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22./23.09.2013 - Letzte Aktualisierung: 23.09.2013 Champions League

VELUX EHF Champions League: THW erkämpft sich Sieg in Plock

CL, Gruppe B, 1. Spieltag: 22.09.2013, So., 17.00: Orlen Wisla Plock - THW Kiel: 33:34 (14:14)
Update #2 KN-Berichte, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ...

Der totale Handball-Wahnsinn geht weiter: Auch zum Kieler Auftakt in der Gruppenphase der "VELUX EHF Champions League" beim polnischen Vizemeister Orlen Wisla Plock entwickelte sich eine umkämpfte Partie, die den letzten Bundesliga-Heimsiegen gegen Gummersbach und Wetzlar an Dramatik in nichts nachstand. Wieder war es Filip Jicha, der mit seinem achten Treffer wenige Sekunden vor der Schlusssirene den glücklichen, aber nicht unverdienten 34:33 (14:14)-Erfolg für den THW Kiel sicherstellte.
THW ohne Zeitz
Alfred Gislason musste in der nicht ganz ausverkauften Orlen-Arena in Plock auf Linkshänder Christian Zeitz verzichten. Der 32-Jährige laboriert an einer Bronchitis und trat die Reise nach Polen erst gar nicht mit an. Doch auch Plocks Trainer Manolo Cadenas hatte einen personellen Engpass zu beklagen: Neben Abwehrstratege Kamil Syprzak fielen mit Adam Wisniewski und Ivan Nikcevic gleich beide etatmäßigen Linksaußen beim polnischen Vizemeister aus. Der bosnische Rückraumspieler Ivan Milas half auf der Position aus und machte seine Sache sehr gut.
Fehlstart der "Zebras"
Die über 5.000 Fans in der schmucken Orlen-Arena veranstalteten schon beim Einmarsch der Mannschaften einen Höllenlärm. Und als Macin Lijewski den ersten langen Angriff der Gastgeber bei angezeigtem Zeitspiel erfolgreich abschloss, bebte die Halle. Der THW Kiel schien ein bisschen beeindruckt von der Atmosphäre, Jicha traf mit seinem ersten Versuch nur den Pfosten, Toft Hansen scheiterte an Torhüter Sego, und dem nervösen Lauge unterliefen Anspielfehler. Die "Ölmänner" nutzten dies aus und zogen durch Treffer von Milas und Ghionea auf 3:0 davon. Hätte Johan Sjöstrand nicht noch einen Gegenstoß Ghioneas pariert - Plock wäre sogar bereits auf 4:0 enteilt. So aber war es vor allem dem schwedischen Neuzugang zu verdanken, der nun mit weiteren Paraden aufwartete, dass der THW langsam in die Partie fand. Sigurdsson gelang nach Ballgewinn in der Abwehr per Konter der erste Kieler Treffer, Sprenger legte nach klugem Anspiel Jichas nach. Doch als sich Mariusz Jurkiewicz dann zum 4:2 durchtankte und sich Lauge dabei eine Zeitstrafe abholte, zog Plock durch einen Schlagwurf Lijewskis, eine Sego-Parade gegen Sigurdsson und der postwendenden Antwort durch den auch im Angriff auffälligen Jurkiewicz wieder auf 6:2 davon. Es waren noch keine elf Minuten gespielt, als Alfred Gislason seine erste Auszeit nahm.
Kiel startet Aufholjagd
Mittlerweile war Aron Palmarsson in die Partie gekommen, und mit ihm wurde das Kieler Angriffsspiel langsam sicherer. Zwar beantwortete Kurkiewicz Jichas Treffer postwendend zum 7:3, doch der THW zeigte nun, dass er in der Partie angekommen war: Erneut Jicha und der von Vujin am Kreis glänzend in Szene gesetzte Sprenger verkürzten auf 5:7. Und nachdem Eklemovic per Schlagwurf wieder erhöhte, zeigte Aron Palmarsson seine Klasse: Zunächst sorgte der Isländer persönlich für das 6:8, dann legte er für Landsmann Sigurdsson sowie den im ersten Durchgang in der Abwehr von Patrick Wiencek ersetzten Vujin auf. In der 19. Spielminute hatten die "Zebras" den Fehlstart wettgemacht und erstmals ausgeglichen.
Mit Remis in die Pause
Die Kieler ließen sich nun auch nicht mehr von einer Zeitstrafe gegen Toft Hansen aus dem Konzept bringen: In Unterzahl ging der THW durch einen Wiencek-Gegenstoß und den zweiten Palmarsson-Treffer sogar mit 10:9 in Führung. Als wenige Minuten später Marko Vujin einen Siebenmeter sicher verwandelte und Palmarsson Jicha zum 12:10 für den THW bediente, schienen die "Zebras" die Partie langsam in den Griff zu bekommen. Doch weit gefehlt: Dieses 12:10 sollte die einzige Zwei-Tore-Führung für die Kieler in der gesamten Partie bleiben. Vielmehr kochte die Orlen-Arena nur zwei Minuten später, als Milas, Nenadic und Jurkiewicz mit ihren Treffern die Partie wieder drehten und zusätzlich Patrick Wiencek für zwei Minuten auf die Bank musste. Glücklicherweise spielten die Gäste an diesem späten Sonntagnachmittag immer ihren erfolgreichsten Handball, wenn sie in Unterzahl agierten, so dass es nach einem fantastischen Heber Sigurdssons vom Kreis aus halbrechter Position sowie einem unnachahmlichen Jicha-Dreher zumindest noch mit einem 14:14-Unentschieden in die Kabinen ging.
Erneuter Kieler Fehlstart
War schon die erste Halbzeit kein wahrer Gaumenschmaus für Liebhaber von schönen Ballstafetten, so entwickelte sich nach Wiederanpfiff eine noch umkämpftere und damit auch noch zerfahrenere Partie. Zunächst besaßen dabei die Gastgeber wieder die besseren Karten, weil dem THW allein in der ersten Spielminute drei haarsträubende technische Fehler unterliefen, die Milas und Toromanovic zum 16:14 ausnutzten. Auch danach wurde es nicht viel besser bei den "Zebras", denn nach Vujins Anschluss erhöhten der starke Toromanovic und Jurkiewicz gar auf 18:15. Die Führung hätte gar noch höher ausfallen können, hätte Sjöstrand nicht einen Konter Nenadics pariert und Palmarsson einen weiten Pass der Polen abgefangen.

Alfred Gislason reagierte und stellte von der 6:0- auf die offensive 3:2:1-Deckung mit Wael Jallouz auf der Spitze um. Nun lahmte auch das Angriffsspiel der Gastgeber zusehends, als Folge sahen die Zuschauer nun ein Fehlerfestival auf beiden Seiten, bei dem der THW aber immerhin durch Jicha, Sprenger und Sigurdsson wieder zum Ausgleich kam.

THW legt vor, Plock gleicht aus
Nachdem Toromanovic die "Ölmänner" noch einmal mit 19:18 in Front geworfen hatte, gelang dem von der hart anfassenden Abwehr Plocks gezeichnete Toft Hansen im Nachfassen der wichtige Treffer zum 19:19-Ausgleich. Aber die Kieler bedarften erst einer erneuten Unterzahl-Situation - diesmal musste Jallouz auf die Bank - um selbst wieder in Führung zu gehen: Nach einem abgeblockten Lijewski-Wurf war es Christian Sprenger, der das 20:19 erzielte. Es war der endgültige Auftakt zu einer Phase, in der die Abwehrreihen und die Torhüter nurmehr zu Statisten degradiert wurden. Die "Zebras" konnten sich im Angriff zwar auf den bärenstarken Aron Palmarsson verlassen und zeigten auch ihr spielerisches Potential: klasse, wie Filip Jicha den seinen Gegenspieler hinterlaufenden Sigurdsson bediente, der zum 22:21 traf; atemberaubend, wie der isländische Linksaußen einen Sprungwurf aus dem Rückraum zum 28:27 ins gegnerische Tor wuchtete. Jedoch fand die Kieler Deckung gegen den polnischen Angriff mit den ebenfalls aufdrehenden Nenadic und Toromanovic kein Mittel. Gislasons Wechsel zurück auf eine 6:0-Deckung sowie eine 3:2:1-Abwehr mit Filip Jicha an der Spitze waren ebenso wenig von Erfolg gekrönt wie der Torwartwechsel vom in der ersten Halbzeit noch starken Sjöstrand auf Andreas Palicka. So gelang Plock stets postwendend der Ausgleich auf die Kieler Führungstreffer, und nach einem Fehlpass Jichas an den Kreis sorgte Nenadic sieben Minuten vor Spielende sogar wieder für die 30:29-Führung für die Gastgeber.
Dramatische Schlussminuten
Es entwickelte sich einmal mehr eine dramatische Schlussphase: Marko Vujin donnerte seinen Sprungwurf zum 30:30-Ausgleich in den Winkel, doch Jurkiewicz tankte sich auf der Gegenseite durch - Plock war wieder vorne. Doch Aron Palmarsson riss das Ruder wieder zugunsten des THW herum, durch einen Schlag- und einen Sprungwurf des isländischen Regisseurs legten die "Zebras" wiederum auf 32:31 vor. Lijewski holte anschließend einen Strafwurf für Plock heraus, den Ghionea gegen den ins Tor zurückgekehrten Sjöstrand verwandelte. Beim nächsten Kieler Angriff machte Toft Hansens Lippe unliebsame Bekanntschaft mit Jurkiewicz' Ellenbogen. Statt des ehemaligen Madrilenen wurde jedoch Marcin Lijewski für dessen unterstützenden Schubser auf die Bank geschickt. Vorteil Kiel? Mitnichten, denn Sprenger unterlief ein fataler Fehlpass, den ausgerechnet Jurkiewicz per Gegenstoß zum 33:32 vollendete. Die Orlen-Arena stand nun Kopf - erst recht, nachdem Marin Sego einen Sprungwurf Jichas partierte und Plock vermeintlich in Ballbesitz brachte. Glücklicherweise hatte Alfred Gislason aber rechtzeitig seine Auszeit genommen. Der THW bekam erneut seine Chance auf den Ausgleich. Ein geplantes Kreisanspiel auf Toft Hansen wurde zwar abgefangen, aber Palmarsson sicherte den Kielern den Ball und Sigurdsson holte einen Strafwurf heraus, den Vujin nervenstark zum 33:33 verwandelte. Noch aber war über eine lange Minute auf der Uhr, und Plock spielte seinen Angriff clever herunter. Nach einem abgefälschten Wurf bekamen die Polen bei angezeigtem passiven Spiel einen Einwurf zugesprochen, dieser allerdings landete direkt in Filip Jichas Armen. Der Tscheche rannte sofort mit dem Ball nach vorne und wuchtete ihn per Sprungwurf zum entscheidenden 34:33 in die Maschen. Plock konnte in den verbleibenden Sekunden keinen gefährlichen Torwurf mehr anbringen, so dass der THW letztlich glücklich, aber nicht unverdient beide Punkte aus Polen mit auf den Heimflug nimmt.
Am Mittwoch kommt Melsungen
Dieser Auftakterfolg in der Königsklasse war hart umkämpft und hat sicherlich viel Kraft gekostet. Für Regeneration fehlt den "Zebras" dieser Tage allerdings die Zeit, denn bereits am kommenden Mittwoch wartet die nächste knifflige Aufgabe in der DKB Handball-Bundesliga auf den Tabellenführer. Dann nämlich ist die MT Melsungen in der Sparkassen-Arena zu Gast.

(Sascha Krokowski)

 

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Dies war wie erwartet ein hartes Spiel. Wir haben trotz der vielen Fehler auf beiden Seiten ein gutes Spiel gesehen. Am Ende entscheidet ein Ball auf der einen oder andren Seite, und wir hatten das Glück, diesen Ball zu machen. Ich bin stolz auf meine Mannschaft, es war ein gutes Spiel. Plock hat eine starke Mannschaft.

[zur Leistung von Aron Palmarsson:]
Aron war heute wie in den anderen beiden Spielen sehr wichtig, wenngleich es riskant war wegen der fehlenden Vorbereitung.

Plocks Trainer Manolo Cadenas:
Es war ein emotionales Ende. Kiel hat in dieser Woche offenbar das Glück gebucht. Schade für uns, aber ich bin sehr zufrieden mit meinen Spielern und den Fans.
THW-Spielmacher Aron Palmarsson:
Es war ein hartes Spiel. Es macht aber Spaß, hier zu spielen in dieser großartigen Atmosphäre. Die Angriffsreihen waren auf beiden Seiten der Schlüssel, wir waren nicht gut in der Abwehr. Deshalb mussten wir vorne besser sein, und das haben wir gemacht. Deshalb haben wir gewonnen.
Plocks Rückraumspieler Marcin Lijewski:
Ich hätte nicht gedacht, dass wir gegen eine Mannschaft wie Kiel so gut spielen können. Die Fans waren fantastisch, sie haben uns sehr geholfen.
THW-Rechtsaußen Christian Sprenger gegenüber den KN:
Das hat sich schlimm angefühlt, als ich den Ball zu Jurkiewicz gespielt habe, zum Glück konnten wir das noch umbiegen. Plock hat sich gut verstärkt, hier werden auch andere Vereine noch Probleme bekommen.
THW-Kreisläufer Rene Toft Hansen gegenüber den KN:
mit Blick auf seine Lippe:
Ich werde heute bestimmt nicht mehr geküsst.
THW-Linksaußen Gudjon Valur Sigurdsson gegenüber den KN:
Wir würden es gerne weniger spannend machen, aber in unserer derzeitigen Situation ist das nicht möglich. So lange wir gewinnen, ist alles ok. Zur Atmosphäre? Ich werde richtig heiß, wenn ich so ausgepfiffen werde.

 


Champions League, Gruppe B, 1. Spieltag: 22.09.13, So., 17.00: Orlen Wisla Plock (POL) - THW Kiel: 33:34 (14:14)

Logo Plock Orlen Wisla Plock (POL Flagge DEN):
Sego (1.-44., 55.-60., 8 Paraden), Wichary (44.-55., 1 Parade), Morawski (n.e.); Kwiatkowski, Nenadic (6), Kavas, Ghionea (4/1), Goralski (n.e.), Piechowski (n.e.), Jurkiewicz (7), Toromanovic (6), Lijewski (4), Paczkowski (1), Eklemovic (1), Milas (4); Trainer: Cadenas
Logo THW Kiel:
Sjöstrand (1.-46., 54.-60., 8/1 Paraden), Palicka (46.-54., keine Parade); Toft Hansen (1), Sigurdsson (7), Sprenger (5), Wiencek (1), Ekberg (n.e.), Lauge, Jallouz, Palmarsson (6), Klein (n.e.), Jicha (8), Vujin (6/2); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Nenad Krstic / Peter Ljubic (Slowenien)
Zeitstrafen:
Plock: 3 (Kwiatkowski (29.), Jurkiewicz (35.), Lijewski (58.));
THW: 6 (Lauge (10.), 2x Toft Hansen (19., 48.), Wiencek (27.), 2x Jallouz (40., 45.))
Siebenmeter:
Plock: 2/1 (Sjöstrand hält Ghionea (5., Nachwurf verwandelt));
THW: 2/2
Spielfilm:
1. Hz.: 3:0 (5.), 3:2 (9.), 6:2 (11.), 6:3, 7:3, 7:5 (14.), 8:5, 8:9 (20.), 9:9, 9:10, 10:10, 10:12 (25.), 13:12, 13:13, 14:13, 14:14;
2. Hz.: 16:14, 16:15, 18:15 (34.), 18:18 (38.), 19:18, 19:20, 20:20, 20:21, 21:21, 21:22, 22:22 (44.), 22:23, 23:23, 23:24, 24:24, 24:25, 25:25, 25:26, 26:26 (48.), 26:27, 27:27, 27:28, 28:28, 28:29, 30:29 (53.), 30:30, 31:30, 31:32 (57.), 33:32, 33:34.
Zuschauer:
5.300 (Orlen Arena, Plock (POL))
Spielgrafik:
Spielgraphik

Kurzumfragen:

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Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Die Füchse Berlin und die TSV Hannover-Burgdorf greifen im EHF-Pokal erst Ende November ins Spielgeschehen ein.

Den Anfang beim deutschen Champions-League-Quartett machten bereits am Donnerstagabend die Rhein-Neckar Löwen. Nach zweijähriger Königsklassen-Abstinenz kamen die Mannheimer im Heimspiel gegen Neuling Motor Zaporozhye (UKR) allerdings nur zu einem 31:31 (15:13)-Unentschieden.

In der Gruppe D liefern sich die SG Flensburg-Handewitt und Titelverteidiger HSV Hamburg zunächst ein Fernduell. Der Mannschaft von Trainer Martin Schwalb glückte am Samstagabend ein Auftakt nach Maß durch einen deutlichen 33:24-Erfolg beim spanischen Club Naturhouse La Rioja. Die SG legte am Sonntagnachmittag mit einem schwer umkämpften 31:27 (15:12)-Heimsieg gegen den dänischen Meister Aalborg Handball nach.

Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2013:

Geschenkter Sieg von Plock

Handballmeister THW Kiel startet in der Champions League mit einem glücklichen 34:33
Plock. Es sind noch 16 Sekunden zu spielen, Ecke für Plock, Ivan Milas hat den Ball. Es steht 33:33 (14:14) im ersten Gruppenspiel der Champions League des deutschen Handballmeisters THW Kiel gegen den polnischen Vizemeister, als dem 20-Jährigen Unerklärliches passiert - er wirft den Ball zu Filip Jicha! Der Kapitän der Kieler schnappt sich das Geschenk und beschert seinen Zebras gestern Abend den dritten Zittersieg der Saison.

Angeblich soll der Pole ein Katholik sein, der die Sonntage in der Kirche und im Kreise der Familie verbringt. Der in jeder freien Minute Pilze sammelt. Wenn dem so ist, gibt es einen Ort, an dem für knapp 5000 Polen Kirche, Familie und Pilze an einem Sonntag gar keine Rolle spielen.

Es ist 16.48 Uhr in der schmucken Orlen-Arena, als das Zeichen eines Trommlers genügt, um die Plauderei mit den Nachbarn zu beenden. Zur Champions-League-Hymne, eine Abfolge eher schriller Töne, stehen alle stramm. Die Kieler, die einzeln einlaufen, werden einzeln so laut ausgepfiffen, dass ihre Namen kaum zu verstehen sind.

Hinter dem Tor von Johan Sjöstrand setzen sich die Fans erst gar nicht wieder hin. Haben ihre Helden den Ball, werden sie gefeiert. Greift der THW an, wird gellend gepfiffen. Ohne Pause. Der Blitzstart der Hausherren (3:0/5.) verwandelt zunächst auch alle anderen Sitz- in Stehplätze. Zum Glück für den THW behält Sjöstrand im Lärmbad die Ruhe, pariert sogar einen Siebenmeter von Valentin Ghionea, der Rechtsaußen trifft aber im Nachwurf. Bei den Polen, wen wundert es, läuft alles über die neuen Stars Marcin Lijewski (ehemals HSV) und Mariusz Jurkiewicz (ehemals Madrid).

Bei den Kielern klappt im Angriff zu Beginn nichts, Jicha trifft nach vier Fehlwürfen erst in der 11. Minute - da liegt Plock schon 6:2 vorne. Für Rasmus Lauge, der in der Abwehr keine gute Figur macht, wechselt Kiels Trainer Alfred Gislason frühzeitig Aron Palmarsson (12.) ein. Der Isländer, der nach seiner Knieoperation eigentlich im Schongang herangeführt werden soll, wird gebraucht. Und er ist hellwach, trifft selbst zum 8:6, bereitet das 8:7 durch den überragenden "Goggi" Sigurdsson (16.) vor. Der THW ist wieder dran, steht besser und findet in einer beinharten Plock-Deckung Lücken. Einer Deckung, in der erstaunlicherweise der 2,02-Meter Koloss Zbigniew Kwiatkowski erst Sekunden vor dem Seitenwechsel die erste Wisla-Zeitstrafe kassieren sollte. Die Zebras, wiederholt in Unterzahl, sind trotzdem angekommen, führen nach 20 Minuten erstmals mit 9:8. Leiser wird es nicht. Warum auch? Plock bleibt auf Augenhöhe, erwischt nach dem Seitenwechsel erneut den besseren Start. Auch, weil Torhüter Marin Sego, von den Fans mit Verbeugungen gefeiert, ein gutes Spiel macht.

Um Palmarsson zu schonen, stellt Gislason auf eine offensive Deckung um, schickt Wael Jallouz als deren Spitze in den Hexenkessel. Doch der Tunesier ist überfordert, kassiert schnell zwei Zeitstrafen. Trotzdem: Wie im ersten Durchgang reiben sich die Zebras den Schlaf aus den Augen, biegen in Unterzahl durch ein Tor von Christian Sprenger erneut einen zwischenzeitlichen Drei-Tore-Rückstand (19:20/41.) um. Den Polen unterlaufen viele Fehler, sie werden müde, aber sie geben nicht auf. 25:25 (48.) steht es, als Andreas Palicka für Sjöstrand kommt, der das Niveau nicht halten konnte. Als Lauge, der wegen seiner Schulterprellung noch immer nicht werfen kann, sich erneut versuchen darf. Es steht 29:29 (52.), als Palicka wieder ausgewechselt wird.

Es bleibt dramatisch, die Polen dürfen in der Deckung nun gänzlich ungestraft prügeln. Als Sandsack wird Rene Toft Hansen benutzt, der mit einem Cut über dem linken Auge, einem blutenden Hinterkopf und einer dicken Lippe bezahlt. Als Jurkiewicz schließlich einen Fehlpass von Sprenger zum 33:32 verwandelt, scheint das Kieler Schicksal besiegelt. Dann verwandelt Marko Vujin, vor dem sich eine heißblütige Fan-Wand mit wedelnden Schals aufbaut, eiskalt einen Siebenmeter. Es sind noch 16 Sekunden zu spielen, als es Ecke für Plock gibt....

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2013)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2013:

Treffen mit dem Großvater

Für Patrick Wiencek war die Reise nach Polen in doppelter Hinsicht emotional. Der Fan des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg wäre am Sonnabend liebend gerne im Holsteinstadion gewesen, um dem MSV die Daumen zu drücken. Stattdessen musste er auf der Busfahrt von Warschau nach Plock via Liveticker erleben, wie sein MSV ein dramatisches Spiel mit 1:0 gewann. "Ich bin mir sicher, dass beide Mannschaften nichts mit dem Abstieg zu tun haben werden", sagt der Kreisläufer des THW Kiel, der dann die Chance hätte, dieses Duell in der nächsten Saison hautnah zu erleben.

Der 24-Jährige verpasste zwar das Wiedersehen mit Duisburg, dafür traf er in Plock aber seinen polnischen Großvater. Der 66-Jährige hatte sich mit drei Freunden aus dem vier Autostunden entfernten Dörfchen Koczala aufgemacht, um den Enkel endlich einmal live zu sehen. "Die 2000 Einwohner sind Patrick-Fans", sagt Karl Janus. "Wenn er spielt, sitzen wir alle vor dem Fernseher."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 23.09.2013)


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