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28.09.2003 Interview

Johan Pettersson im Zebra-Interview: Alles immer möglich

Die ewig jungen Ziele des Johan Pettersson

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Er hat fast alles erreicht, was ein Handballer erreichen kann. An der Seite von An der Seite von Wislander, Olsson und Lövgren sammelte Kiels Rechtsaußen bei Welt- und Europameisterschaften Gold- und Silbermedaillen am Fließband. Von 1996 bis 2002 gab es kein internationales Meisterschaftsfinale ohne schwedische Beteiligung. Und auch mit den Zebras feiert er Erfolge: Deutscher Meister 2002 und EHF-Pokalsieg 2002 gegen den Erzrivalen FC Barcelona. Er ist ein ganz Großer seines Faches. Im ZEBRA-Interview gibt er sich nachdenklich: Johan Pettersson.
Zebra:
Johan Pettersson.
Klicken Sie für weitere Infos! Johan Pettersson.
Johan, Dein Mitspieler Klaus-Dieter Petersen hegte unlängst in seiner persönlichen Mannschaftsvorstellung (siehe Bericht) die Hoffnung, Du mögest an die Leistungen aus Deinem ersten THW-Jahr anknüpfen und wieder hungrig auf Erfolge werden Warst Du im vergangenen Jahr einfach müde?
Johan Pettersson:
Im letztes Jahr ist vieles auf uns alle niedergeschlagen. Wir hatten als Mannschaft so viele schlechte Phasen wie nie zuvor. Und gerade ich bin ein Typ, der mit der Mannschaft geht, sie vielleicht mehr braucht als andere. Gerade wir Außenspieler sind wesentlich auf die Pässe unserer Mitspieler angewiesen.
Zebra:
Wie schätzt Du Dich selbst ein?
Johan Pettersson:
Klar, das vorletzte Jahr war zweifelsohne besser als das vergangene. Das war für uns alle nicht einfach. Aber gerade jetzt merkt man, dass alles wieder stabiler geworden ist, es bei uns allen runder läuft. Wir haben ein paar neue Spieler bekommen und agieren wieder cleverer, sind einfach besser drauf.
Zebra:
Wie bist Du persönlich in die Saison gestartet?
Johan Pettersson:
Ich bin sehr zufrieden mit meiner Vorbereitung gewesen und das setzt sich nun in den Spielen fort. Ich glaube, bislang habe ich erst vier Bälle verschossen. Aber als Außenspieler bekommst Du aus dem Spiel heraus mitunter nur wenig Bälle, deswegen habe ich die meisten meiner Tore auch nach Gegenstößen erzielt. Doch ich bin mit meinen Leistungen bislang zufrieden, auch wenn ich nicht allzu viel gespielt habe.
Zebra:
Bist Du mit Deinen Einsatzzeiten unzufrieden?
Johan Pettersson:
Nein, das nicht. Aber ich bin wie jeder andere Spieler auch: Wenn ich fit bin, dann will ich auch spielen - und am liebsten die ganze Zeit. Aber unser Trainer hat natürlich jetzt mit Christian Zeitz und Roman Pungartnik gute Möglichkeiten zu varieren, und die nutzt er derzeit auch fleißig. Ich glaube, wir ergänzen uns gut und sind als Mannschaft flexibel. Noka hat genügend Alternativen, zumal Roman und Christian von Außen auch in die Mitte ziehen und schießen können.
Zebra:
Was hast Du Dir für diese Saison vorgenommen? Der THW hat am Anfang der Saison die Erwartungen etwas gedämpft. Teilst Du diese Einschhätzung?
Johan Pettersson:
Wir wissen, wie das mit den Favoriten ist. Alle wollen ganz oben stehen. Ich denke jedenfalls, die Champions-League-Qualifikation ist realistisch. Der deutsche Meister TBV Lemgo war in der vergangenen Saison noch nahezu unschlagbar, hätte in dieser Saison aber schon beinahe ein zweites Mal verloren. In diesem Jahr wird es ganz sicher wesentlich enger und spannender werden, denn man darf nicht vergessen, dass Flensburg und Lemgo auch noch in der Champions League antreten müssen. Ich bin davon überzeugt, dass es auf einen Dreikampf zwischen dem THW Kiel, Flensburg und Lemgo hinauslaufen wird. Magdeburg wird ohne Stefansson kein deutscher Meister, Gummersbach und Hamburg mischen zwar oben, aber nicht ganz oben mit.
Zebra:
Deine Erfolgsliste ist lang. Welche Ziele bleiben Dir?
Johan Pettersson:
Im letzten Jahr sind all unsere Träume geplatzt. Jetzt ist es einfach: Wir wollen auf dem Feld zeigen, dass wir es noch können. Wenn man diesen inneren Antrieb nicht mehr spüren würde, könnte man genauso gut mit dem Handball Schluss machen.
Zebra:
Wie motivierst Du Dich stetig neu?
Johan Pettersson:
Du kommst immer weiter und das willst Du auch zeigen. Ich lebe Handball jeden Tag und das wird auch nie aufhören. Und solange ich Profi-Handball spielen werde, das habe ich immer gesagt, möchte ich in Kiel spielen. Ob das auch im kommenden Jahr so sein wird, entscheidet sich wohl zum Ende des Jahres, denn bald stehen Gespräche mit unserem Geschäftsführer Uwe Schwenker an, da mein derzeitiger Vertrag zum Ende der aktuellen Saison ausläuft.
Zebra:
Du denkst jetzt schon an die Zeit nach Deinem Karriereende als Profisportler?
Johan Pettersson:
Für mich spielte der Handball immer die entscheidende Rolle. Seit acht Jahren bin ich nun von zuhause weg und ständig unterwegs. Ich habe viele schöne und wunderbare Momente erlebt, aber auch viele schlechte. Jedenfalls hat diese Zeit viel Kraft gekostet. Inzwischen habe ich auch eine eigene Familie und die Prioritäten haben sich etwas verschoben.
Zebra:
Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was Du nach Deiner Zeit als Profi machst?
Johan Pettersson:
Ich möchte weiterhin dem Handball verbunden bleiben. So viel jedenfalls steht fest: Wahrscheinlich werden wir nach meinem Karriereende nach Jönköping, der Heimat meiner Frau, ziehen. Bislang ist sie mir stets gefolgt, dann wird es anders herum sein.
Zebra:
Weißt Du schon konkret, was Du machen wirst?
Johan Pettersson:
Nein, es gibt jedoch Überlegungen als Trainer oder Lehrer am Handball-Gymnasium in Jönköping tätig zu werden. Als Koch werde ich wohl nicht mehr arbeiten, auch wenn ich das vor meiner Handball-Karriere gelernt und ein Jahr lang in einem Mittagsrestaurant gearbeitet habe. Doch egal, was ich auch tun werde, nach acht Jahren musst Du alles neu erlernen.
Zebra:
Doch welche Ziele möchtest Du bist dahin noch verwirklichen? Oder bist Du mit dem Erreichten schon zufrieden?
Johan Pettersson:
Mit dem, was ich bislang erreicht habe, kann ich am Ende ganz sicher zufrieden sein. Aber ohne neue Ziele hast Du schon verloren. Wenn es gut läuft, hast Du große Ziele. Wenn es schlecht läuft, setzt Du Dir kleine Ziele. Alles ist immer möglich.
Zebra:
Was heißt das konkret für die noch junge Saison?
Johan Pettersson:
Ich möchte mit dem THW Kiel unter die ersten Drei der Bundesliga und im Europapokal möglichst weit kommen. Und dann träume ich noch von der Olympia-Qualifikation. Denn die Olympischen Spiele 2004 wären noch einmal eine ganz große Herausforderung. Wenn das gelingen würde, wäre ganz Schweden noch einmal richtig heiß. Aber es wird verdammt schwer, das letzte zu vergebende Ticket bei der EM in Slowenien zu bekommen.
Zebra:
Bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft anfang diesen Jahres in Portugal verpasste die schwedische Nationalmannschaft die direkte Olympia-Qualifikation und stürzte urplötzlich aus einer jahrelangen Erfolgsspur. War das der bitterste Moment Deiner Karriere?
Johan Pettersson:
Das hat sehr viel Kraft gekostet. Seit dem ersten WM- Titel 1990 war die schwedische Nationalmannschaft erfolgsverwöhnt, seit 1996 standen wir jedes Jahr in den Finals der großen Turniere wie WM, EM oder gar der Olympischen Spiele. Ein absoluter Höhepunkt war natürlich das Jahr 2002 mit dem EM-Gold zuhause in Schweden, dem Europakalsieg mit dem THW in Barcelona und diesem unglaublichen Endspurt mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft - und letzteres ausgerechnet gegen Nordhorn, wo ich das letzte halbe Jahr vor meinem Wechsel nach Kiel nur noch zum Zuschauen verdammt wurde. Das war der eigentliche/menschliche Tiefpunkt in meiner Karriere. Vor dem entscheidenen Heimspiel am vorletzten Spieltag der Saison 2001/02 gegen Nordhorn habe ich deswegen tagelang nicht geschlafen, denn ich hatte so einen Schiss, dass Nordhorn als deutscher Meister in unserer Halle stehen könnte. Und das durfte unter keinen Umständen passieren. Und dann hat Flensburg am letzten Spieltag auch noch eine Viertelstunde vor Schluss mit drei Toren gegen uns geführt und Nordhorn wäre doch noch Meister gewesenâ Diese ganze Situation war echt unglaublich! Im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, wir würden alles auf einmal zurückbekommen - sowohl mit der Nationalmannschaft als auch beim THW Kiel. Aber daraus lernst Du. Du lernst in den harten Zeiten, dann wenn Du verlierst.
Zebra:
Was hast Du gelernt?
Johan Pettersson:
Wie man wieder daraus kommt. Wenn Du total verärgert bist, weil Du verlierst, dann verkrampfst Du. Ich bin ruhiger geworden, konzentriere mich besser und fühle mich einfach wohler - ich will soetwas nicht wieder erleben.
Zebra:
Was ist Dir heute wichtig?
Johan Pettersson:
Meine Familie hat den Handball von der ersten Stelle verdrängt, auch wenn ich dem Handball immer verbunden bleiben werde, denn der Handball ist mein Leben. Ich genieße zwar die Aufmerksamkeit, die uns Spielern entgegengebracht wird, aber ich brauche sie nicht. Ich könnte mein Leben auch gemeinsam mit meiner Familie in unserem Sommerhaus genießen.
Zebra:
Wie geht es sportlich nach dieser Saison mit Johan Pettersson weiter?
Johan Pettersson:
Meine Familie und ich werden die richtige Entscheidung treffen. Fest steht: hier in Kiel ist mein handballerischer Höhepunkt. Von hier aus kann es nicht weiter gehen. Egal, wo Du hingehst, es kann nur tiefer gehen.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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