Am kommenden Samstag tritt der THW wieder einmal beim TV
Großwallstadt an
- es ist das 56. Duell der beiden "Liga-Dinos" seit Einführung der
eingleisigen höchsten deutschen Spielklasse 1977.
Anlass für Andreas Müller, auf das Aufeinandertreffen der beiden Traditionsvereine
vor 25 Jahren zurückzublicken.
Von Andreas Müller
"Heimsieg!", nicht anders konnte die Parole des TV Großwallstadt vor dem dritten
Bundesligaspiel gegen den THW Kiel im Dezember des Jahres 1978 lauten. Dabei tat
sich allerdings der Deutsche Meister reichlich schwer, die Leistungsstärke der
Nordlichter richtig einzuschätzen. Denn der vermeintlich leichte Gegner, der dem
TV Großwallstadt zu Beginn der Adventszeit in die Rudolf-Harbig-Sporthalle
schneite, hatte schon zwei Gesichter in der noch jungen Saison gezeigt. Schon vor
Rundenbeginn schlugen an der Ostsee hohe Wellen, als es zum offenen Bruch zwischen
Abteilungsleiter Gert Hinrich Reese und einem Großteil der Mannschaft kam. Erst
nach seinem Rücktritt kehrte allmählich wieder etwas Ruhe ein und die Akteure
zurück zu sportlichen Belangen.
In die Saison selbst war die Mannschaft zunächst
blendend gestartet, war nach vier Spieltagen bei 8:2 Punkten noch unbesiegt und
nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses hinter dem TuS Nettelstedt und dem
VfL Gummersbach auf Rang fünf der Tabelle. Gleichwohl sorgte gerade der vierte
Spieltag für Entsetzen beim THW, denn ausgerechnet Torjäger
Predrag Timko wurde
nach einer Tätlichkeit im Spiel gegen Jahn Gensungen für die folgenden vier Wochen
gesperrt und ohne den Jugoslawen waren die Zebras weit nicht mehr so souverän wie
noch zuvor. Dem guten Start folgten vier Niederlagen in Serie. Dem dann doch recht
überraschenden 18:14-Heimsieg gegen die hoch gehandelte Mannschaft aus Dankersen
folgte schon drei Tage später in der Kieler Ostseehalle der nächste Dämpfer: eine
14:19-Pleite gegen FA Göppingen. Man konnte also gespannt sein, welches Gesicht
der THW, seit Anfang des Monats mit neuem Coach, am bayerischen Untermain zeigen
würde.
Soviel war klar, Favorit war die Mannschaft aus Schleswig-Holstein - die
sich mittlerweile wieder in der Nähe der Abstiegszone befand - sicher nicht, diese
Bürde lag beim Gastgeber aus Großwallstadt. Doch auch die Hausherren, obwohl seit
dem 24. Januar 1976 zu Hause unbesiegt, offenbarten in den letzten Heimspielen
ungeahnte Schwächen. Nur sehr mühsam kam das Angriffsspiel des Tabellendritten
gegen Leverkusen und Rintheim in die Gänge, nur mittels exzellenter Abwehrarbeit
konnten die Punkte gesichert werden.
So ging die Mannschaft um die Weltmeister Manfred Hofmann, Manfred Freisler, Claus
Hormel und Kurt Klühspies zwar zunächst schnell mit 4:1 in Front, doch der THW
wollte endlich seinen ersten Bundesligasieg gegen die Bayern landen und hielt
überraschend stark mit. Frech traten die Nordlichter auf, spielten mit geschickten
Tempowechseln sowie gefährlichen und schnellen Tempogegenstößen, glichen nicht nur
zum 4:4 aus sondern hielten in der Folge das Spiel auch offen. Flatternde Nerven
und überhastete Abschlüsse mußte Großwallstadts Trainer Klaus Zöll seiner
Mannschaft attestieren, die zudem Probleme mit der Manndeckung von
Wolfgang Stolz
gegen Peter Meisinger und kurzzeitig Kurt Klühspies hatte. Insbesondere die
treffsicheren Außenspieler
Uli Knop und
Dieter Krause waren maßgeblich daran
beteiligt, daß nach 30 Minuten ein ansehnlicher Vorsprung auf der Anzeigetafel
prangte: 9:6.
Doch die Spieler der Gastgeber schienen Enttäuschung und Spott der
Fans zur Pause nicht überhört zu haben, zu Beginn der zweiten Halbzeit
präsentierte sich ein ganz anderer TVG, der nunmehr dem THW kräftig zusetzte. Eine
kampfstarke Sieben sah man nun auf dem Parkett der Harbig-Halle, die nun auch
wieder zurück zu alter Konterstärke fand, einen davon nutzte Claus Hormel zum
9:9-Ausgleich. Immer wieder war der glänzende Großwallstädter Schlußmann Manfred
Hofmann Ausgangspunkt schneller und gefährlicher Gegenstöße, der vierte von Claus
Hormel in Halbzeit zwei bringt den TVG gar mit 13:10 in Führung. Die Kieler
Auswahl gerät zunehmend in Probleme, insbesondere von
Predrag Timko kommt viel zu
wenig. Mit einem Schnitt von knapp fünf Toren pro Partie in die Saison gestartet,
bleibt er an jenem Abend wirkungslos, verwandelt nur einen Siebenmeter. Ein
weiterer Strafwurf von ihm und einen Siebenmeter von
Wolfgang Stolz wurden zur
Beute von Manfred Hofmann, der wie Peter Meisinger in hohem Maße dazu beitrug, daß
der THW nicht mehr gefährlich zurück ins Spiel kommen konnte: Als auch die offene
Manndeckung der Schwarz-Weißen in den letzten 90 Sekunden wirkungslos verpuffte,
mußte die Mannschaft von Trainer
Gerd Welz endgültig die dritte
Bundesliganiederlage gegen die Unterfranken hinnehmen.
Für den THW mit der Folge,
weiter im hinteren Mittelfeld der Bundesliga festzusitzen, und für den TVG mit der
großen Option, bald wieder höhere Ansprüche anmelden zu können. Erfreut wird im
Großwallstädter Lager insbesondere der 15:10-Auswärtssieg des VfL Gummersbach beim
TuS Hofweier aufgenommen, denn dieser liefert die Grundlage, gut zwei Wochen
später durch einen Heimsieg gegen Hofweier die Tabellenführung der Eliteklasse
wieder zu übernehmen.
(© 2003 Andreas Müller)
Bundesliga: 02.12.1978, Sa.: TV Großwallstadt - THW Kiel: 15:13 (6:9)
Torschützen TV Großwallstadt:-
Hormel (4), Klühspies (4/3), Freisler (3), Meisinger (3), Fischer (1)
Torschützen THW Kiel:-
Knop (4),
Krause (4),
Graeper (2),
Elwardt (1),
Willisch (1),
Timko (1/1)
- Zeitstrafen:
-
Großwallstadt: 0;
THW: 2
- Siebenmeter:
-
Großwallstadt: 3/3;
THW: 3/1
- Zuschauer:
-
1450 (Rudolf-Harbig-Sporthalle, Elsenfeld)