Weltweit gibt es nur wenige Handballspieler, die eine Offerte des FC Barcelona ausschlagen oder den Club
gar aus freien Stücken wieder verlassen würden. Die beiden THW-Neuzugänge
Demetrio Lozano und
Mattias Andersson kehrten dem "Dream-Team" dennoch den Rücken und
tauschten mediterranes Urlaubsklima gegen steife Kieler Ostseebrisen. Dieser von ihnen mit eingeleitete
Aderlass an Spitzenspielern hat den Katalanen scheinbar Imageprobleme beschert. Zum Ende einer holprigen
Liga-Saison, in der Barca bereits viermal als Verlierer das Parkett verließ, geht die Suche nach
adäquatem Spielerpersonal munter weiter. Das nicht mehr jeder Spitzenspieler dem Ruf in die
katalanische Hauptstadt folgt, ist indes neu. Zum zweiten Mal in Folge nicht spanischer Meister sollten
zukünftig die Künste von Jackson Richardson die erfolgsverwöhnten Handballer zurück in die
Erfolgsspur führen. Der Franzose, der beim designierten Meister San Antonio die Fäden zieht,
entschied sich jedoch gegen noch mehr Geld und für zwei weitere Jahre in Pamplona.
Den nächsten Korb handelte sich der Champions League-Seriensieger vom dänischen Torwart Kaspar Hvidt ein, der Ademar Leon
den Vorzug gab. Hinweise auf das Ende einer Vormachtstellung? "Nein. Barca ist und bleibt für jeden Spieler eine Top-
Adresse in Europa. Aber es gibt auch noch andere", sagt
Demetrio Lozano, der drei Jahre lang das Trikot des spanischen
Vorzeigeclubs trug und nun in Diensten des THW Kiel steht. Er selbst bereut seinen Wechsel nicht. "Ich wollte mich
sportlich weiter entwickeln, und das ist bei einem Klub wie dem THW möglich. Deshalb habe ich Barca verlassen. Nun freue
ich mich auf die Spiele gegen meine alten Freunde", so der 112-fache spanische Nationalspieler, der sich mit Ehefrau Nuria
und seiner gleichnamigen Tochter sehr gut eingelebt hat.
Zweites Kieler Zebra mit exzellenten Kenntnissen über den heutigen Gegner ist
Mattias Andersson. Der schwedische Keeper
weilte drei Monate am Mittelmeer und sieht die Kräfteverhältnisse vor dem Finale ähnlich verteilt wie im Vorjahr: "Es ist
sehr ausgeglichen. Zwei Top-Teams treffen aufeinander, die sich keine Ausrutscher erlauben dürfen". Und welche
persönlichen Gefühle bewegen ihn? "Natürlich ist es etwas Besonderes gegen die ehemalige Mannschaft zu spielen. Aber ich
muss niemanden etwas beweisen", sieht der 24-jährige den Matches gelassen entgegen.
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Das blau-rote Trikot hat
"Deme" inzwischen ausgezogen.
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Immer mehr in- und ausländische Clubs strecken ihre Fühler nach den einst unantastbaren Barca-Akteuren aus. Während der
Sensationstransfer von Torhüter Tomas Svensson zum HSV-Handball bereits perfekt ist, wird nun Alberto Entrerr¡os mit Liga-
Konkurrent Ciudad Real in Verbindung gebracht. Entrerr¡os war als bester ASOBAL-Spieler der vergangenen Spielzeit als
Ersatz für
Lozano geholt worden.
Nun hat die "Azulgrana" unlängst ausgerechnet gegen San Antonio ihre Chance auf den Meistertitel verspielt, was sich am
Verhandlungstisch negativ auswirken könnte. Die Quittung für diesen Fauxpas gab es von der einheimischen Presse
postwendend. Von Krise und falscher Personalpolitik war die Rede. Die Neuzugänge wurden den Ansprüchen nicht gerecht. Die
Zeit, die sich Trainer Valero Rivera für ihre Integration erbeten hatte, scheint in Barcelona bereits abgelaufen.
(Von Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 20.4.2002)