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08.03.2007 Medien / Champions League

Portland San Antonio vor dem Champions League-Halbfinale

Von Dr. Oliver Schulz

Im Halbfinale der Champions League treffen mit Portland San Antonio und dem THW Kiel zwei europäische Giganten aufeinander. In der europäischen Rangliste der "Handball Woche" trennt die an Position drei geführten Spanier nur ein mageres Pünktchen von Kiel, das auf Platz vier geführt wird. In loser Reihenfolge wird Dr. Oliver Schulz für Zebra Online hier über die Entwicklungen bei Portland San Antonio berichten.
Bericht vom 08.03.2007:

Tempohandball gegen Betonmauer aus Portlandzement

Trainer Francisco Javier Equisoain Azanza äußerte sich gegenüber der Tageszeitung "Marca" vorsichtig über den im Halbfinale zugelosten THW. Auch wenn alle drei in der Lostrommel verbliebenen Kontrahenten schwierige Gegner seien, sei Kiel der stärkste unter ihnen. Zum Zeitpunkt der Auslosung führten sowohl der THW Kiel als auch Portland San Antonio ihre Ligen mit jeweils einem Punkt an. Während die Zebras einmal mehr den Atem der Flensburger im Nacken spüren, hat die Mannschaft um Demetrio Lozano und Davor Dominikovic einen Zähler Vorsprung auf das im Viertelfinale ausgeschaltete Ciudad Real.

Kiel als das angriffsstärkste Team der Gruppenphase (244 Tore) trifft auf die Truppe mit der zweitbesten Abwehr (146 Gegentreffer). Man muss in Europa lange suchen, um eine Mannschaft zu finden, die über eine derart eingespielte und stabile 6:0-Formation verfügt. Woche für Woche wird dort offenbar der Zement des Großsponsors "Cementos Portland" zu nahezu undurchlässigem Spezialbeton angerührt. Mit dem dänischen Abwehrgeneral Lars T. Jörgensen, in Kopenhagen einst WG-Partner von Lars Krogh Jeppesen, dem ausgebufften serbischen Kreisläufer Ratko Nikolic bzw. dem 120-Kilo Brocken und Kapitän Juancho Perez stehen in der Abwehr drei Ausnahmekönner. Und sollte einmal ein Ball diese Mauer überwinden, landet er häufig in den Armen eines der beiden skandinavischen Weltklasse-Torhüter Kasper Hvidt oder Tomas Svensson.

Härtester Brocken genießt im Rückspiel Heimrecht
Angesprochen auf das Hinspiel in der 3000 Zuschauern Platz bietenden Universitätssporthalle "Pabellon universitario de Navarra" gab der 43-jährige Equisoain zu bedenken, dass die Deutschen im die Entscheidung bringenden zweiten Match mit dem Heimvorteil rechnen könnten. Daher gingen diese mit einem klaren Vorteil an den Start. In einer derart fortgeschrittenen Phase des Wettbewerbs sei es aber ohnehin notwendig, schlicht und ergreifend zwei hervorragende Partien zu spielen, um ins Finale vorzustoßen. Für die Männer in den blauen Trikots mit den goldenen Streifen wäre es das zweite in Folge.

Im Viertelfinale revanchierte sich Portland an Ciudad Real für die beiden klaren Finalniederlagen des Vorjahres. Nach den überzeugenden Partien gegen den Titelverteidiger aus der Mancha, den Portland auch schon im Hinspiel über weite Strecken dominierte, wollte der Coach seinen Mannen dennoch nicht automatisch die Rolle des neuen Titelfavoriten zuschreiben. In diesen Sphären blieben ohnehin nur die besten Mannschaften übrig. Kiel sei eine Spitzenmannschaft, die es San Antonio sehr schwer machen werde, weiter zu kommen.

In der Ostseehalle, wie auch in allen anderen deutschen Arenen, werde es sehr schwer. Dennoch hänge viel vom ersten Spiel in Pamplona und der Einstellung, mit der man ins Rückspiel gehe, ab. Außerdem sei es durchaus möglich, auch in der Ostseehalle zu gewinnen.

Kieler hungrig auf den Titel
Die Zebras hätten Lust, zum ersten Mal die Königsklasse zu gewinnen, aber den Pokal wolle man schließlich auch, fuhr der Übungsleiter fort und spielte dabei auf die dritte Halbfinal-Teilnahme der Norddeutschen an, die in der Saison 1999/2000 sogar erst im Finale gestoppt werden konnten.

Equisoain, der weit über die Grenzen Pamplonas hinaus unter dem Spitznamen "Zupo" bekannt ist, schwingt ähnlich wie sein Pendant Noka Serdarusic bereits seit zwölf Jahren erfolgreich den Taktstock an der Seitenlinie der Blau-Weißen. Die Kieler würden mit einer Mannschaft aus großen Namen aufwarten, in der die Mehrzahl Nationalspieler seien, und aus der Akteure wie Lövgren, Karabatic oder Torhüter Fritz herausragten, schilderte der erfahrene Coach der "Marca".

Situation auf Rechtsaußen entspannt sich - Kjelling angeschlagen
Selbstredend ist der Champions League Sieger von 2001 auch auf der Rechtsaußen-Position mehr als nur gut besetzt. Normalerweise. Mehrere Wochen war Nationalrechtsaußen Nummer eins, Albert Rocas, außer Gefecht gesetzt. Der Siebenmeterspezialist laborierte seit Anfang Dezember an einer Verletzung seiner linken Schulter, die ihn bei der WM zum Zuschauen zwang. Die Nummer zwei, der aus Fuerteventura stammende David Carvajal, ist seit kurzem am Knöchel verletzt.

Daher bemühten sich die Spanier zuletzt um einen weiteren Dänen: Mikkel Holm Aagaard hatte seinen früheren Arbeitgeber Skjern zum Jahreswechsel verlassen und sollte in der Königsklasse gegen Ciudad Real und eventuell auch im weiteren Verlauf des Wettbewerbs aushelfen. Der Transfer platzte jedoch auf Grund der Ausländerregelung der Liga Asobal. Stattdessen unterschrieb Aagaard in den letzten Tagen bis zum Saisonende bei Schlußlicht Bidasoa Irun, wo er helfen soll, das umhergeisternde Abstiegsgespenst zu vertreiben.

Unterdessen muss San Antonios norwegischer Halblinker Kristian Kjelling eine dreiwöchige Pause einlegen und verpasst dadurch just die Copa del Rey. Eine Kernspintomographie in der Clinica San Miguel ergab, dass sich der Neuzugang aus Leon vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen Ciudad Real am letzten Samstag eine Adduktorenzerrung im rechten Bein zugezogen hatte. Trotz der Beschwerden avancierte der Shooter mit 10/4 Treffern zu einem der Garanten des Halbfinaleinzugs. Nach ein paar Tagen Ruhe, anschließender Physiotherapie, gefolgt von sukkzessivem Training, soll der Osloer rechtzeitig zum Hinspiel gegen den THW wieder einsatzbereit sein.

Niederlage bei Copa del Rey
Vor dem ersten Kräftemessen mit dem THW stand für die Nordspanier am Mittwoch noch die Teilnahme an der 32. Copa del Rey an, die in Altea ausgetragen wird. Hier messen sich traditionell die sieben am Ende der Hinrunde bestplatzierten Teams der Liga plus der Gastgeber. Zeitgleich zum Kieler Schützenfest in Melsungen war für den müde und unkonzentriert wirkenden Tabellenführer bereits im Viertelfinale nach einem unerwarteten 25:30 gegen Algeciras Endstation.

(von Dr. Oliver Schulz)


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