Ein diplomatischer Fehltritt von Ulrich Strombach hat eine emotionsgeladene Diskussion über die
Leistungen der Schiedsrichter im Handball und den Wunsch nach mehr Professionalität ausgelöst.
Der Präsident des Deutschen Handball- Bundes wünschte dem Bundesliga-Spitzenreiter TBV Lemgo bei der
Übergabe des DHB-Pokals am Sonntag in Hamburg auch den Meistertitel. Mit dieser Äußerung brachte er
Lemgo in den Verdacht, in Pokal und Meisterschaft von den Referees bevorteilt zu werden.
"So etwas wie die Schiedsrichter
Bernd und Reiner Methe habe ich noch nie erlebt, die Leistung war skandalös,
wir sind hochgradig verschaukelt worden. Wenn der Pokalsieger vorher feststeht, bitte schön, dann brauchen wir
kein Finale mehr zu bestreiten und die Spieler müssen sich nicht wie Schweine reinknien und Verletzungen riskieren",
schimpfte Magdeburgs Manager Bernd-Uwe Hildebrandt nach dem
mit 23:25 verlorenen Finale gegen Lemgo.
Der 44 Jahre alte Hildebrandt will die Zwillingsbrüder nach eigener Aussage "nie wieder sehen" und
erklärte weiter: "Ich werde einen Brief an den DHB und die EHF schreiben. Wir werden alles versuchen, dass diese beiden
international nicht mehr pfeifen."
"Dass der DHB-Präsident dem TBV das Double wünscht, ist schon etwas verwunderlich",
merkte der Ligaausschuss-Vorsitzende
Heinz Jacobsen (Kiel) an,
"aber es kann auch nicht angehen, dass Vereine ständig irgendwelche Schiedsrichter ablehnen."
Noka Serdarusic hatte dies nach der Niederlage des THW Kiel bei der SG
Willstätt/Schutterwald am 7. März in den Kieler Nachrichten getan und die
Unparteiischen
Jutta Ehrmann/Susanne Künzig (Riedstadt/Karlsruhe) heftig gescholten
("Wir sind bewusst verpfiffen worden", siehe
Bericht). Der THW schickte das Video dieses Spiels daraufhin an DHB-Schiedsrichterwart Peter Rauchfuß,
woraufhin es angeblich zu einer Vereinbarung kam, die beiden Damen vorerst von den Zebras fernzuhalten.
Heinz Jacobsen wollte eine solche Übereinkunft allerdings nicht bestätigen.
Nur soviel sagte der Kieler: "Der THW und Peter Rauchfuß haben die Sache besprochen, sie ist damit vom Tisch."
"Es meckern alle, aber es kommt keiner mit einer Lösung", befand Lemgos Manager
Fynn Holpert. Dabei hat THW-Manager
Uwe Schwenker schon vor einiger Zeit den Vorschlag gemacht, zu Top-Spielen
ausländische Schiedsrichter heranzuziehen: "Auf internationaler Ebene haben wir nur gute Erfahrungen gemacht."
Heinz Jacobsen hat dem Schiedsrichter-Ausschuss empfohlen, darüber zu diskutieren.
"Zumindest für Spiele im Norden könnte ich mir vorstellen, Schiedsrichter aus Dänemark zu nominieren, wenn
damit ein Austausch verbunden wäre, kann sich der Liga-Boss mit dieser Idee durchaus anfreunden.
Abhilfe schaffen könnte aber auch eine verstärkte Aus- und Fortbildung der Referees.
"Es wird schneller und professioneller gespielt, es geht um immer größere Budgets. Da muss man die
Schiedsrichter mit ins Boot nehmen. Wir wollen das Schiedsrichter-Wesen professionell gestalten, denn sie sollen mithalten können",
schlägt Fynn Holpert vor.
Heinz Jacobsen nahm diese Vorlage auf: "Wir wollen aus dem Ligaverband die Schiedsrichter
unterstützen, auch finanziell, damit sie besser ausgebildet werden können." Bislang erhalten die Handball-Schiedsrichter
pro Gespann 640 Euro an Wochen-Spieltagen und 410 Euro an Wochenenden plus Reisekosten, für
Uwe Schwenker zu wenig, weil die Pfeiffenmänner nicht
selten in ihren Berufen Nachteile in Kauf nehmen müssten.
Ob besser ausgebildete oder gar Profi-Schiedsrichter eine Lösung darstellen könnten, wagt
Uwe Schwenker allerdings zu bezweifeln. "Das Problem", sagt der THW-Manager,
"liegt im Handball selbst begründet. Das Spiel ist so schnell und bietet deshalb Schiedsrichtern zuviel Freiraum für ihre Entscheidungen."
(Aus den Kieler Nachrichten vom 9.4.2002, von Gerhard Müller)