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29.12.2005 Bundesliga / Medien

Handball-World: Kiel ist nicht zu stoppen - Souveräner Wintermeister

Von Olaf Nolden, © 2005 www.handball-world.com:

Wer will diese Mannschaft eigentlich noch stoppen? Der THW Kiel hat trotz einer radikalen Verjüngungskur und einigen Startproblemen die bisherige Saison dominiert und ist nach dem Ende der Hinrunde souverän Wintermeister geworden. Der THW Kiel ist in der Saison 2005/2006 auf dem Weg, Gummersbach die alleinige Bezeichnung als Rekordmeister abspenstig zu machen.
Dass der THW Kiel nach der Hinrunde mit nur zwei Minuspunkten an der Tabellenspitze steht, erstaunt dabei die Experten. Fünf neue Spieler hatte Kiels Trainer-Legende "Noka" Serdarusic vor der Saison zu integrieren, vier davon stehen mittlerweile in der Stamm-Sieben. Nikola Karabatic, Kim Andersson und Vid Kavticnik gehörten seit Beginn der Saison zu den Leistungsträgern und fügten sich bestens in das Kieler Spiel ein. Viktor Szilagyi, der anfangs noch große Schwierigkeiten hatte, sprang ins kalte Wasser, als sich Stefan Lövgren verletzte. Einzig Pelle Linders schafft es derzeit nicht, am Weltklasse-Kreisläufer Marcus Ahlm vorbeizukommen.

Viktor Szilagyi die größte Überraschung

"Mir wurde schon einmal gesagt, dass ich aus einem Weltklasse-Halblinken einen mittelmäßigen Spielmacher gemacht hätte", schmunzelte Serdarusic nach dem Spiel in Köln und meinte Stefan Lövgren. "Nun werde ich eben wieder einen sehr guten Halblinken zu einem mittelmäßigen Spielmacher machen." Viktor Szilagyi sei für ihn die größte Überraschung in der aktuellen THW-Mannschaft. "Ich habe bei den Gesprächen vor der Verpflichtung zu ihm gesagt, dass ich ihn auf der Mittelposition spielen lassen möchte, er war damit einverstanden." Anfangs hätte er damit naturgemäß noch Probleme gehabt, nun sei er aber in der Rolle des Regisseurs sehr gut aufgegangen. "Mit Szilagyi macht zwar Marcus Ahlm keine 12 Tore sondern nur fünf, dafür wirft Szilagyi aber sieben."

Dabei steht Stefan Lövgren dem Österreicher immer mit Ratschlägen zur Seite. Auch gestern in Köln rief sich der Schwede Szilagyi zur Bank, um ihm Tips zu geben, die sofort an die Mitspieler auf der Platte weitergegeben wurden. Doch manchmal fehlt dem Österreicher noch das Gefühl für einen ruhigen Spielaufbau, zu oft berauscht er sich am eigenen Tempo. Kiels Trainer reagierte in Köln, schickte in den hektischen Phasen Stefan Lövgren aufs Feld, der das Spiel in einer größeren Breite anlegen kann.

Und so sahen die 19250 Zuschauer die zwei Spielweisen des THW: Die gnadenlose Tempo-Hatz und der flinke Spielaufbau mit überrraschenden Anspielen oder Fernwürfen. Oft ging ein ehrfürchtiges Raunen durch die Ränge, wenn Kim Andersson oder Nikola Karabatic ihre Wurfgewalt demonstrierten, oder Marcus Ahlm in unnachahmlicher Weise Bälle am Kreis fing und verwertete. Die nur zeitweise eingesetzte Schnelle Mitte, die immerhin zu sechs Toren führte, versetzte die Zuschauer in Erstaunen.

Im Gegensatz zum VfL Gummersbach verstanden es die Kieler, das Spiel auf viele Schultern zu verteilen. Ob über Kreis, Außen oder die Halbpositionen, die Kieler stellten die gut eingestellte Gummersbacher Abwehr immer wieder vor unlösbare Aufgaben.

Rückrunde üblicherweise Kiels stärkste Phase

Ob er angesichts des geringen Durchschnittsalters seiner Mannschaft befürchte, dass es einen Einbruch in der zweiten Saisonhälfte geben könne? Uwe Schwenker verneint diese Frage, weiß er doch, dass die Rückrunde für gewöhnlich die stärkste Phase der Kieler ist. Auch einen Vorteil, dass seine Schweden nicht bei der EM spielen müssen, will er nicht sehen. "Die Schweden müssen eine WM-Qualifikation spielen und treten in sechs Spielen mit großem Reisestress an. Ruhe und Erholung haben die nicht."

Dass die Kieler Erfolgsstory nur wenig zur Qualitätssteigerung der Nationalmannschaft beiträgt, kann Schwenker nicht ändern. "Was sollen wir machen, wir haben uns mehrfach um deutsche Nationalspieler bemüht. Zwei haben mir tatsächlich gesagt, dass sie wegen Noka nicht kommen wollen, weil sie lieber auch mal um die Häuser ziehen wollen, statt so hart zu trainieren." Mit Dominik Klein habe man nun wieder einen jungen Spieler mit großer Perspektive und großem Leistungswillen verpflichten können, zudem seien mit Zeitz und Fritz zwei Stützen der Nationalsieben Kieler.

"Ich bin jetzt 13 Jahre Trainer in Kiel, ich spreche erst von einem Titel, wenn er sicher ist", sieht auch Serdarusic noch lange nicht die Meisterschaft entschieden. "Da Magdeburg und Lemgo schwächeln, wird es wohl ein Dreikampf zwischen uns, Flensburg und Gummersbach", meint Schwenker. Hoffentlich, denn angesichts der Kieler Dominanz wird von einigen Experten das Unwort "Play-Offs" in die Runde geworfen, um die Liga spannend zu halten.

(Von Olaf Nolden, © 2005 www.handball-world.com)


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