THW-Logo

Interview mit Klaus-Dieter Petersen:

[Bild: Klaus-Dieter Petersen]
Inhalt: aktuelles Interview zur Verletzung 2000/2001 | Interview in der Saison 1998/1999

Interview Saison 2000/2001:

Seine Markenzeichen sind Verläßlichkeit und Teamgeist, das elegante oder spektakuläre Spiel ist nicht seine Sache. Seine Vorteile liegen woanders. Klaus-Dieter Petersen ist ein Kämpfer, er gewinnt seine Schlachten am eigenen Kreis. "Ich sehe mich als zweikampfstarken Abwehrspieler, der sich hart, aber fair für die Mannschaft einsetzt", beschreibt der 32-jährige Abwehrspezialist seine eigenen Stärken selbst. Vom einstigen "Strafbankkönig" der Handball-Bundesliga hat sich "Pitti", wie Freunde und Fans den gebürtigen Hannoveraner nur nennen, längst zur anerkannten Führungspersönlichkeit entwickelt. Als Kapitän der Nationalmannschaft ist Petersen eine der Integrationsfigurens im deutschen Handball. Beim amtierenden nationalen Champion THW Kiel bildet er mit dem "Welthandballer des Jahrhunderts" Magnus Wislander das Kernstück im Defensivbollwerk. Seit 1993 spielt Petersen für die Kieler Zebras, sein Bundesliga-Debüt gab er in der Saison 1989/90 für den VfL Gummersbach.

Eigentlich ist der stolze Familienvater Klaus-Dieter Petersen momentan weder aus seinem Verein THW Kiel noch aus der DHB-Auswahl von Trainer Heiner Brand wegzudenken, doch jetzt müssen beide Teams ohne den 1,98 m großen Abwehrrecken auskommen. Petersen fällt für die nächsten Monate verletzungsbedingt aus, nachdem ihm am 26. Oktober 2000 freie Knochen- und Knorpelteilchen aus dem linken Sprunggelenk operativ entfernt werden mussten. Der Eingriff verlief reibungslos, und nun bereitet sich "Pitti" in der Sport-Reha Kiel-Wellingdorf bei den Mannschaftsphysiotherapeuten Uwe Brandenburg und Hauke Mommsen auf sein Comeback vor. Von seinem Optimismuss hat er nichts verloren, und so hat Klaus-Dieter Petersen schon wieder ehrgeizige Ziele für die verbleibenden Spiele der laufenden Saison. Mit ihm sprach living sports-Mitarbeiter Sascha Klahn.

Zebra:
Pitti, wie ist es zu dieser Verletzung gekommen?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich bin während des Trainings häufig umgeknickt. Beschwerden gab es irgendwo immer schon, doch das waren meist eigentlich nur kleine Wehwechen. Richtige Schmerzen habe ich erst direkt nach den Olympischen Spielen in Sydney bekommen.
Zebra:
Es ist Deine erste schwere Verletzung. Was hast Du in dem Moment gefühlt, als Dir klar wurde, dass Du womöglich länger ausfallen würdest?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich habe zunächst gedacht, dass ich halt ein paar Tage Ruhe benötige und nach einer Woche langsam wieder anfangen könnte, zu trainieren. Dem war dann nicht so. Zwar bildeten sich der Erguss und die Reizung in der Kapsel wieder zurück, doch als ich 14 Tage später wieder mit dem Training anfing, hatte ich bereits nach zehn Minuten wieder starke Schmerzen und der Knöchel war sofort wieder dick geschwollen. Zu dem Zeitpunkt war mir erst wirklich klar, dass irgendetwas ernsthaft kaputt sein muss.
Zebra:
Eine Operation war nicht mehr abzuwenden. Gab es einen Punkt, an dem Du anfingst zu überlegen, wieviel Du Deinem Körper noch zumuten kannst?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich wusste zwar, dass irgendetwas in dem Fuss kaputt war, aber ich wusste auch, dass man mein Problem einwandfrei medizinisch beheben konnte. Da ich in den letzten zehn Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass der medizinische und physiotherapeutische Bereich im Sport große Fortschritte gemacht hat, war ich mir sicher, meine Verletzung ohne große Nachwirkungen auskurieren zu können.
Zebra:
Was bedeutet das für Deine Zukunft als Profi-Handballer?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich glaube, dass ich auch weiterhin fit sein werde, körperliche Höchstleistungen über mehrere Jahre zu bringen. Während der Operation hat man sich das Gelenk auch von innen angesehen und festgestellt, dass die Knorpelflächen noch total in Ordnung sind. Und das ist schließlich entscheidend für große Belastung über mehrere Jahre.

Ich fühle mich körperlich fit -ÿbis auf die jetzt noch geschwächte Muskulatur am linken Bein. Aber das holen wir schon wieder auf. Und ein Gutes hat die Operation ja auch: Ich kann in der Zeit endlich mal gut meine Defizite in der Rumpfmuskulatur aufarbeiten.

Zebra:
Zum Thema Nationalmannschaft: Nach den Olympischen Spielen hieß es, Du würdest die Fortsetzung Deiner internationalen Karriere noch überdenken müssen. Hast Du mittlerweile, vielleicht auch aufgrund Deiner Verletzung, eine Entscheidung getroffen?
Klaus-Dieter Petersen:
Wenn der Bundestrainer mich haben möchte, dann werde ich im Sommer wieder für Deutschland spielen. Warum sollte ich auch aufhören, ich habe ja noch kein Abschiedsspiel gemacht. Die Europameisterschaft in Schweden werde ich noch mal spielen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass im Januar für die Nationalmannschaft eine schwere Weltmeisterschaft kommen wird, weil Heiner Brand viele junge Spieler mitnehmen muss, da wir momentan viele Verletzte sowie Rücktritte zu verzeichnen haben. Es werden sicher wieder Stimmen laut werden, was mit dem deutschen Handball los sei. Aber das hat diese Mannschaft nicht verdient, man muss ihr jetzt ein wenig Zeit geben.

Zebra:
Du bist also nach wie vor bekannt optimistisch und bester Stimmung?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich schaue immer nach vorn. Für mich ist ein Glas immer halb voll, nie halb leer. Vor der Operation haben die Ärzte mir gesagt, dass ich im März mit meiner Genesung rechnen darf. Mein persönliches Ziel, welches auch unsere Physiotherapeuten Hauke Mommsen und "Casey" Brandenburg verfolgen, ist es, dass ich Weihnachten schon wieder leicht laufen, joggen kann, und dass ich dann im Januar einen Monat Zeit habe, in der Weltmeisterschaftspause wieder fit zu werden, um zum ersten Punktspiel nach der WM wieder einsatzfähig zu sein. Entscheidend wird aber sein, dass die Ärzte Dr. Pries und Christian Büll wieder grünes Licht geben.
Zebra:
Bis dahin scheint es noch ein langer Weg zu sein. Was ist es Moment für ein Gefühl, auf der Tribüne zu sitzen und nicht in das Spielgeschehen eingreifen zu können?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich sehe es nicht so, dass ich nicht helfen kann. Das Helfen beginnt im Mannschaftssport in der Kopfarbeit, dass man Selbstbewusstsein schafft. Ich versuche mein Team durch gute Stimmung von außen zu unterstützen, dass die Jungs ans Gewinnen glauben und dafür kämpfen.
Zebra:
Bist Du bei jedem Spiel in der Halle live dabei?
Klaus-Dieter Petersen:
Das Spiel gegen Braga war das erste, welches ich gesehen habe. Die anderen Spiele habe ich vor dem Computer im Live-Chat und im Live-Ticker verbracht. Ich war sehr positiv überrascht, wie schnell und gut die Berichterstattung im Internet auf der Homepage des THW ist. Das ist wirklich besser als im Radio. Eine Wahnsinnsleistung, auf die der THW sehr stolz sein darf. So ein Niveau haben selbst Fußballvereine nicht, die wahrscheinlich wesentlich größere Etats für solch eine Homepage haben.
Zebra:
Ein Grund dafür, warum Du Dich dazu entschlossen hast, den THW-Fans auf dieser Seite am 27. November für einen Live-Chat zur Verfügung zu stehen?
Klaus-Dieter Petersen:
Der Entschluss zu dieser Aktion fiel eigentlich schon in Sydney. Ich stehe bereits seit der Weltmeisterschaft in Ägypten mit Webmaster Thorsten Drewes über den Computer in sehr gutem Kontakt. Jetzt ist es erst einmal ein Test. Vielleicht bricht ja auch der Computer zusammen. Ich habe keine Ahnung, wieviele Leute in solch einen Chat passen. Große Romane werde ich als Antwort sicher nicht schreiben können - nicht mit meinem Ein-Finger-Suchsystem. Ich hoffe nur, dass alles auf einem anständigen Niveau bleibt.
Zebra:
Zurück zum Handball. Wann hoffst Du, wieder an Deine alten Leistungen anzuknüpfen, um der Mannschaft auch auf dem Parkett helfen zu können?
Klaus-Dieter Petersen:
Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken. Erst einmal ist es wichtig, dass ich wieder gesund werde. Der Trainer wird mich dann entsprechend meines Leistungsstandes einsetzen. Was ich dafür tun kann, ist, in der Reha nicht nur mit meinem verletzten Fuß, sondern für die gesamte Physis zu arbeiten. Dann werde ich auch wieder an die Leistungen der letzten Jahre herankommen.
Zebra:
Momentan läuft es in der Mannschaft nicht immer rund, Du bist der Erste, der nun längerfristig ausfällt. Ist der Kader nicht doch zu klein?
Klaus-Dieter Petersen:
Nein, das denke ich nicht. Warum auch? Mit diesem Konzept hatten wir in den letzten Jahren immer Erfolg. Alle Spieler verhalten sich professionell, jeder einzelne weiß, dass er ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft ist. Und wenn das Verletzungspech doch zuschlägt, dann kann der Verein immer noch bis zum 15. Januar reagieren. Danach müsste soetwas allerdings von den verbleibenden Spielern kompensiert werden. Meiner Meinung nach ist es besser, einen qualitativ hochwertigen Kader zu haben als breite Masse.
Zebra:
Als Dein Ersatzmann wurde Dein guter Freund Mike Bezdicek verpflichtet. Hättest Du nicht lieber zusammen mit ihm gespielt?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich habe ihn erst in einem Spiel für uns gesehen. Aber ich finde, "Bezze" hat sich hervorragend in unser Spielsystem eingefügt, und er zeigt schon nach so kurzer Zeit tolle Spiele. Ich bin mir sicher, wenn ich wieder da bin, muss ich mir meinen Stammplatz zurück erkämpfen, was bei seiner Leistung aber sehr schwierig werden dürfte. Allerdings hat man schon in der Nationalmannschaft gesehen, dass wir beide sehr gut zusammenspielen können. Ich bin relativ fest davon überzeugt, dass wir diese Saison noch zusammenspielen werden. Und wenn seine Leistungen weiterhin so gut sind, dann wird er auch im nächsten Jahr noch in Kiel spielen. Im Endeffekt zählt nur die Leistung, wer spielen wird.
Zebra:
Mike Bezdicek hat beim THW Kiel aber nur einen Vertrag für acht Monate, danach wird er nach eigenem Bekunden wieder bei GWD Minden spielen.
Klaus-Dieter Petersen:
Vor der Saison hat er auch gesagt, er habe einen Vertrag in Minden, und jetzt ist er in Kiel.
Zebra:
Wo glaubst Du den THW Kiel platziert, wenn Du wieder in das Spielgeschehen eingreifen wirst?
Klaus-Dieter Petersen:
Dann stehen wir in der Bundesliga auf dem zweiten oder dritten Platz, damit es in der Rückserie noch aufwärts gehen kann. Und in der Champions League spielen wir hoffentlich im Februar mit mir im Viertelfinale.
Zebra:
Welche Erwartungen hast Du jetzt an den Rest der Saison?
Klaus-Dieter Petersen:
Die gleichen Erwartungen wie vor der Saison. Ich hoffe darauf, im Finale der Champions League endlich wieder gegen Barcelona zu stehen, damit wir uns für die Niederlage aus dem letzten Jahr bedanken können.
Zebra:
Ein Jahr später: Ist der THW Kiel nur älter oder tatsächlich noch stärker geworden?
Klaus-Dieter Petersen:
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir in diesem Jahr noch stärker als im letzten spielen können. Wir sind ein Jahr weiter, und Stefan Lövgren ist noch eingespielter als zuvor. Ich glaube daran, dass wir auch in diesem Jahr wieder irgendetwas nach Hause holen werden.
Zebra:
Danke für das Gespräch, Pitti. Dir eine schnelle, erfolgreiche Genesung und alles Gute für den weiteren Saisonverlauf.

Interview Saison 1998/1999:

Wenn für die meisten Bundesliga-Spieler die Saison am 3. Mai zu Ende sein wird, dann hat unser Klaus-Dieter Petersen noch großes vor. Als Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft träumt "Pitti" auch nach zehn Jahren im DHB-Trikot noch vom ganz großen Wurf. Bei der im Sommer anstehenden Weltmeisterschaft in Ägypten möchte er seine Auswahl nach der Bronzemedaille bei der vergangenen Europameisterschaft nun zu noch höheren Ehren führen. Vorher allerdings wird er wie immer alles für seinen THW Kiel geben, um am Ende der Saison seine Bilanz als erfolgreichster aktueller deutscher Nationalspieler weiter auszubauen. Auch nach so vielen Erfolgen mangelt es ihm ganz sicher nicht an Motivation.
Unser Abwehrspezialist ist ein echter Kämpfer und stets fair bei der Sache. Living sports-Mitarbeiter Sascha Klahn traf unseren "Pitti" vor dem Viertelfinal-Rückspiel in Pamplona zu einem Gespräch.
Zebra:
Ihr habt in der Bundesliga gegen Lemgo gewonnen, in Dutenhofen aber zuletzt einen wichtigen Punkt eingebüßt und liegt nun mit vier Punkten Rückstand an dritter Stelle. Wie ist zur Zeit die Stimmung in der Mannschaft?
Petersen:
Die Stimmung ist eigentlich so ganz gut. Es sind natürlich viele Spieler ein bißchen angeschlagen, verletzt. Dadurch war die Leistung natürlich nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben.
Zebra:
Habt ihr jetzt Eure anfänglichen Saisonziele korrigiert oder habt ihr Euch neue Ziele gesetzt? Ist der Titel bei Euch in den Köpfen vielleicht schon abgehakt, zumindest, was die deutsche Meisterschaft betrifft?
Petersen:
Die Deutsche Meisterschaft? Gut, um die kämpft man jedes Jahr, das gehört dazu. Und solange die Chance da ist, wird da auch weiter drum gefightet. Das ist noch immer mit der schönste Titel, den man gewinnen kann. Das war auch letztes Jahr so und ich hoffe, daß wir die Flensburger und die Lemgoer noch abfangen können.
Zebra:
Vor dem Lemgo-Spiel hast Du gesagt: "Das wird ein leichtes Spiel. Die putzen wir weg!" Du hast letztendlich Recht behalten, aber gibt es auch einige Kollegen z.B. im Lemgo, die Dir solche Sprüche auch mal übel nehmen, oder gehört das einfach dazu?
Petersen:
Nein, in Lemgo nimmt mir das keiner übel. Das war halt nur so, wie die Erfahrung aus den letzten Jahren war, wo gerade gegen Flensburg und Lemgo die Ostseehalle von Anfang an da war, wo jeder Spieler schon eineinhalb Stunden vor dem Spiel verschwitzt in die Kabine kommt und so motiviert ist. Das hat man vielleicht gegen die Spanier nicht so gemerkt. Vielleicht war im Hinterkopf immer, daß man das gewinnen will, und das Viertelfinale war vielleicht nicht so in den Köpfen drin, wie es hätte sein müssen. Aber das ist jetzt beim Rückspiel anders. Jeder weiß, um was es da geht. Wir haben in all den Jahren zuhause nicht so gute Ergebnisse gebracht, wie letzten Jahr z.B. gegen die Kroaten, wo wir das im Rückspiel in Split dann auch noch geschafft haben. Und da habe ich auch gleich nach dem Spiel den Ansatz drin gesehen, daß wir das noch schaffen können. Wir haben eine gute Mannschaft, und wenn alle fit sind, dann werden wir das auch schaffen!
Zebra:
Was ist in diesem Jahr anders als im letzten Jahr? Im Moment erscheint es so, daß ein bißchen die Luft raus ist.
Petersen:
Eigentlich nicht. Anders ist, daß wir dieses Jahr in einem anderen europäischen Wettbewerb gespielt haben, daß die Gegner wesentlich schwerer waren als im letztjährigen EHF-Pokal, wo eigentlich zuletzt nur Flensburg und die Kroaten richtige Gegner waren. Und dieses Jahr ist da halt jedes Spiel sehr aufwendig. Dadurch kommt dann der enge Spielplan, wodurch wir imer nur noch Mittwoch - Samstag - Mittwoch spielen. Das ist halt der Unterschied zum letzten Jahr. Vielleicht haben wir in diesem Jahr auch nicht soviele Auswärtspunkte geholt, wie in den Jahren davor, obwohl ich da auch sehe, daß die Gegner, gegen die wir in den letzten Jahren die Punkte geholt haben, auswärts noch alle kommen. Da müssen wir überall noch hin. Und wenn wir dort wie in den letzten Jahrengewinnen, dann ist alles noch drin.
Zebra:
Lemgo spielt noch in Flensburg und Flensburg kommt noch zu Euch ...
Petersen:
Das stimmt. Wir haben eigentlich in den Jahren zuvor in Nettelstedt, in Magdeburg und in Niederwürzbach immer sehr gut ausgesehen. Da haben wir immer gepunktet. Warum soll das in diesem Jahr nicht wieder so sein? Dann sind wir wieder oben dran.
Zebra:
Du wirkst immer besonders motiviert. Habt ihr bei Euch im Team oder hast insbesondere Du da spezielle psychologischen Tricks? Oder ist man vor einem Spiel sowieso so heiß, da braucht man soetwas nicht mehr?
Petersen:
So besondere Tricks eigentlich nicht. Ich bin eigentlich einer, der schon eine Stunde vorm Spiel sehen will, daß die Leute heiß sind, sich mit dem Spiel beschäftigen. Vielleicht gehe ich auch mal nicht der gegnerischen Mannschaft "Guten Tag" sagen, auch wenn man die Mitspieler alle kennt, weiß, um welche Landsmänner es sich da handelt, oder weil man sie aus der Nationalmannschaft kennt. Dann wundern die sich vielleicht vorm Spiel schon und machen sich vielleicht Gedanken darüber und nicht über das Spiel.
Zebra:
Apropos Nationalmannschaft. Für Dich ist die Saison noch sehr lang. Im Sommer steht noch die WM in Ägypten an. Wo sind im Moment für Dich Deine Prioritäten?
Petersen:
Die Prioritäten liegen ganz klar darin, einen Titel dieses Jahr zu gewinnen. Denn wenn man die Saison mit einem Titel abschließt, dann entspannt das ja auch so ein bißchen. Das ist natürlich nachher auch gut für die Leistung in der Nationalmannschaft, wenn man dann mit neuem Selbstbewußtsein in eine neue Vorbereitung geht. Nach der Saison sind ja auch noch sechs Wochen Zeit, in denen man sich wieder erholen kann. Und deswegen, will ich mit dem THW etwas gewinnen, und was dann hinterher in Ägypten passiert, das ergibt sich von ganz alleine und das sehen wir dann. Außerdem haben wir für Ägypten ja eine ganz gute Gruppe bekommen und können da jetzt ganz zuversichtlich hinfahren.
Zebra:
Spielst Du auch nach zehn Jahren noch gerne in der Nationalmannschaft? Oder sind die zusätzlichen Spiele sind für Dich mittlerweile eine Überbelastung?
Petersen:
Nein, auch dann noch nicht.
Zebra:
Ihr hattet mit der Nationalmannschaft gerade einen Lehrgang in Kaiserau. Ihr habt, wie gesagt, eine gute Gruppe erwischt - wie ist die Stimmung jetzt vor der WM? Welche Ziele erscheinen Euch realistisch?
Petersen:
Ziel ist erstmal, das Achtelfinale zu erreichen. Auch wenn wir gegen die Ägypter im eigenen Land spielen, wo eine Halle mit 30.000 Zuschauern gefüllt sein wird, die halt sehr viel Stimmung verbreiten, das wird schon mal für jeden von uns ein Erlebnis sein. Selbst wir Kieler sind es ja nur gewohnt, mit 7.000 Zuschauern zu spielen,was sich ja in den nächsten Jahren ändern wird. Dann haben wir 10.000 Zuschauer, aber dann haben die Ägypter immer noch dreimal so viel. Und zu den anderen Mannschaften kann ich zur Zeit wenig sagen. Ziel ist natürlich, den Gruppensieg zu erringen und dann im Achtelfinale auf eine Mannschaft aus der Parallelgruppe zu treffen, die aber auch nicht so stark sein würde, daß dann doch schon das Viertelfinale erreicht werden sollte.
Zebra:
Was haben denn Magnus und Staffan zur Auslosung gesagt? Die Schweden haben ja eine schwere Gruppe erwischt, treffen unter anderem auf Jugoslawien und Frankreich.
Petersen:
Ich glaube, unsere beiden Schweden sind mit ihrer Gruppenauslosung auch zufrieden. Sie sind ja immerhin Europameister und dann fürchten sie keine Mannschaft. Die werden sicherlich auch Erster werden und dann den gleichen Weg gehen.
Zebra:
Es ist die Rede davon, die deutsche Nationalmannschaft bei einer eventuellen Gefährdung, bei Warnungen des Auswärtigen Amtes vor Reisen nach Ägypten nicht antreten zu lassen. Wie siehst Du die Lage?
Petersen:
Ich sehe das genauso wie mein Präsident vom Deutschen Handball-Bund, der Herr Strombach. Wenn das Auswärtige Amt sagt, daß wir nicht fahren sollen, weil Ägypten ein Krisengebiet ist, dann ist es die Sache auch nicht wert, da wir alle Familie haben. Die Sicherheit der Spieler sollte vorgehen. Das wird dann aber der Deutsche Handball-Bund entscheiden und ich werde mich dann der Entscheidung fügen.
Zebra:
Gibt es besonders engen Kontakt zwischen Dir als Kapitän, dem Bundestrainer Heiner Brand und dem DHB? Hast Du Einfluß auf die Entscheidung?
Petersen:
Nein, ich möchte da auch gar keinen Einfluß drauf haben, weil das eine Sache vom Deutschen Handball-Bund ist. Die werden das entscheiden, ob sie das verantworten können oder nicht. Ich habe da gar nicht die Informationen und täglich deswegen zu telefonieren, dazu habe ich auch keine Lust. Das heißt, daß ich mich bis zum Saisonende um den THW kümmere, und bis dahin wird das sicher entschieden sein. Dann sehen wir, was passiert.
Zebra:
Du bist zur Zeit der erfolgreichste aktuelle Nationalspieler, hast Du noch Fernziele bis zu Deinem Karriereende, vielleicht mit der Nationalmannschaft?
Petersen:
Ja, natürlich möchte ich mit der Nationalmannschaft in Sydney dabeisein. Irgendwo haben wir ja mal eine Bronzemedaille gewonnen und jetzt wird es vielleicht auch mal Zeit, das wir noch mehr gewinnen. Das ist das Ziel von mir in den nächsten Jahren.
Zebra:
Wielange wirst Du voraussichtlich noch spielen?
Petersen:
Das weiß ich noch nicht so genau. Bis eine vier davorsteht. Auf alle Fälle will ich länger spielen als Stefan Hecker!
Zebra:
Wie lange halten denn die Knochen eines Kreisläufers? In der aktuellen Ausgabe der Sports sagst Du in einem Artikel über den körperbetonten Kampf an der Sechsmeterlinie, das sei alles nur halb so wild.
Petersen:
Ich weiß nicht, das kann morgen vorbei sein. Aber man kann da nicht viel drüber sagen. Man spielt einfach jedes Jahr, und solange es geht, spielt man weiter - so lange die Leistung stimmt. Aber ich glaube schon, daß ich noch ein paar Jahre spielen werde, warum auch nicht? Ob ich dann immer vorne und hinten spiele, das weiß ich auch nicht. Vielleicht spiele ja irgendwann nur noch hinten oder nur noch vorne. Das weiß man ja nicht. Das entscheidet dann die Leistung. Aber solange ich Spaß dabei habe, möchte ich auch noch spielen.
Zebra:
Du hast Dich im Angriff in der letzten Zeit wieder verbessert. Hast Du jetzt neuen Ansporn durch die neue Konkurrenz von Andreas Rastner. Wie ist Dein Verhältnis zu Andreas?
Petersen:
Nein, das ist keine Konkurrenz. Wir beide sind Mannschaftskameraden und wir sprechen auch viel miteinander. Ich helfe ihm und er hilft mir. Ich sehe da kein Problem drin. Ob es Ansporn ist? Ja, ich kann mit Sicherheit sagen, daß dadurch wieder ein Leistungsschub gekommen ist. Letztes Jahr habe ich halt sehr viel privat durchgemacht, ich bin Vater geworden, ich bin sehr oft verletzt in die Spiele gegangen. Wo man halt nicht hundertprozentig fit war, konnte man dann auch nicht die Leistung im Angriff bringen. Was natürlich in dem Moment auch nicht so rüberkommt. Man spielt ja, aber daß man angeschlagen ist, sieht ja auch keiner. Mit Sicherheit war die Leistung in der letzten Saison nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Da habe ich dieses Jahr in der Vorbereitung versucht, anzusetzen, und das hat ja auch geklappt.
Zebra:
Du spielst noch immer ständig mit einer Armmanschette. Hat das einen besonderen Grund oder ist das nur Vorsicht?
Petersen:
Nein, da ist nur ein Ellenbogenschützer, weil der Schleimbeutel in dem Gelenk schon etwas lädiert ist. Sobald ich darauf falle, wird der wieder dick. Damit das nicht passiert, trage ich den Ellenbogenschützer. Wenn das wieder dick wird, kann man nicht so richtig auf das Tor werfen, und das will ja auch keiner. Deswegen trägt man den lieber, obwohl ich sonst immer lieber ohne Schützer spiele.
(15.01.99)
Interview: Sascha Klahn (living sports), entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".

Mehr Infos über Klaus-Dieter Petersen unter Spielerporträt Klaus-Dieter Petersen.