02.04.2012 | Mannschaft |
Aron Palmarsson. |
Druck sei für ihn, der erstmals zum Handballer des Jahres in seiner Heimat gewählt worden ist, kein Problem. "Den spüre ich, seit ich zwölf bin." Der Sohn der Basketball-Legende Palmar Sigurdsson verlor in der Jugend von FH Hafnarfjördur sechs Jahre lang kein Spiel und wurde stets als Jahrhunderttalent gefeiert. In seiner letzten Männer-Saison wurde er als "wertvollster Spieler" geadelt. Vielleicht sei es auch deshalb der richtige Schritt gewesen, direkt zu einer Top-Adresse zu wechseln.
In Kiel fing Palmarsson wieder ganz unten an. Auch privat. "Ich bin stolz darauf, das erste Jahr überstanden zu haben." Wäsche waschen, Einkaufen, Kochen, alleine leben - Palmarsson, der auch als Fuß- und Basketballer über ein respektables Talent verfügt, betrat in jeder Hinsicht Neuland. Und jetzt? Er kauft gerade eine Wohnung in Reykjavik und verlässt die Hütte im Garten seiner Eltern in Hafnarfjördur. Seinen Zweitwohnsitz neben dem Appartement in Kronshagen.
Seine Freizeit verbringt er zu einem nicht unwesentlichen Teil mit den Kollegen Andreas Palicka, Kim Andersson und Christian Sprenger. "Ich habe eine Weile versucht, eine Freundin zu finden", sagt der 49-malige Nationalspieler. "Aber Suche ist keine Lösung." Sicher, manchmal würde er sich, weit entfernt von Freunden und Familie, einsam fühlen. Aber seine Gegenwart würde er auf keinen Fall eintauschen wollen. "Ich darf hier einen Traum leben."
Auf Island ist der Neffe des Fußball-Idols Eidur Gudjohnson längst ein Volksheld, doch sein Leben musste er nicht ändern. "Die Isländer haben großen Respekt vor anderen Menschen. Auch Brad Pitt könnte bei uns ungestört im Cafe sitzen." Als ihn seine Landsleute nach der vergangenen Saison feiern wollten, lehnte er Glückwünsche ab. Sie hatten die Titel in der Meisterschaft und der Champions League verpasst, es hätte keinen Grund zum Feiern gegeben. "Ich finde geil, bei einem Verein zu spielen, der solche Ziele hat. Wir schauen, wie viele Titel gibt, und die wollen wir alle."
Sicher, er würde sich mehr Spielanteile wünschen. Aber das hätte er selbst in der Hand. "Ich muss noch an meiner Konzentration arbeiten." Gerade gegen die vermeintlich leichteren Gegner würde es ihm schwer fallen, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Außerdem arbeitet er mit speziellen Übungen und Einlagen an seinen Defiziten. Weil sein linkes Bein zwei Zentimeter länger ist, reagierte sein Körper zuletzt bei Belastung häufig mit Schmerzen. Eine echte Hürde, um ihn so trainieren zu können, wie Alfred Gislason es sich wünscht. "Um die nächste Stufe zu erreichen, muss er noch schneller werden", sagt der THW-Trainer, der mit seinem Landsmann sehr zufrieden ist. Sicher, er müsse mittelfristig auch in der Lage sein, die Spitze in der offensiven Deckung zu spielen. Auch sollte er, wie Jicha, in die Rolle des Kreisläufers schlüpfen können. "Er hat alles, um ein neuer Lövgren zu werden", sagt Gislason. "Aber eine Führungsfigur muss das auch neben dem Spielfeld sein."
Palmarsson ist als Mittelmann noch auf der Suche. Sein Trainer erwartet, dass er wirft, wenn sich eine Chance ergibt. Er selbst bevorzugt den Pass auf den Kollegen, wenn der eine noch bessere Position hat. "Ich finde es auch geiler, einen No-Look-Pass an den Kreis zu spielen, als selbst zu werfen." Ihn würde nur das Ergebnis interessieren. Allerdings hätte er in dieser Saison die Erfahrung gemacht, seinen Wurfrhythmus verloren zu haben, nachdem er wochenlang den Vorbereiter gegeben hatte.
Spätestens nach der Saison 2012/2013 wird er noch mehr Verantwortung im THW-Trikot übernehmen müssen. "Dann gibt es auch keine Ausreden mehr", sagt Palmarsson, der als sehr ehrgeizig und selbstkritisch gilt. "Aber: Ich bin bereit."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012)
Aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012:
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