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02.04.2012 Mannschaft

Kieler Nachrichten: "Kiel ist mein Platz"

Hohes Ziel: Isländer Aron Palmarsson soll eines Tages die Zukunft des THW werden

Aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012:

Aron Palmarsson.
Klicken Sie für weitere Infos! Aron Palmarsson.
Kiel. Aron Palmarsson ist erst 21 Jahre alt, für sein Nationalteam ist er trotzdem schon der große Hoffnungsträger. Am Wochenende spielen die Isländer in Zagreb gegen Kroation, Japan und Chile um zwei Tickets für die Olympischen Spiele in London (27. Juli bis 12. August). "Wir sind Island", sagte Palmarsson. "Wenn wir es nicht schaffen, uns in dieser Gruppe zu qualifizieren, ist das eine Katastrophe."
Seit drei Jahren spielt der blonde Rechtshänder beim THW Kiel. Als Mittelmann steht er noch im Schatten von Weltstars wie Filip Jicha und Daniel Narcisse. Eine Rolle, mit der er gut leben kann. "Kiel ist mein Platz." Bereits bei seiner Verpflichtung wäre ihm seine Zukunft aufgezeichnet worden. Eines Tages soll er, der bis Juni 2015 verlängert hat, der Kapitän sein, und das Erbe von Stefan Lövgren antreten. "Wenn ich tatsächlich sein Nachfolger werde, kann ich nicht viel falsch gemacht haben."

Druck sei für ihn, der erstmals zum Handballer des Jahres in seiner Heimat gewählt worden ist, kein Problem. "Den spüre ich, seit ich zwölf bin." Der Sohn der Basketball-Legende Palmar Sigurdsson verlor in der Jugend von FH Hafnarfjördur sechs Jahre lang kein Spiel und wurde stets als Jahrhunderttalent gefeiert. In seiner letzten Männer-Saison wurde er als "wertvollster Spieler" geadelt. Vielleicht sei es auch deshalb der richtige Schritt gewesen, direkt zu einer Top-Adresse zu wechseln.

In Kiel fing Palmarsson wieder ganz unten an. Auch privat. "Ich bin stolz darauf, das erste Jahr überstanden zu haben." Wäsche waschen, Einkaufen, Kochen, alleine leben - Palmarsson, der auch als Fuß- und Basketballer über ein respektables Talent verfügt, betrat in jeder Hinsicht Neuland. Und jetzt? Er kauft gerade eine Wohnung in Reykjavik und verlässt die Hütte im Garten seiner Eltern in Hafnarfjördur. Seinen Zweitwohnsitz neben dem Appartement in Kronshagen.

Seine Freizeit verbringt er zu einem nicht unwesentlichen Teil mit den Kollegen Andreas Palicka, Kim Andersson und Christian Sprenger. "Ich habe eine Weile versucht, eine Freundin zu finden", sagt der 49-malige Nationalspieler. "Aber Suche ist keine Lösung." Sicher, manchmal würde er sich, weit entfernt von Freunden und Familie, einsam fühlen. Aber seine Gegenwart würde er auf keinen Fall eintauschen wollen. "Ich darf hier einen Traum leben."

Auf Island ist der Neffe des Fußball-Idols Eidur Gudjohnson längst ein Volksheld, doch sein Leben musste er nicht ändern. "Die Isländer haben großen Respekt vor anderen Menschen. Auch Brad Pitt könnte bei uns ungestört im Cafe sitzen." Als ihn seine Landsleute nach der vergangenen Saison feiern wollten, lehnte er Glückwünsche ab. Sie hatten die Titel in der Meisterschaft und der Champions League verpasst, es hätte keinen Grund zum Feiern gegeben. "Ich finde geil, bei einem Verein zu spielen, der solche Ziele hat. Wir schauen, wie viele Titel gibt, und die wollen wir alle."

Sicher, er würde sich mehr Spielanteile wünschen. Aber das hätte er selbst in der Hand. "Ich muss noch an meiner Konzentration arbeiten." Gerade gegen die vermeintlich leichteren Gegner würde es ihm schwer fallen, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Außerdem arbeitet er mit speziellen Übungen und Einlagen an seinen Defiziten. Weil sein linkes Bein zwei Zentimeter länger ist, reagierte sein Körper zuletzt bei Belastung häufig mit Schmerzen. Eine echte Hürde, um ihn so trainieren zu können, wie Alfred Gislason es sich wünscht. "Um die nächste Stufe zu erreichen, muss er noch schneller werden", sagt der THW-Trainer, der mit seinem Landsmann sehr zufrieden ist. Sicher, er müsse mittelfristig auch in der Lage sein, die Spitze in der offensiven Deckung zu spielen. Auch sollte er, wie Jicha, in die Rolle des Kreisläufers schlüpfen können. "Er hat alles, um ein neuer Lövgren zu werden", sagt Gislason. "Aber eine Führungsfigur muss das auch neben dem Spielfeld sein."

Palmarsson ist als Mittelmann noch auf der Suche. Sein Trainer erwartet, dass er wirft, wenn sich eine Chance ergibt. Er selbst bevorzugt den Pass auf den Kollegen, wenn der eine noch bessere Position hat. "Ich finde es auch geiler, einen No-Look-Pass an den Kreis zu spielen, als selbst zu werfen." Ihn würde nur das Ergebnis interessieren. Allerdings hätte er in dieser Saison die Erfahrung gemacht, seinen Wurfrhythmus verloren zu haben, nachdem er wochenlang den Vorbereiter gegeben hatte.

Spätestens nach der Saison 2012/2013 wird er noch mehr Verantwortung im THW-Trikot übernehmen müssen. "Dann gibt es auch keine Ausreden mehr", sagt Palmarsson, der als sehr ehrgeizig und selbstkritisch gilt. "Aber: Ich bin bereit."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012:

"Ein absoluter Schlüsselspieler"

Mit Gudmundur Gudmundsson, dem Nationaltrainer Islands, sprach Wolf Paarmann für die Kieler Nachrichten.
Kieler Nachrichten:
Sind Sie mit der Entwicklung von Aron Palmarsson zufrieden?
Gudmundur Gudmundsson:
Sehr. Er hat in Abwehr und Angriff noch Luft nach oben, aber für einen 21-Jährigen ist er sehr weit. Sein Auge und sein Spielverständnis sind super. In Kiel spielt er auf der Mitte, bei uns im linken Rückraum. Und da hat er einige überragende Spiele gemacht.
Kieler Nachrichten:
Hat er das Format, einmal Kopf der Nationalmannschaft zu werden?
Gudmundur Gudmundsson:
Ja, die Möglichkeiten hat er. Er übernimmt eine immer wichtigere Rolle bei uns, auch wenn Spieler wie oder Atlason noch vor ihm sind. Aber die werden auch nicht jünger. Bei der EM in Serbien mussten wir auf viele Spieler verzichten, und da habe ich mit ihm darüber gesprochen, dass er mehr Verantwortung übernehmen muss. Das hat er dann teilweise schon sehr gut gelöst.
Kieler Nachrichten:
Er ist jüngst zum Handballer des Jahres gewählt worden. Haben Sie das Gefühl, dass ihm diese Auszeichnungen zu Kopf steigen?
Gudmundur Gudmundsson:
Nein. Am Anfang seiner Entwicklung war es sicher nicht leicht für ihn, auf dem Boden zu bleiben. Schließlich habe ich ihn als 18-Jährigen in die Nationalmannschaft berufen. Und im Jugendbereich war er ein Ausnahmetalent. Damals waren die Schritte vielleicht ein bisschen zu groß, aber jetzt habe ich das Gefühl, dass er das hinter sich gelassen hat.
Kieler Nachrichten:
In Kiel spielt er selten 60 Minuten. Würden Sie sich für ihn mehr Spielanteile wünschen?
Gudmundur Gudmundsson:
Für jeden jungen Spieler ist es wichtig, so viele Spielanteile wie möglich zu bekommen. Egal, in welcher Mannschaft.
Kieler Nachrichten:
Welche Rolle spielt er für die bevorstende Olympia-Qualifikation?
Gudmundur Gudmundsson:
Er ist ein absoluter Schlüsselspieler für uns.
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2012)


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