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14.09.2007 Bundesliga / Mannschaft

Kieler Nachrichten: Henning Fritz ein fairer Verlierer

Handball-Nationaltorwart wollte gegen seinen Ex-Klub nicht verkrampfen: "Der THW ist das Nonplusultra"

Aus den Kieler Nachrichten vom 14.09.2007:

Mannheim - Es ist nicht besonders originell, Henning Fritz danach zu fragen, ob ihn in seiner neuen Heimat Mannheim Heimweh nach Kiel beschleiche. Wer den 32-jährigen Torwart der Rhein-Neckar-Löwen allerdings nach dem turbulenten 25:26 (14:13) gegen Fritz' bisherigen Arbeitgeber THW Kiel in den Katakomben der SAP-Arena beobachtete, musste sich zwangsläufig fragen, ob der Weltmeister bereits mit Körper und Geist in der Kurpfalz angekommen ist.
Der Blick leer, die Haar zerzaust, der Körper von einer teuflisch guten ersten und einer durchschnittlichen zwei-ten Halbzeit ausgezehrt. "Ich bin Realist", sagt Fritz dann. Und: "Ich habe kein Heimweh."

Schließlich sei er Magdeburger, habe sich dort und auch in Kiel wohl gefühlt. Dann wischt sich der zweifache Familienvater den Schweiß aus den Augen und ergänzt nach einer Pause: "Und ich fühle mich auch hier in Mannheim wohl. Aber am wichtigsten ist der Erfolg." Nach fünf Saisonspielen musste sich Fritz nun schon zum zweiten Mal ausgerechnet den Zebras geschlagen geben, behauptet aber: "Ich habe mich normal motiviert, nicht besonders, um nicht zu verkrampfen, habe mir das München-Video angeschaut." Im Supercup wurden die Rhein-Neckar-Löwen dort zu Saisonbeginn mit 31:41 vom THW deklassiert.

Das wollte Fritz am Mittwochabend nicht noch einmal zulassen. Das spürten seine Mitspieler, die Kieler, die fast 13000 Zuschauer in der Halle. Allein in den ersten 30 Minuten parierte Fritz 13 Bälle, ließ Nikola Karabatic (fünf Fehlversuche im gesamten Spiel), Filip Jicha (vier), Henrik Lundström (zwei) und Co. temporär das Blut in den Adern gefrieren, peitschte sich an, zog seine charakteristischen "Bahnen" zwischen den Banden in der eigenen Hälfte.

Das hatte Fritz allzu oft auch in der Ostseehalle getan. Zwischen Jichas 4:7 (12.) und Börge Lunds 8:8 (20.) gelang den Kielern kein einziger Treffer. Die schwarz-weiße Nervosität wuchs, der Grund hieß Fritz, der an diesem Tag auf die immer genau richtige Ecke abonniert schien. Fritz symbolisierte die Schneidezähne des heimischen Löwen, der sich kämpferisch exzellent, spielerisch von Oleg Velyky nicht immer effizient geführt präsentierte (THW-Trainer Noka Serdarusic: "Ich bin froh, dass wir ein schlechtes Spiel gewonnen haben."). Fritz sträubte sich, wurde in der 36. Minute sogar wegen Meckerns für zwei Minuten des Feldes gewiesen. Christian Caillat war ohne Grund (und Sinn) im Angriff liegen geblieben, die Schiedsrichter trafen eine ihrer wenigen richtigen Entscheidungen, ließen das Spiel laufen, Ahlm traf zum 16:15 für Kiel und Fritz tobte. Am Ende dann, in den Katakomben, blieb Fritz ein fairer Verlierer, lächelte gequält, als ihm der ehemalige Kollege Mattias Andersson ein Geschenk zu seinem 33. Geburtstag am 21. September überreichte und sagte: "Der THW ist das Nonplusultra. Das Spiel in Essen war nicht akzeptabel, aber aus dem Spiel heute können wir Selbstvertrauen schöpfen."

Es klingt, als würde sich Fritz, der Erfolgsmensch, nicht sträuben gegen eine weitere Verstärkung der Legionärstruppe Kronau-Östringen. Manager Thorsten Storm hatte diese Option vor dem Duell einer Drohgebärde gleich in den Raum geworfen hatte. Nationalspieler Oliver Roggisch vertritt eine andere Meinung: "Wir haben eine gute Mannschaft, haben gegen Kiel 60 Minuten lang mitgehalten. Ich sehe keinen Handlungsbedarf." Während der THW nun bis zum Pokalspiel am Dienstag (20 Uhr, Ostseehalle) eine Pause einlegen darf, steht den Löwen am Sonnabend beim HSV der nächste schwere Brocken im Weg. Darauf angesprochen, fällt Henning Fritz' Blick leer auf den grauen Betonboden: "Wir haben nichts zu verlieren."

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 14.09.2007)


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