst Du Deine Motivation
noch steigern? Ich bin bis in die Haarspitzen motiviert,
weil ich mit dem THW Kiel Deutscher Meister werden will -
mehr als 100 Prozent geht nicht.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", das Interview führte
Sascha Klahn.)