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31.07.2007 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Die Ehrfurcht abgelegt

Daniel Wessig, Sohn eines Hochsprung-Olympiasiegers, will beim THW Kiel hoch hinaus

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.07.2007:

Kiel - Die Fußstapfen waren groß. Vielleicht zu groß. Dennoch, wenn THW-Neuzugang Daniel Wessig von seinem Vater Gerd spricht, sagt der 19-Jährige: "Ich bin stolz auf meinen Vater."
1980 gewann Gerd Wessig Olympia-Gold im Hochsprung. Der Weg des Sohnes war vorgezeichnet: Sportgymnasiast, Leichtathlet, Springer. "Der Druck war groß, ich wurde oft auf meinen Vater angesprochen", sagt Daniel. Eine Knieverletzung, eigene Ungeduld und ein Klassenkamerad brachten ihn zum Handball, als er schon 13 Jahre alt war. Nun ist der Spätstarter beim Deutschen Handball-Meister THW Kiel angekommen.

"Ich hatte einen Knorpelabriss im Knie und wurde während der Zwangspause immer ungeduldiger", sagt der Rückraum-Rechtshänder. "Also ging ich mit in die Handball-Gruppe." Der Rest liest sich wie ein Märchen: Vor drei Jahren wechselte Daniel vom SV Post Schwerin in die Jugend des SC Magdeburg, verdiente sich in der vergangenen Saison erste "Männer-Sporen" beim Regionalligisten HC Aschersleben, erweckte die Aufmerksamkeit von THW-Trainer Noka Serdarusic, sprintet plötzlich in die Kieler Zebra-Herde und wird parallel per Zweitspielrecht für den Zweitligisten TSV Altenholz auf Torejagd gehen.

Der rotblonde Hüne bleibt bescheiden. Zum Beispiel, wenn er sagt: "Es ging immer steil bergauf. Aber es werden Täler kommen, und dann ist mein Vater mit seinem sportlichen Wissen mein Rückhalt und seelischer Beistand." Oder, wenn er seine im Internet falsch mit 2,03 Metern angegebene Größe nach unten korrigiert ("Ich bin genau zwei Meter groß, mehr nicht"), als wolle er klarstellen: Nein, da sind noch andere, ein Filip Jicha (2,01 m), Kim Andersson (2,00 m) oder Marcus Ahlm (2,00 m) - die sind bestimmt "größer" als ich.

Alle hätten ihn sehr herzlich, sympathisch aufgenommen, sagt Wessig. "Im Trainingslager in Varel habe ich meine Ehrfurcht abgelegt." Was dann kam, war Frust pur: Beim Fußballspielen hatte sich der 29-malige Jugend-Nationalspieler eine Schwellung im Knie zugezogen, musste die Belastung im Trainingslager des Triple-Siegers niedrig halten und erzählte mit gebremster Euphorie von seiner ersten Kieler Woche ("Ein prägendes Erlebnis"), den ersten Kontakten ("Moritz Weltgen ist schnell ein guter Kumpel geworden"), der Suche nach einer Bleibe ("Zwei-Raum-Wohnung in Hassee"), in die Freundin Christine, die in Magdeburg studiert, vorerst nicht nachkommen wird.

Vielleicht sollte an dieser Stelle zum letzten Mal von "dem Sohn des Hochsprung-Olympiasiegers Gerd Wessig" die Rede sein, denn Daniel Wessig will es in Kiel schaffen. "Ich bin komplett abgenabelt", sagt der 19-Jährige, dessen Stärke Noka Serdarusic in der Abwehr sieht, selbstbewusst, energisch. "Man kann sich auf mich verlassen, ich bin ehrlich", gibt Wessig selbst als Vorzüge an. "Allerdings bin ich etwas kritikempfindlich, was meine Person betrifft." Handball sei davon ausdrücklich ausgenommen, betont der angehenden Bankkaufmann-Azubi. Beste Voraussetzung für rasante Lernprozesse außerhalb großer Fußstapfen.

(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 31.07.2007)


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