Aus den Kieler Nachrichten vom 29.12.2010:
Mit
Andreas Palicka sprach Wolf Paarmann.
- Kieler Nachrichten:
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Wie groß war die Enttäuschung, nicht dabei sein zu dürfen?
- Andreas Palicka:
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Unglaublich groß. Es ist zwar auch eine logische Entscheidung,
schließlich werde ich in Kiel meistens nur eingewechselt und zeige
dabei sehr unterschiedliche Leistungen. Aber meine Nationaltrainer
haben sich auch nicht die Mühe gemacht, wirklich sehen zu wollen,
wie ich hier arbeite, welche Fortschritte ich mache. In eine Krise
werde ich deshalb nicht geraten. Ich habe bereits eine Urlaubsreise
gebucht, darauf freue ich mich. Vielleicht schaue ich mir die Spiele
im Fernsehen an, vielleicht auch nicht.
- Kieler Nachrichten:
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Warum hätten Staffan Olsson und Ola
Lindgren Sie nominieren sollen?
- Andreas Palicka:
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Ein Grund ist, dass ich von den fünf Torhütern, die zum 28er-Kader
gehört haben (Nummer fünf ist Per Sandström, Anm. d. Red.), der
einzige bin, der anders ist, der nicht die schwedische Schule
durchlaufen hat. Ich habe schon einige Fragen, die ich ihnen stellen
möchte. Das werde ich aber erst nach der WM
machen. Für Schweden hoffe ich, dass sie den richtigen Beschluss
gefasst haben.
- Kieler Nachrichten:
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Bekommen Sie hinter Thierry Omeyer genug
Licht, um auf sich aufmerksam machen zu können?
- Andreas Palicka:
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Titi ist nicht das Problem, ein Vereinswechsel
ist für mich überhaupt kein Thema. Wenn der Club es will, bleibe ich noch
20 Jahre. Ich will der beste Torhüter der Welt werden. Darüber kann gerne
gelacht werden, aber das ist mein Ziel. Dafür kämpfe ich jeden Tag. Und wo
kann ich es besser erreichen als beim besten Club der Welt? Und außerdem
werden alle großen Spieler älter, auch ein Omeyer.
- Kieler Nachrichten:
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In Friesenheim kamen Sie in der 43. Minute und wurden in der 47. Minute
ausgewechselt, ohne einen Ball gehalten zu haben. Was war los?
- Andreas Palicka:
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Ich wollte zu viel, ich wollte alle Würfe parieren. Dabei habe ich
mich zu sehr unter Druck gesetzt, Dinge gemacht, die ich nicht machen
sollte. Und schon ging das Selbstbewusstsein, das ich mir in den
letzten Wochen aufgebaut hatte, runter. Außerdem führten wir mit
zehn Toren, da lässt die Abwehr um drei, vier Prozent nach. Einer
macht eine Pause und die ganze Deckung ist kaputt. Es ist nicht leicht,
in einer solchen Situation eingewechselt zu werden. Aber in erster
Linie ist mein Kopf das Problem.
- Kieler Nachrichten:
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Wie lösen Sie dieses Kopfproblem, sprechen Sie beispielsweise mit
Omeyer darüber?
- Andreas Palicka:
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Nein, Titi und ich sprechen eigentlich
gar nicht über Handball. Alfred (Gislason/Trainer,
Anm. d. Red.) ist ein wichtiger Partner, er kennt mich sehr gut. Ich überlege
auch, mit einem Mentaltrainer zu arbeiten. Als Torhüter bist Du eben immer
allein. Kaum ein Zuschauer sieht, wenn ein Feldspieler drei, vier Fehler in
Folge macht. Aber wenn ein Torhüter ein paar Bälle nicht hält, bekommt das
jeder mit. Ich muss lernen, Handball mehr als Spaß zu verstehen. Denke ich
nicht, so wie beim Pokalspiel in Lübbecke, halte ich besser.
- Kieler Nachrichten:
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Sehen Sie denn beim THW derzeit eine Perspektive?
- Andreas Palicka:
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Klar. Ich darf auch nicht vergessen, dass ich durch meine schwere
Verletzung (Muskelabriss im Oberschenkel, Anm. d. Red.) ein
Jahr verloren habe. Wenn ich das berücksichtige, bin ich mit meiner
Situation sehr zufrieden, auch wenn sie nicht einfach ist. Ich will
einen Schritt nach dem anderen gehen. Der nächste wird sein, in
der Rückrunde noch mehr Einsatzzeiten zu bekommen. Ich werde
beim THW perfekt behandelt und weiß, dass meine Zeit noch kommen wird!
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.12.2010)