06.05.2008 | Champions League / Mannschaft |
Gute Gastgeber blieben sie trotzdem. So lud Ales Pajovic, der in dieser Saison drei Monate als "Leiharbeiter" in Kiel ausgeholfen hatte, die Ex-Kollegen zu später Stunde noch ein. Die "Zebras", die sich zunächst in der Cocktail-Bar von Julio Fis, ebenfalls ein Ex-"Zebra", im Stadtzentrum Mojitos und Cerveza gegönnt hatten, ließen sich nicht lange bitten und trafen sich mit den Gegnern einige Stunden nach dem Abpfiff eines intensiven Spiels noch friedlich am Tresen. Es wurde eine lange Nacht. Eine, die sogar an Welthandballer Arpad Sterbik nicht spurlos vorbeiging. Der Zwei-Meter-Riese, der mit seinen Paraden die Spanier lange im Spiel gehalten hatte, benötigte in den frühen Morgenstunden einen Laternenpfahl, um Halt zu finden.
Spieler, Trainer Talant Duschebajew und die spanische Presse ("eine Demütigung") waren sich in der Beurteilung der Partie einig: Kiel war der verdiente Sieger, aber im Endspiel ist erst eine Halbzeit vorbei. "Wir haben eine Woche Zeit, um uns auf das Rückspiel vorzubereiten", meinte Pajovic. "Und wir fahren nach Kiel, um den Titel zu gewinnen." Ähnlich äußerte sich Duschebajew, der mit der Betreuung seiner Weltauswahl allerdings überfordert wirkte. "Wir werden in Kiel alles besser machen und uns teuer verkaufen", meinte der 39-Jährige, der kuriose Entscheidungen fällte. So ließ er Olafur Stefansson, einem der wenigen Ciudad-Stars mit intakter Einstellung, von David Davis ausrichten, dass er nach der nächsten Aktion ausgewechselt werden würde. Als der Isländer diese Botschaft erhielt, stand er an der Strafwurflinie und hatte sich gerade auf das Duell mit Kiels Thierry Omeyer konzentriert. Stefansson traf zum 9:8 und kehrte höchst erregt auf die Bank zurück. Sein Unverständnis für die Kommunikationswege seines Trainers war bis unter die Hallendecke der mit 5200 Zuschauern nicht ausverkauften Quijote-Arena spürbar.
Überhaupt wirkte das Starensemble, in dem sich die Erfahrung aus mehr als 1500 Länderspielen tummelt, nicht wie ein Team. "Sie harmonieren nicht als Mannschaft", erkannte THW-Manager Uwe Schwenker, der nach der Gala-Vorstellung seiner Spieler, die dem Club auch 80 000 Euro Punktprämie einbrachte, aber gleich warnend den Zeigefinger hob. "Das sind trotzdem alles Ausnahmekönner. Noch ist nichts gewonnen." Ähnlich äußerte sich Noka Serdarusic, der an der Seitenlinie wiederholt von dem wild gestikulierenden Duschebajew attackiert wurde. "Wir hatten heute auch ein bisschen Glück", meinte der THW-Trainer. "Ciudad war nicht so stark, wie ich sie erwartet hatte." Richtige Freude über den Sieg könne er nicht verspüren. "Wenn Ciudad im Rückspiel einen guten Tag hat und wir einen schlechten, dann sieht alles wieder ganz anders aus."
Dass der THW erst eine Halbzeit gespielt hat, war auch den Siegern bewusst. "Für uns ist das Ergebnis nicht trügerisch", meinte THW-Linksaußen Dominik Klein. "Wir Spieler wissen, dass wir noch einmal 60 Minuten Gas geben müssen. Und das werden wir."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.05.2008)
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