09.04.2010 | Bundesliga |
Das Fundament, auf dem der THW seinen sechsten Sieg in Folge gegen die Flensburger errichtete, war die starke Abwehr. Besonders Börge Lund, der den verletzten Marcus Ahlm im Mittelblock ersetzte, verlieh der zuletzt wackligen 6:0-Deckung Stabilität. "Er hat für die Aggressivität gesorgt, die unserer Abwehr zuletzt in den ersten Minuten gefehlt hat", lobte Trainer Alfred Gislason den Norweger. Mit ihm und der Deckung war er auch in den ersten Minuten zufrieden gewesen, als seine Mannschaft sich durch eine katastrophale Angriffsleistung einen 2:6-Rückstand eingehandelt hatte. "Das war Wurftraining", ärgerte sich Gislason. "Wir haben gar keine Taktiken gespielt."
Selbstbewusst waren sie gewesen, die Gäste. Warum auch nicht, hatten sie doch zuvor bereits bei den Löwen (30:26), in Gummersbach (27:26) und in Lemgo (24:23) gewonnen. Diese Kieler waren für sie am Ende aber eine Nummer zu groß. "Unser Kader hat nicht die Qualität und die Quantität, um hier zu gewinnen", meinte SG-Geschäftsführer Holger Kaiser. "Der Sieg war verdient, aber wir fahren mit breiter Brust nach Hause."
Zufrieden war auch der Fernsehsender DSF, der sich im Schnitt über 360 000 Zuschauer (Marktanteil 1,1 Prozent) freuen konnte. In jener Phase - zwischen der 40. und 50. Minute - schalteten trotz des Fußballspiels zwischen dem FC Bayern und ManU gar 570 000 Zuschauer ein.
Gestern Abend griffen die "Zebras" in einem Benefizspiel dem finanziell angeschlagenen Zweitligisten Post Schwerin (35:22 für den THW) unter die Arme. "Das ist eine Herzensangelegenheit", meinte THW-Manager Uli Derad. Ähnlich äußerte sich Gislason, der viele Jahre beim einzigen Ost-Bundesligisten SC Magdeburg gearbeitet hatte. "Es wäre bitter für den Handball und die ganze Region, wenn Klubs wie Schwerin oder Rostock von der Bildfläche verschwinden würden."
Der Mannschaft strich er das Freitagstraining, so dass sich die "Zebras" schon heute zerstreuen werden. Spieler wie der Serbe Momir Ilic (Bauchmuskelzerrung), der Schwede Kim Andersson (Knieprobleme), der Deutsche Christian Sprenger (Knöchel) oder der tschechische Marathon-Mann Filip Jicha haben aber den Auftrag, sich bei ihren Nationalteams vorrangig um Regeneration zu bemühen. Wer bleibt, hat bis Mittwoch frei.
Gislason selbst will das Wochenende in seinem Haus bei Magdeburg verbringen - Handy aus, kein Handball. Auch kein Blick für das Final Four in Hamburg. "Das tut noch immer sehr weh, daran nicht teilnehmen zu können."
Vermisst wird der sechsfache Cup-Sieger auch von den Fans. Gestern gab es noch 200 Karten für die Pokalendrunde, das wäre in den vergangenen sechs Jahren, in den der THW stets teilgenommen hat, undenkbar gewesen. "Es war noch nie so schwierig, die Karten zu verkaufen", bestätigte Oliver Lücke, Pressesprecher der Handball-Bundesliga. "Das liegt an der schwierigen wirtschaftlichen Situation im Moment, aber auch daran, dass der THW Kiel fehlt."
Am 22. Mai wird die Color Line Arena ausverkauft sein. Dann, wenn der HSV und der THW um die Meisterschaft spielen. Nicht nur Kiels Igor Anic ist fest vom Endspiel-Charakter überzeugt: "Beide Mannschaften geben bis dahin keinen Punkt mehr ab."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 09.04.2010)
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