02.09.2010 | Mannschaft |
Daniel Kubes. |
Was muss ein guter Abwehrspieler können? Der 32-Jährige sagt Banales, auf den ersten Blick. Auf den zweiten wird klar, warum Kiel ihn verpflichtet hat. "Ein guter Abwehrspieler muss diese Rolle mögen." Er selbst versteht sich als erster echter Defensivspezialist des THW nach Klaus-Dieter Petersen. Ein Eisenmann, der in den vergangenen vier Jahren nur ein einziges Bundesligaspiel verpasste. 135 gespielt, eines nicht.
Kubes ist einer, der sich intensiv mit seiner Sportart beschäftigt. Er seziert im Wohnzimmer stundenlang Spiele, studiert Taktiken, Gegner, entwickelt Lösungen. "Ich bin ein Handball-Verrückter." Auch die Deckung seines neuen Arbeitgebers hat er intensiv studiert. "Sie ist stark, hat aber mit diesen Klasse-Spielern noch Luft nach oben." Er will sich bemühen, eine Abwehr zu stellen, die dem Gegner die Spielzüge diktiert. Die ihn zwingt, dort zu werfen, wo die Deckung es erwartet. "Abwehrarbeit ist ein kreativer Prozess", sagt Kubes, der sich auf seinen neuen Arbeitsplatz freut. "Es wäre schön, wenn die Jungs eines Tages denken, dass hinten nichts passieren kann, weil Daniel neben ihnen steht." Eine 3:2:1-Deckung, die der THW in der vergangenen Saison nahezu perfekt praktizierte, hat der 106-fache Nationalspieler zwar noch nie gespielt. "Aber auch deshalb bin ich nach Kiel gegangen. Ich will noch etwas Neues lernen."
Obwohl er erst seit wenigen Wochen in Kiel ist, hat der THW-Virus ihn schon infiziert. Der Mannschaftsgeist sei nur mit dem bei der HSG Nordhorn zu vergleichen, bei der er seine bislang prägendste Zeit erlebte. "Aber hier ist alles noch einmal eine Nummer größer." Besonders beeindruckte ihn das Auftreten der Kollegen beim Heide-Cup in Lüneburg. Der Umgang mit der Verletzung von Daniel Narcisse am ersten Turniertag. "Da sind sie noch enger zusammengerückt, haben noch härter gearbeitet und noch mehr Gas gegeben." Die Unterstützung für ihn, den Neuen, sei unglaublich. "Ich fühle mir hier unheimlich wohl."
Mit dem THW fiebert Kubes schon seit Jahren mit, auch weil hier mit Filip Jicha ein sehr enger Ereund spielt. Das Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona sah der zweifache Familienvater während eines Mannschaftsabends des TBV Lemgo in der Küche eines italienischen Restaurants. Kiel, das ist zu spüren, ist für ihn Traum. "Für so eine Chance habe ich jahrelang gearbeitet."
Unter anderem in Nordhorn, einer echten Herzensangelegenheit, wie er sagt. Beim letzten Punktspiel der Niedersachsen vor seinem Wechsel nach Lemgo ließ Kubes sich sogar zu einem Striptease hinreißen. "Ich habe alles ins Publikum geworfen und bin in der Unterhose durch die Halle gelaufen."
Aber in Lemgo reizte ihn das Projekt. In drei Jahren sollte der TBV um die Champions-League-Plätze mitspielen. Er, Kubes, sollte die Abwehr organisieren. Doch dann hätte sich der Erfolg zu schnell eingestellt, Lemgo mischte schon nach einem halben Jahr in der Spitze mit. "Da sind die Sponsoren nervös geworden, sie wollten den Erfolg nun früher." Daran, so Kubes, sei die Mannschaft und Umfeld zerbrochen. Die vorzeitige Trennung von Trainer Markus Baur hätte ihn zudem "schwer getroffen". Nun begeistert ihn ein neues Projekt: Die Abwehr eines Champions-League-Siegers zu verbessern. Nein, Angst hätte er davor nicht. Aber Respekt, das schon.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010)
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