20.01.-05.02.2007 - Letzte Aktualisierung: 05.02.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Update #13 | WM-Tagebuch vom 05.02. ergänzt... |
Dass es gelang, verdanke ich einem Dänen. Kim Mikkelsen, Journalist der Tageszeitung "BT" hatte eine Karte für das Finale, aber nach dem Halbfinal-Aus seiner Dänen gegen Polen keine Mannschaft mehr, über die er dort berichten sollte. Also drückte er mir am Donnerstag seinen Presseausweis in die Hand. Eine vage Chance bestand, schließlich verlieh sein lichtes Haupthaar uns eine gewisse Ähnlichkeit. Mein dänisch war aber auch nach einem Kompaktkurs nur gut genug, um Hotdogs zu bestellen. Eine Frage am Halleneingang und die Tarnung wäre dahin gewesen. Oder ein Kollege, der mich im Mediencenter mit "Hallo Wolf" begrüßt, während ich den Dänen gebe. Dünnes Eis also.
Am Sonnabend, inzwischen in Köln angekommen, rief ich noch ein letztes Mal im Mediencenter an. Ich pokerte mit offenen Karten. Ich komme als Däne, oder ich tausche seinen Ausweis gegen ein Tagesticket für mich. Die erste Variante hätte doppelten Sicherheitsdienst zur Folge gehabt, der die dänischen Journalisten auf echt oder gefälscht überprüft. Oder doch der einfache Weg: Wolf statt Kim. Und tatsächlich, sie akzeptierten, und ich durfte das Finale einer tollen WM an der Seite meines Kollegen Reimer Plöhn erleben, der die deutsche Mannschaft bis nach Köln begleitet hatte.
Ein Wiedersehen nach zwei unglaublichen Wochen, die ein solch berauschendes Ende genommen haben. Vielen Dank Heiner Brand und der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Vielen Dank, Kim.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 05.02.2007)
Höchstens Viertelfinale, dann geht's nach Hause, das war der Terminplan vor der WM-Abreise. Welch' fatale Fehleinschätzung! Mein Kofferinhalt straft mich jetzt dafür: Pullover, Jeans, Hemden, Strümpfe, Unterhosen - von allem zu wenig, alles getragen und im Wäschesack entsorgt. Okay, die Oberbekleidung, gut durchlüftet, darf in Notzeiten ja auch mal mehrfach getragen werden. Aber drunter? Nö!
Weil mein Lübecker Kollege unsere Jungs ebenfalls schwer unterschätzt hatte (übrigens ein ehemaliger Handball-Nationalspieler, Name der Redaktion bekannt.), machte er sich gestern auf Wäsche-Einkaufstour. "Bring' mir Strümpfe und Unterhosen mit", bat ich. "Geht in Ordnung", meinte er netterweise, als er sich verabschiedete.
Wenig später seine Nachfrage aus dem Kaufhaus per Telefon: Welche Größen, Form und Farben? "Strümpfe 45, bei Unterhosen erlaube ich dir jede Schandtat." Der Kollege beging sie. "Kiss sexy", lautet die Botschaft auf den Mini-Slips, Buchstaben in den hässlichsten Violett-Tönen. Meine Frau wird's aus den Socken hauen - und ich werde die Brand-Buben nie mehr unterschätzen.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 03.02.2007)
Seit Tagen verhandele ich nun mit der netten Karina Clößner von der DHB-Geschäftsstelle. Am Mittwoch sollten die Funktionäre der IHF, des Weltverbandes, über die Nachrücker befinden. Frau Clößner wollte sich melden, ich wartete vergeblich. Die IHF entschied doch erst gestern. Ich saß auf gepackten Koffern, wollte nach dem Halbfinale in Hamburg am Abend gleich nach Köln weiterreisen. Und tatsächlich rief Frau Clößner gestern Mittag an. Freudig erregt: Die IHF hätte mit Sondergenehmigung zugestimmt. Kiel - in Handballkreisen öffnet diese Herkunft Türen. Ich müsse mir das Ticket aber gleich abholen, um am Abend in die Halle zu können. Am Abend? Die gute Frau Clößner sprach vom Halbfinale gegen Frankreich. Ein Missverständnis. Ob ich nun das Finale erleben darf, erfahre ich heute. Ich werde in jedem Fall aufbrechen, auch wenn ich kurz vor Dortmund zu hören bekomme, dass ich die Nummer 215 auf der Warteliste bin. Dann muss ich einen anderen Weg einschlagen, schließlich reise ich seit zwei Wochen mit einem Presseausweis durch die Republik, der eigentlich nur den Besuch der Ostseehalle erlaubt. Das hat mich mutig gemacht. Irgendwie komme ich in diese Halle.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 02.02.2007)
Meine Opfergabe habe ich dem Team gestern vor dem Mannschaftshotel "Zur Post" in Wiehl serviert. Direkt nach der Pressekonferenz stand das Mittagessen für die DHB-Crew auf dem Terminplan. Weil das Restaurant große Fenster, aber keine Gardinen hat, saßen die Stars praktisch im "Schaufenster". Fans blieben draußen stehen und winkten. Ich ging an der Gruppe vorbei und wollte sehen, ob Kraus, Hens, Jansen und Co. den Gruß erwidern würden. Taten sie, stellte ich beim Vorwärtsgehen und gleichzeitigem Zurückblicken fest. Dann sah ich Sterne. Eine gusseiserne Laterne stand im Weg, mitten auf dem Bürgersteig. Wie im Slapstick. Seitlich der Stirn trage ich jetzt eine dicke Beule. Die Jungs im Schaufenster hatten mächtig Spaß, klopften sich auf die Schenkel und freuten sich. Männer gegen Laternenpfähle rennen zu sehen, macht eben locker und entspannt. Das ist doch eine wichtige Voraussetzung, um Weltmeister werden zu können.
Bitte, liebe Nationalspieler, gern geschehen, aber jetzt enttäuscht uns nicht!
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.02.2007)
Die erste offizielle Einladung für eine Weltmeisterschafts-Pressekonferenz (PK) ging ca. 14 Tage vor WM-Beginn per E-Mail an alle akkreditierten (zugelassenen) Journalisten heraus. Treffpunkt 18. Januar im Berliner Hotel maritim, geplanter Beginn: 16 Uhr. Absender DHB-Pressemann Charly Hühnergarth. 24 Stunden vorher erfolgte die Korrektur per E-Mail: neuer PK-Start: 15 Uhr. Zu spät für viele, die schon auf den Weg nach Berlin waren. Sie trafen gerade noch auf wissende Kollegen, die sich verabschiedeten. Dann die Vorrunde in Halle. Auskunft von Charly Hühnergarth: öffentliches Mannschaftstraining 11.30 Uhr, PK mit Heiner Brand ab 12 Uhr. Das Mannschaftstraining fiel aus, der DHB-Pressemann legte die PK kurzerhand auf 11.50 Uhr vor. Bei der Ankunft der nicht wissenden Kollegen.
Vor dem Viertelfinale. Offizielle Mitteilung per E-Mail: PK am Montag in Köln. Dann die Korrekturmeldung: PK nicht in Köln, sondern nach Wiehl verlegt. Der "Flurfunk" im Journalisten-Hotel will es besser wissen: PK in Kaiserau. Also dorthin - es stimmt. Ab 10.30 Uhr geht's los. Schade für die Kollegen, die schon am Sonntag nach Köln umgezogen waren, um bei der PK vor Ort sein zu können. So blieben die Sitzreihen im Presseraum von Kaiserau recht übersichtlich besetzt. Mit dem Vorurteil, dass man tatsächlich wichtig ist, räumt die DHB-Presseabteilung in diesen Tagen gründlich auf.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2007)
In diesen Tagen treffen sich in Deutschland die besten Handballer der Welt, doch Stargehabe ist allen fremd. Einer wie Ivano Balic steht fremden Menschen Rede und Antwort, obwohl ihm das nasse Trikot auf dem erkälteten Körper klebt. Auch sein kroatischer Landsmann Blazenko Lackovic friert. Doch anstatt das Interview mit einem "Hauptsache gewonnen" oder "Mund abputzen und nach vorne schauen" zu beenden, bittet er nur darum, für die Fragen um die nächste Ecke zu biegen, weil es hier nicht ganz so kalt ist. Im riesigen Presseraum der SAP-Arena lassen sich die Handballer sogar von Kaffee und den Live-Übertragungen anderer Spiele anlocken. Wer in der ersten Reihe über seinen Texten "brütet", müsste für ein Zitat noch nicht einmal aufstehen.
Und in der Not funktionieren auch die kurzen Wege. Da nun Spanien gegen Deutschland spielt, darf ein erneutes Interview mit dem Ex-Kieler Lozano nicht fehlen. Aber wie soll es klappen? Er fährt von Mannheim nach Köln, ich nach Hamburg. Also schicke ich ihm um 23 Uhr noch eine SMS, ob er am nächsten Tag telefonisch zu erreichen ist. "Deme" antwortet zehn Minuten später. "Ok. Kein Problem." Drei Worte, die den Handball so angenehm vom Fußball unterscheiden.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.01.2007)
Auch am Bahnhof kein Hinweis. Mannheim hat sogar die Straßennamen eingespart. Die Stadt ist in Planquadrate aufgeteilt. Wer vom Bahnhof zum Wasserturm geht, benutzt die "L 15". Mannheim: Hier sind viele amerikanische Soldaten stationiert, aber für eine Beziehung zwischen "Amis" und Handball gibt es keinen historischen Beleg. Vielleicht wäre hier mehr Stimmung, wenn die Dänen eine Armee in Mannheim hätten. Aber die würde militärisch natürlich wenig Sinn machen. Vorausgesetzt, die Dänen haben überhaupt eine. In "Q 7" finde ich erste Fußspuren. Ein Poster mit den Stars des Bundesligisten SG Kronau/Östringen. Die meisten von ihnen sind bei diesem Turnier aber nicht dabei. Vielleicht weiß Frau Deller aus dem Coffee-Shop Rat. Handball? "Biathlon ist meine Welt, dazu könnte ich Ihnen alles erzählen." Handball, so schätzt die Dame, müsse wohl "draußen" in der SAP-Arena stattfinden.
Im Sportshop um die Ecke ist Herr Michaelis besser informiert. Aber die italienische Fahne, die seinen Spielplan schmückt, verrät, dass auch dieses Wissen kurze Beine hat. In "R 7" finde ich schließlich meine WM-Spur - eine durchgefrorene Mannschaft aus Tschechien, die auch als Touristen bei diesem Turnier eine unglückliche Figur abgeben.
Handball in Mannheim - das ist eine geschlossene Veranstaltung in der gigantischen SAP-Arena, die wie ein gestrandetes Ufo vor den Toren der Stadt liegt. Hier feiert dieser Sport allerdings seit Tagen eine große Party. Ein Volksfest nach dem Vorbild der Fußballer war aus vielerlei Gründen nicht zu erwarten. Eine Halle, die auch ohne die Deutschen ausverkauft ist, aber auch nicht. Ein Erfolg für den Handball, auch wenn es nur wenige merken.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2007)
Treffpunkt ist das Foyer, die WM-Helden hocken entspannt in Ledersesseln oder stehen den Presseleuten an Stehtischen für Gesprächsrunden zur Verfügung. Es geht zu wie bei einem Buffet. Liegt auf den Platten leckerer Schinken und Krabbensalat bereit, bleibt die Fleischwurst liegen oder landet nur ganz selten auf dem Butterbrotteller. Ersatzspieler wie Lars Kaufmann sind an diesem Tag die Fleischwurst. Sie sitzen allein in den Sesseln, niemand kümmert sich. Andere Handballer schaffen es, immerhin drei oder vier Kollegen anzulocken. Schinken oder Krabbe aber waren gestern eindeutig die beiden Kieler, Henning Fritz und Christian Zeitz. Beim 35:28 am Donnerstag gegen Afrika-Meister Tunesien hatten die THW-Spieler als Matchwinner geglänzt. Ganze Horden von Reportern umlagern die "Helden", ein Bild wie beim Autogramme schreiben nach dem Abpfiff in der Ostseehalle.
60 Minuten dauert die Veranstaltung, dann wird das "Buffet" abgeräumt, nach und nach verschwinden die Spieler. Lars Kaufmann ist als erster gegangen. Verständlich. Der Rückraumspieler aus Wetzlar sollte sich aber nicht grämen. Auch ein Henning Fritz stand früher allein am Rande der Veranstaltung. Gelingt Kaufmann nur ein gutes Spiel, mutiert er augenblicklich zur "Krabbe".
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 27.01.2007)
Der Parkplatzwächter zuckt nur mit den Schultern und schickt mich mit dem Kommentar "kann sein, dass die in Halle vier ist" in eine unbestimmte Richtung. Das Areal ist gigantisch und besitzt eine eigene U-Bahnstation mit futuristischem Dach. Ein Schild verweist auf die Hallen zwei bis acht. Entweder sind die Westfalen größenwahnsinnig, oder sie haben hier tatsächlich eine Möglichkeit gefunden, Hallen zu vermehren. Bei Nummer vier erwische ich einen knurrigen Pförtner und frage höflich, wo ich mich anmelden soll. "Wofür denn?" Eine Sackgasse. Also wieder raus und direkt in die Arme eines älteren Herrn, der wissen möchte, wo die "Flippers" auftreten. Ich kenne nur Flipper, diesen ewig jungen Delfin. Gut möglich, dass der hier irgendwo ausgestopft in der Ecke steht. Wahrscheinlich in Halle acht. Das sage ich ihm aber nicht. Wo die WM ist, weiß er auch nicht.
Endlich treffe ich einen Ordner mit "BVB"-Mütze. Leider spricht der Gute nur Russisch. WM? Er nickt. Wo? Zwei Finger. Eingang? Er spreizt beide Daumen und Zeigefinger im rechten Winkel und formt daraus ein Viereck. Die Übersetzung: Die Weltmeisterschaft findet in Halle zwei statt, und über dem Presseeingang steht ein entsprechendes Schild. Und wissen Sie was? Er hatte Recht.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2007)
Claus Ehlers wurde 1923 in Kiel geboren, in der Kaistraße. In Glückstadt erlernte er den Beruf des Holzkaufmannes, schon 1940 verschlugen ihn Kriegswirren ins Ostwestfälische. Dort lebt der Rentner noch heute. Mit Ehefrau Hannelore, im eigenen Haus am Stadtrand von Hiddenhausen. Kiel ließ ihn trotzdem nie los, Claus Ehlers hat seine Geburtsstadt tief in seinem Herzen eingeschlossen. Regelmäßige Kontakte mit seinem Freund Rolf Fischer aus Gettorf halten den 83-Jährigen auf dem Laufenden. Und die Kieler Nachrichten. Claus Ehlers ist Abonnent - allerdings nur in Zeiten der Handball-Bundesliga. "Eure Berichterstattung ist prima, in unseren Blättern findet man ja nichts über Handball." Mit der Post trudelt die Zeitung zwar stets mit einem Tag Verspätung ein. "Macht aber nichts", sagt er, "das Lesen der Kieler Nachrichten widerspricht der alten Weisheit, dass nichts so alt sei wie die Zeitung von gestern."
"Claus Ehlers. Wie geht's Herr Plöhn?" Gut! Meine Telefonbekanntschaft meldete sich gestern auf dem Handy während meiner Arbeit im WM-Pressezentrum in Halle. Hiddenhausen sei nur einen Steinwurf entfernt, erklärt er. "Ich würde mich freuen, Sie persönlich kennen zu lernen. Haben Sie Lust auf einen Besuch bei uns?" Hab ich.
Stunden später klingele ich an der Haustür der Familie Ehlers. Es werden wunderschöne Stunden mit zwei liebevollen Menschen. Wir essen, trinken und sprechen über alte und neue Kieler Zeiten - und natürlich über Handball. "Sag Claus zu mir", bietet er mir schon bald das "Du" an. Gerne. Erst spät endet der Abend vor der Haustür. "Tschüs, Claus". Bis zum nächsten Telefonat, dann wieder in Kiel. Ich freu mich drauf.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 25.01.2007)
Doch in der Luft liegt noch diese Hitze, die 9500 Zuschauer im Rausch zurückgelassen haben. Mich beschleicht Wehmut und das Gefühl, den WM-Gipfel bereits in der Vorrunde erklommen zu haben. Schade, dass der Deutsche Handball-Bund (DHB) sich wegen der benötigten größeren Kapazitäten im weiteren Turnierverlauf für größere Hallen entschieden hat. Schwer vorstellbar, dass sich in Mannheim ein solches Fest wiederholen lässt.
Die Kieler Tage sind für mich auch fest mit Nenad Puljezevic verbunden. Diesem Torhüter der Ungarn, der vor wenigen Tagen noch gar keinen Pass besaß. Zum Interview-Termin kommt er glatt eine Viertelstunde zu spät. Wollmütze über den langen Haaren, Telefon am Ohr, drei Einkaufstaschen in der Hand - der ungarische Serbe war bummeln. Noch zehn Minuten bis zum Mittagessen. Viel Zeit bleibt also nicht, dachte ich, als er sich seinem schlabbrigen Trainingsanzug in den Sessel setzt und seine Handys im Wechsel klingeln. Ein Irrtum. Er dreht den Handys ganz cool den Ton ab, obwohl ganz Ungarn mit ihm sprechen will und redet noch mit mir, als seine Kollegen aus dem Speisesaal zurückkehren. Ein weiterer Unterschied zum großen Bruder Fußball. Aber ein sehr angenehmer.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2007)
So auch am Sonntagabend. Kardinalthema ist die mögliche Nachnominierung von Christian Schwarzer. Ein DHB-Offizieller habe ihm erklärt, dass die Frist für die Meldung um 22 Uhr des Vortages vor dem Spieltermin ablaufe, erzählt ein Kollege. Es ist 21.45 Uhr. Im selben Moment erscheint DHB-Pressesprecher Charly Hühnergart - das Startsignal für das Ende der ersehnten Ruhe.
"Charly, hast Du uns nichts zu sagen?" "Nö", erklärt der DHB-Mann in kölscher Mundart, "allet in Ordnung." Für Schwarzers Nachmeldung sei Zeit bis Montagmorgen um zehn Uhr, sagt er. "Stimmt nicht", wirft die versammelte Journalistenschar ein. "Termin ist heute, 22 Uhr!" Hühnergart wird nervös und sucht Kontakt mit dem Turnierdirektor Alexander Koschukow. Die alarmierende Nachricht des Russen: "Beeilt Euch, Ihr habt noch neun Minuten. Ich erwarte eine schriftliche Eingabe, klappt es nicht, muss Schwarzer zugucken."
Hühnergart entdeckt die Vorzüge der Schnelligkeit. Im Nu ist er auf dem Zimmer von Heiner Brand. Antrag ausfüllen und bei Koschukow abgeben ist eins. Drei Minuten vor zehn hält der Turnierdirektor das Schriftstück in seinen Händen. Hühnergart schwitzt, Schwarzer weiß noch nichts von seinem Glück, erfährt von seiner Nachnominierung erst nach dem Vollzug. Derweil ist Charly Hühnergart zurück im Kempa-Treff. Wer nicht ausweichen kann, wird umarmt. "Danke Jungs." Endlich ist Zeit für Entspannung - ausschließlich mit Gesprächen über die Nachnominierung von Christian Schwarzer.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 23.01.2007)
Gabor Lantos, ohne Mikrofon ein rundlicher Typ mit weichem Handschlag, brüllte seine Landsleute an, die in der Heimat an seinen Lippen hingen. Tamas und Csaba Ivanscik. Der eine Rechtsaußen, der andere Linksaußen. Beides Ungarn, die gemeinsam zwölf Tore bei diesem sensationellen Sieg gegen Dänemark warfen. Es gab also viele Gelegenheiten, Iiiiivanscik zu brüllen.
In meinem Kopf klingelt aber nicht nur dieser Name. Das Sandmännchen geht auch in einem Strudel bunter Bilder unter. Da taucht dieser angolanische Kameramann auf, der erst mit zwei Jacken und einer Wollmütze auf Betriebstemperatur kommt. 5000 dänische Fans, die ihre Hymne schmettern - Gänsehaut. Dieses traurigschöne Lied der Ungarn, das einen zu Tränen rührt. Ein Joachim Boldsen, der in "unserer Halle" sonst reflexartig ausgepfiffen und nun wie ein Pop-Star gefeiert wird.
Der ultimative Beweis: Drei Türen und zweihundertundzwölf Schritte von meinem Büro entfernt, findet tatsächlich eine Handball-Weltmeisterschaft statt. Eine, die mir noch viele schlaflose Nächte bereiten wird - darauf freue ich mich.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2007)
Und Kiel. Klar, wer eine Eintrittskarte besaß, wusste von den Weltspielen der Handballer. Aber sonst? Fahnen der Teilnehmerländer auf öffentlichen Plätzen, geschmückte Schaufenster mit WM-Utensilien, WM-Plakate? Fehlanzeige. Deutschlands "Handball-Hauptstadt" wollte sein international wichtigstes Sportereignis seit Olympia 1972 wohl verstecken. Voll gelungen.
Drunter und drüber ging es auch in Berlin. Kurzfristig wurde die Eröffnungsfeier früher angesetzt, die 14. Fassung des Programms war tatsächlich die letzte Änderung. Dann der offizielle Festakt am Donnerstag: Der Regierende Bürgermeister Wowereit und Bundesinnenminister Schäuble waren als Hauptredner vorgesehen. Schäubles Flugzeug blieb wegen des Sturmes am Boden. Pech. Aber wo war "Wowi"? Keine Antworten, es erschien ein Staatssekretär.
Gestern, wenige Stunden vor dem WM-Start in der Max-Schmeling-Halle: Die Akkreditierung wird freundlich und pannenfrei ausgehändigt. Jetzt ein Blick in den Presseraum. Tatsächlich, da ist es: das WM-Plakat. Dunkel, unscheinbar, aber es existiert! Draußen werden die 24 Flaggen der Teilnehmerländer aufgezogen, im selben Moment wischt die Sonne fast alle Wolken weg. Jetzt wird alles gut.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2007)
(20.01.-05.02.2007) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |