Aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2006:
Basel - "Swissotel Le Plaza", Fünf-Sterne-Hotel in Basel, sechster Stock, Vorraum
Präsidentensuite. Über der Lehne eines gediegenen Ledersessels baumelt überkreuz ein
Beinpaar. Es gehört
Dominik Klein, Linksaußen der deutschen
Handball-Nationalmannschaft, die hier Quartier bezogen hat. Der 22-Jährige telefoniert.
Er habe herausgefunden, dass man nur hier oben im sechsten Stock ein deutsches Netz
erwischen könne. "Das ist billiger."
Dominik Klein telefoniert
oft. Meistens sind Freundin Isabell oder seine Eltern am anderen Ende der Leitung. Er ist
Neuling im Team der Handball-Nationalmannschaft und hat viel zu berichten. Acht Länderspiele,
erstes großes Turnier, Lampenfieber. Erst einen Tag vor der Abreise aus dem Trainingslager
Steinbach gab Bundestrainer Heiner Brand preis, dass er sich für ihn und gegen
Linksaußen-Konkurrent Uwe Gensheimer entschieden habe. Ein Glücksmoment. Der Traum vom
Abenteuer Europameisterschaft hatte sich erfüllt.
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Gegen Frankreich steuerte Klein seine ersten beiden
EM-Treffer bei.
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Die Vorrunden-Niederlage gegen Frankreich (
25:27) bedeutete auch das
Ende vom "EM-Tourismus" des
Dominik Klein. Bei den Spielen gegen
Spanien und gegen die Slowakei saß er noch im Trainingsanzug auf der Tribüne. "Hat mir aber
nichts ausgemacht. Ich sauge jeden Moment auf, lerne und freue mich dabei zu sein." Vom
Tribünenplatz aus habe er mitgefiebert, als stünde er selbst auf dem Parkett. In der 48.
Minute, beim 16:21, warf ihn der Bundestrainer dann gegen die Franzosen ins Feuer. "Ich habe
nicht lange überlegt und sofort Vollgas gegeben", erinnert sich der Mann vom Bundesligisten
TV Großwallstadt, der ab 1. Juli neben
Stefan Lövgren,
Henning Fritz & Co im THW-Trikot auflaufen wird. Bei der
Aufholjagd gegen Frankreich lässt es
Dominik Klein zweimal
krachen. Das erste Tor fällt zum 22:27, das zweite zum 25:27-Endstand. Beide Treffer erzielt
er per Tempogegenstoß. Seine Spezialität.
Reinschnuppern in die EM durfte Klein bereits gegen die Slowakei.
Das Aufwärmprogramm mitmachen. Dabei hatte er sich das Trikot mit dem Namenszug von Uwe
Gensheimer übergestreift. "Ich hoffe, dass Uwe es im Fernsehen mitbekommen hat." Er wollte ein
Zeichen setzen, denn: "Uwe und ich sind gleich stark. Wir verstehen uns nicht als Konkurrenten
und können uns gut leiden."
Das Hotel-Zimmer teilt Klein schon mit einem Großen der deutschen
Spielerzunft. Lemgos Rechtsaußen Florian Kehrmann, gerade zum "Handballer des Jahres 2005" gewählt,
wird den Youngster im Team bei Bedarf an die Hand nehmen. Überwiegend kommt das künftige THW-Zebra
aber allein zurecht. Siehe Billig-Telefonieren.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2006)