Aus den Kieler Nachrichten vom 17.01.2008:
Kiel -
Die Handball-Europameisterschaft
erlebt
Filip Jicha nur vor
dem Bildschirm. Knapp vier Monate nach seiner Meniskusoperation kam
der Einsatz für Tschechien zu früh. Derzeit wirft der Rückraumspieler
des Deutschen Meisters THW Kiel im Training beim Zweitligisten TSV
Altenholz erste Bälle und möchte am Wochenende beim Oberligisten
THW Kiel II sein Comeback feiern. Für unsere Zeitung nahm der
25-Jährige das Teilnehmerfeld unter die Lupe. Sein Fazit: Deutschland ist
Favorit Nummer eins!
Für das Team von Heiner Brand spreche, dass es im Angriff eine sehr
hohe Disziplin besitzt: "Sie haben klare Abläufe, zwei gute Torhüter,
viel Selbstvertrauen und einen breiten Kader." Eine gute Ersatzbank
sei bei der "unmenschlichen" Belastung von entscheidender Bedeutung.
"Wer nur acht gute Leute hat, kann bei acht Spielen in elf Tagen
nicht Europameister werden." Hinter dem Weltmeister traut
Jicha, der
vergangene Woche in Prag erstmals zu Tschechiens Handballer des Jahres
gekürt wurde, den Franzosen am meisten zu. "Ihre individuelle Klasse
im Rückraum ist unglaublich. Auf ihr Spiel in der Hauptrunde gegen
Deutschland freue ich mich schon jetzt." Sein dritter Gold-Kandidat
ist Spanien. "Mit Urios fehlt zwar ein super Kreisläufer. Wenn er den
Ball hat, dann gibt es entweder ein Tor oder Siebenmeter." Aber ohne
den 113-Kilogramm-Koloss sei Spaniens Spiel schwerer auszurechnen.
Der Weltmeister des Jahres 2005 besiegte zudem kürzlich die Franzosen
mit 32:30. "Wer Frankreich besiegt, kann ganz vorne landen." Hinter
diesem Trio zeichnet sich für
Jicha
kein weiterer eindeutiger Favorit ab. "Von den 16 Mannschaften, die in
Norwegen starten, können aber mindestens neun den Titel gewinnen."
Eine gute Rolle traut er auch den Schweden zu, die über viele junge
Top-Leute verfügen. Nach dem Rücktritt seines Kieler Kollegen
Stefan Lövgren hätten sie in den
vergangenen Jahren allerdings vergeblich nach einer neuen Führungsfigur
gesucht. Jicha glaubt, dass der
vierfache Europameister sie nun mit Kim Andersson
gefunden hat. "Er hat beim THW viel von Lövgren gelernt.
Er kann eine Mannschaft führen." Seine Tschechen, die bei der
WM in Deutschland einen enttäuschenden
zwölften Platz belegten, sieht er nur in einer Außenseiterrolle.
Jicha, der nach eigener Aussage
"riesige Probleme" hat, beim TSV Altenholz im Training mitzuhalten,
will am Sonnabend für den THW II sein Comeback feiern. Der Oberligist
tritt in Leck bei der HSG Nord-NF an. "Es muss keiner Angst vor
mir haben", meint Jicha, "im Moment
kann ich gar nichts. Ich will nur endlich wieder spielen." Der
86-fache Nationalspieler befürchtet, dass er in der Oberliga kein Harz benutzen
darf ("Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals ohne gespielt
habe") und bietet sogar an, im Anschluss eigenhändig den Boden
zu reinigen. Das wird wohl nicht nötig sein. In der Nordfrieslandhalle
ist Harz gestattet.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 17.01.2008)