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10.04.2010 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Aron Palmarsson: "Ich lebe einen Traum"

Isländischer THW-Star Aron Palmarsson hat in Kiel eine zweite Heimat gefunden

Aus den Kieler Nachrichten vom 10.04.2010:

Aron Palmarsson.
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Kiel. Aron Palmarsson verbringt seine Urlaube auf der Heimatinsel Island. Diesmal hat er drei Tage gewonnen, wollte er doch ursprünglich am Montag fliegen. Nun konnte der 19-Jährige bereits gestern sein Appartement in Melsdorf abschließen, und war dennoch traurig: Er hätte gerne zum ersten Mal am Final Four teilgenommen.
So begleiten ihn die Erinnerungen vom Derby-Sieg gegen Flensburg (29:23). Eine Atmosphäre, die er liebt. Die er auch erlebt hat, wenn in seiner Heimatstadt Hafnarfjördur sein Ex-Verein, FH, und der Erzrivale Haukar aufeinandertreffen. "Das ist zwar fünf Nummern kleiner, aber die Halle ist dann ausverkauft und auf dem Feld wird es richtig heiß."

Die Zuschauer sind für ihn, der seit Juli 2009 ein "Zebra" ist, der größte Unterschied zwischen den Welten. Nach wie vor kann er es nicht fassen, dass die Kieler Arena immer ausverkauft ist. Bei jedem Gegner. Mit einem Publikum, das er schätzt. "Gerade bei den Bundesliga-Spielen sind es zwar viele Ältere", meint der siebenmalige Nationalspieler. "Aber sie haben Ahnung." Für ihn sei es deshalb kein Problem, wenn sie bei mäßigen Leistungen pfeifen. "Wenn wir die Fans brauchen, stehen sie wie ein achter Mann hinter uns."

Hinter ihm sowieso, hat er sich doch spätestens bei der 30:32-Heimniederlage gegen den FC Barcelona in ihre Herzen gespielt. Mit sieben frechen Toren, einer selbstbewussten Interpretation seiner Rolle als Mittelmann und seinem Lausbub-Aussehen. Ob er sich bewusst ist, dass er als Neuling die Weltklasse dirigiert? Nein. "Wenn Marcus (Ahlm, Anm. d. Red.) den Ball einmal zu langsam spielt, muss ich es ihm doch sagen", meint Palmarsson, der seinen Landsmann Snori Gudjonsson (RN Löwen) als Vorbild hat. "Er redet viel mit seinen Nebenleuten. Da weiß jeder, was er machen soll. Er hat die Kontrolle, das ist auch mein Spiel."

Auf Island ist der Neffe des Fußballstars Eidur Gudjohnson (u.a. Champions-League-Sieger mit dem FC Barcelona) spätestens seit seinem starken Auftritt im EM-Halbfinale 2010 gegen Frankreich (28:36) eine Berühmtheit, als er innerhalb von 28 Minuten sechs Tore warf. "Ich kann nicht mehr auf die Straße gehen, ohne erkannt zu werden." Spielt das Nationalteam, säßen 90 Prozent der Landsleute vor dem Bildschirm. Auch, weil die "Isis" Sport mit Herz abliefern. "Wir wissen, dass wir nur so eine Chance haben", sagt der 1,92 Meter große Blondschopf. "Mit unserer Leidenschaft können wir jeden schlagen. Außer Frankreich."

Privat ist er ein Einzelgänger, einer, der am liebsten mit dem unvermeidlichen Laptop in Cafes sitzt. In Kiel, in Hamburg. "Ich bin gerne allein." Deshalb verspüre er nach Island-Trips auch kaum Heimweh. "Am ersten Tag geht es mir schlecht. Am zweiten nicht mehr." Zwei, dreimal sei er bislang im Kieler Nachtleben unterwegs gewesen, ein "party animal" sei er entgegen anderslautender Gerüchte nicht. "Dafür habe ich keine Zeit", meint der ehrgeizige Junggeselle, der sich schon jetzt auf den Sommer freut. Auch, weil seine Eltern, Heida Einarsdottir und die Basketball-Legende Palmar Sigurdsson, für ihn im Garten ein Häuschen einrichten. 30 Quadratmeter, ein Bett, TV. "Mehr brauche ich nicht", sagt Palmarsson, der als 15-Jähriger beschloss, die Insel zu verlassen, um Profi werden zu können. Handball auf Island ist nur ein Hobby. Die Besten verdienten vor der Finanzkrise 1500 Euro pro Monat, danach weniger.

Palmarsson, der beim THW rund 10 000 Euro netto pro Monat erhalten soll, ist ein sehr guter Basketballer. Er verehrt Lakers-Star Kobe Bryant, dessen Nummer, die "24", er trägt. "Aber das Training hat mich gelangweilt." Außerdem hätte er in der Halle von Haukar spielen müssen. Ein weiterer Minuspunkt. Als Fußballer hätte der Fan des FC Chelsea es nach eigenen Angaben "nur" in die 2. Liga Schwedens geschafft. Also Handball. Ein Sport, in dem als eines der größten Talente auf dem Planeten gilt. Als Kiels Trainer Alfred Gislason anrief, zögerte er keine Sekunde. Obwohl der Absprung für ihn eigentlich zwei Jahre zu früh kam. Und obwohl der FC Barcelona ihn gerade zum Probetraining geladen hatte. Bereut hat er es nicht: "I'm living a dream."

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 10.04.2010)


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