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16.10.2002 Mannschaft

Einer für alle, alle für Einen

Das Verletzungspech nicht zur hektischen Betriebsamkeit führen muss, beweist der THW Kiel. Statt die arg gelichteten Reihen vorschnell mit neuen Spielern zu ergänzen, baut man auf die eigenen Kräfte. Die Mannschaft rückt noch enger zusammen.
Einer für alle, alle für Einen: Nein, der THW Kiel ist nicht zu den drei Musketieren mutiert, auch wenn die Mannschaft bei weiteren Ausfällen dem Fechter-Trio zahlenmäßig beängstigend nahe kommt. Aber das Credo der Degenhelden muss zunehmend auch für die Kieler Handballer gelten. Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern Zusammenrücken ist die Devise.

Die spielbestimmenden Persönlichkeiten des THW gehen derzeit im Wortsinne am Stock, fehlen in Aufbau und Abschluss am eigenen wie am gegnerischen Kreis. Neuzugang Davor Dominikovic und die Wiedergenesen können die Lücken noch nicht füllen, zu schwer lastet die Hypothek einer vom Erfolg verwöhnten Mannschaft auf ihren Schultern. Doch Trainer Noka Serdarusic verfällt deswegen nicht in Panik. Stellungnahmen zu den Leistungen Einzelner, die viel eher in die Verantwortung gerutscht sind, als es geplant war, lehnt er ab. "Das wäre doch psychologisch völliger Unsinn. Die Jungs müssen doch Zeit haben, in ihre Rolle hineinzuwachsen", kommentierte er eine entsprechende Anfrage nach dem Flensburg-Spiel.

Diese Zeit wurde auch Magnus Wislander gewährt, als er vor zwölf Jahren in Kiel vor Anker ging. Und der musste nicht gleich ins kalte Wasser überschäumender Erwartungen springen. Zwar wurden im weiteren Umfeld zeitweise Worte über einen Fehleinkauf laut, doch die Verantwortlichen überhörten diese. Zu Recht, wie man heute weiß und nicht weiter zu berichten braucht.

Zeitspiel ist daher das Motto des THW-Trainers. Diese Bundesliga-Saison ist nach der kargen Startausbeute eh gelaufen. "In diesem Jahr kommt der Kieler Handball nicht mehr ganz nach oben", so Serdarusic. Eine Aussage, die nicht von Pessimismus, sondern Realismus geprägt ist und bei Manager Uwe Schwenker beim Vergleich mit dem nördlichen Nachbarn Unterstützung findet: "Die Flensburger spielen derzeit in Tabellenregionen, in die wir nicht mehr vorstoßen werden."

Der THW nimmt sich in seiner Umbruchphase die Freiheit, die Saison trotz aller Turbulenzen in Ruhe zu gestalten. Erste Lichtblicke sind trotz der Niederlagen zu erkennen. Youngster Sebastian Preiß traf in Wetzlar sechsmal, der ehemals Langzeitverletzte Piotr Przybecki siebenmal ins Schwarze. Und einen Vorteil hat die derzeitige Tabellensituation auch. Die Rekonvaleszenten können sich in Minutenschritten wieder an die Bundesligaluft gewöhnen. So durfte Nikolaj Jacobsen ob der Aufstellungsprobleme trotz seines Trainingsrückstandes in Flensburg für sechseinhalb Minuten ran, in Wetzlar dann sogar rund 20. Serdarusic Begründung: "Es ist klar, dass Nikolaj der Mannschaft noch nicht sehr helfen kann. Aber die Mannschaft kann ihm jetzt helfen.÷ Der Däne dankte es mit seinen ersten drei Saisontoren in Wetzlar. Eben: Alle für Einen, Einer für alle.


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