Aus den Kieler Nachrichten vom 04.02.2011:
Kiel. Handballmeister THW Kiel kehrt am Montag
mit dem Spiel gegen HSG Ahlen Hamm (19.30 Uhr,
Sparkassen-Arena) in die Bundesliga zurück. Trainer
Alfred Gislason äußert sich zur aktuellen Situation im
Club und spricht auch über die
Weltmeisterschaft und
mögliche Konsequenzen aus dem Abschneiden der
deutschen Mannschaft.
Mit
Alfred Gislason sprach KN-Redakteur Reimer Plöhn.
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Gislason, Ihre französischen
Weltmeister kommen Freitag zurück, beim
Test am Mittwoch gegen den VfL Bad Schwartau waren Ihre WM-Fahrer
Klein, Ilic und
Palmarsson erstmals wieder im THW-Kader.
Welchen Eindruck haben Sie von dem Trio, hat das
Turnier in Schweden viel Kraft gekostet?
- Alfred Gislason:
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Der eine oder andere Spieler ist ein wenig müde. Aber ich
denke, dass es vor allem eine Kopfsache ist, wie man mit
dem Kräfteverschleiß umgeht. Sicher ist allerdings,
dass die WM-Fahrer nicht kaputter sind als die, die hiergeblieben
sind. Seit dem 13. Januar haben wir in Kiel trainiert,
die Jungs haben sehr hart, aber auch sehr gut gearbeitet,
die hatten wohl eine noch größere Belastung als
die Nationalspieler.
- Kieler Nachrichten:
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Das Verletzungspech bleibt dem THW treu, Kim Andersson
und Christian Sprenger sind mit einem Daumenbruch bzw. einem
Muskelfaserriss aus Schweden zurückgekehrt. Außerdem
fehlt weiterhin Daniel Narcisse. Wie können Sie diese
Ausfälle kompensieren?
- Alfred Gislason:
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Dass Kim und Christian verletzt
sind, ist sehr ärgerlich. Wir haben solche Rückschläge
aber schon öfter erlebt und haben es meistens geschafft,
die Lücken zu schließen. Daniel Narcisse
macht nach seinem Kreuzbandriss vom Sommer Fortschritte,
ist im Aufbau-, aber noch nicht im Mannschaftstraining.
Er selbst hofft, in der Champions League bei seinem
Ex-Club Chambery (19. Februar, d. Red.) sein Comeback
feiern zu können. Aus meiner Sicht ist diese Einschätzung
allerdings sehr optimistisch.
- Kieler Nachrichten:
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Marcus Ahlm und Christian Zeitz
fehlten zuletzt jeweils wegen eines Mittelhandbruches.
Wie weit sind sie?
- Alfred Gislason:
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Im Testspiel gegen den VfL Bad Schwartau waren ja beide
dabei, haben gut gespielt. Marcus und
Christian haben
in der WM-Pause hart trainiert, viel für Ausdauer, Kraft
und Schnelligkeit getan. Wir können wieder voll auf die
beiden setzen.
- Kieler Nachrichten:
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Hat die WM der Handball-Welt
neue Dinge beschert, und wie beurteilen sie das Niveau der
Spiele?
- Alfred Gislason:
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Man kann die Spiele bei großen Turnieren nicht mit denen
in der Bundesliga vergleichen. Interessant war es aber,
wie gut sich Argentinien präsentiert hat. Allerdings waren
die Südamerikaner auch in der glücklichen Lage, sich
Monate lang auf die WM vorbereiten zu dürfen. Ansonsten
haben die Dänen super gespielt, werden immer besser.
Die Franzosen sind ihrer Favoritenstellung gerecht geworden,
im Finale haben wir einen überragenden Nikola Karabatic
gesehen, außerdem eine sehr gute Leistung von
Jerome Fernandez.
- Kieler Nachrichten:
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Deutschland ist abgestürzt. Platz elf schadet dem Image der
Nationalmannschaft, schadet er auch dem Image der bisher
boomenden Bundesliga?
- Alfred Gislason:
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Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Ich kann bei
den Statements heraushören, dass man beim DHB alles
richtig gemacht hat. Das aber ist der falsche Weg. Das Abschneiden
ist kein Weltuntergang, dennoch muss etwas geschehen,
nach Ursachen gesucht und entsprechend gehandelt
werden.
- Kieler Nachrichten:
-
Was sollte getan werden?
- Alfred Gislason:
-
Das ist mit wenigen Sätzen nicht erzählt. Ein Beispiel
aber ist die zahlenmäßig große deutsche Liga. Die Spanier
haben es besser, die spielen nur bis Mitte Dezember,
können sich anschließend auf große Turniere einstimmen.
Bei uns wird über eine Ausländerquote lamentiert. Aber
die löst auch keine Probleme. Schlimm finde ich es, dass
schon im Vorfeld von Meisterschaften das eigene Leistungsvermögen
heruntergeredet wird. Außerdem wird bereits
vorher, sollte etwas schiefgehen, der allein Schuldige
genannt: nämlich die Liga. Würde ich vor der Saison
den THW kleinreden, dann hätten wir schon verloren, bevor
es losgeht. Es gibt einiges zu klären, und ich bin dafür,
dass die Vereine in die Lösung der Probleme einbezogen
werden, schließlich sind wir
eng ins deutsche Handballgeschehen eingebunden, haben
sehr gute Kontakte. Ob der DHB allerdings gemeinsam
mit der Liga arbeiten will, erscheint mir sehr fraglich. Wir
ausländischen Trainer würden gerne mitarbeiten. Wir
sind gewillt, dass der deutsche Handball stark ist, denn davon
leben auch wir.
- Kieler Nachrichten:
-
Am Montag starten Sie gegen Ahlen-Hamm wieder in die Bundesliga.
Der HSV ist fünf Punkte weg, Berlin zwei. Wird der THW
trotzdem Meister?
- Alfred Gislason:
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Dazu sage ich nur, was ich immer sage: Erst spielen wir gegen
Ahlen, dann gegen Berlin, und Ende Mai sehen wir, was
draus werden kann. Wichtig ist nur, dass wir gut spielen.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 04.02.2011)