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26.01.2009 International

Kieler Nachrichten: Der Machtkampf im Handball-Weltverband eskaliert

Generalsekretär muss mit Ausschluss rechnen - Moustafa bleibt ungerührt

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009:

IHF-Präsident Hassan Mustafa.
Klicken Sie zum Vergrößern! IHF-Präsident Hassan Mustafa.

Zadar - Kämpft Peter Mühlematter sein letztes Gefecht? Der Schweizer Generalsekretär der Internationalen Handball-Föderation (IHF), die derzeit in Kroatien die 21. Weltmeisterschaft abhält, ist offensichtlich isoliert. Der 64-jährige Berner hat keine ansteckende Krankheit - es sind andere Gründe, warum die Funktionäre den Kontakt mit ihm tunlichst meiden: Mühlematter ist mit massiven Vorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen. Er hat Hassan Moustafa, den skandalerprobten IHF-Präsidenten, in der letzten Woche angeprangert und öffentlich zum Rücktritt aufgefordert, und dafür soll er nun bezahlen: Nach Informationen dieser Zeitung will der IHF-Rat, der am Sonnabend in Zagreb tagt, den Schweizer ausschließen. "Das ist nach Schweizer Recht nicht möglich", erklärt Mühlematter dazu zwar. Aber der Mann, der seit Jahren als "Gewissen" der IHF gilt, macht doch einen eher verstörten Eindruck.
Die Vorwürfe gegen den ägyptischen Präsidenten und den spanischen Schatzmeister Miguel Roca sind inzwischen der gesamten Handballwelt bekannt. In der vergangenen Woche nämlich verschickte ein "Aktionskomitee für sauberen Handball" in vier Sprachen (deutsch, englisch, spanisch, französisch) ein umfassendes Dossier an alle 159 Mitglieder der IHF, an die fünf Kontinentalverbände (Europa, Panamerika, Afrika, Asien, Ozeanien) sowie an internationale Nachrichtenagenturen. Als Absender fungierte die Geri Staudenmann Kommunikations AG aus Bern. Niemand zweifelt daran, dass Mühlematter dieses Dossier lanciert hat.

Inhalt der brisanten Papiere sind in erster Linie Zeitungsartikel und TV-Beiträge aus internationalen Medien über die zahlreichen Skandale, die sich die IHF in den letzten Jahren leistete. Die Chronique scandaleuse beginnt mit dem Manipulationsskandal in der asiatischen Olympiaqualifikation für Peking 2008. Dieses Turnier im September 2007 in Toyota (Japan), bei dem jordanische Schiedsrichter im Spiel Kuwait gegen Südkorea (28:20) nahezu alle Entscheidungen gegen Südkorea gepfiffen hatten, musste die IHF nach großen internationalen Druck neu ansetzen, ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele. Und vor den Richtern des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS) in Lausanne erklärten die IHF-Anwälte, dass Moustafa die ursprünglich vorgesehenen deutschen Referees Frank Lemme/Bernd Ullrich höchstpersönlich abgesetzt hatte. Hintergrund war eine öffentlich gewordene Absprache Moutafas mit dem kuwaitischen Präsidenten des Asiatischen Handballverbandes.

Doch Moustafa leistet sich nicht nur diesen spektakulären Korruptionsfall. Im April 2008 stellte sich heraus, dass der 54-jährige Ägypter seit seinem Amtsantritt im November 2000 alle Dienstflüge ohne Ticket-Belege abrechnete. Auf diese Weise kassierte Moustafa bis Juni 2007 knapp 600 000 Schweizer Franken, aber Konsequenzen gab es erneut keine: "Das ist eine Sache des Vertrauens", erklärte der Ägypter damals dem NDR, er werde auch weiter so verfahren.

Vor zehn Tagen stellte sich heraus, dass die IHF eine abenteuerliche Anti-Doping-Politik betreibt. Nach Angaben von IHF-Medizinern hat die IHF noch nie eine Trainingskontrolle angeordnet. Moustafa habe ihm erklärt, dass sei nur "rausgeworfenes Geld", berichtete der Wiener Sportmediziner Hans Holdhaus. Moustafa verteidigte sich, er habe mit dem nichts zu tun. Peinlich für ihn, dass sich dann herausstellte, dass die IHF-Exekutive im Juli 2008 der Anti-Doping-Einheit tatsächlich ein Budget verweigert hatte. An der Spitze dieses Gremiums sitzt Moustafa.

Mühlematter hat nun allen IHF-Mitgliedern, also auch den Verbänden in Vanuatu, Costa Rica oder Ecuador, diese Informationen zugänglich gemacht. Es sei an der Zeit, vor dem Wahlkongress im Juni über "personelle Änderungen sprechen, insbesondere über den Präsidenten und den Schatzmeister". Sollte Moustafa wiedergewählt werden, würde sich laut Mühlematter "die Situation des Handballs weltweit verschlechtern". Moustafa reagiert unbeeindruckt. Er geht von seiner Wiederwahl aus: "Ich kenne keinen Gegenkandidaten."

(Von Erik Eggers, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009)


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