Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Er hat fast alles erreicht, was ein Handballer
erreichen kann. An der Seite von An der Seite von
Wislander,
Olsson und
Lövgren
sammelte Kiels Rechtsaußen bei Welt- und
Europameisterschaften Gold- und Silbermedaillen am
Fließband. Von 1996 bis 2002 gab es kein
internationales Meisterschaftsfinale ohne schwedische
Beteiligung. Und auch mit den Zebras feiert er Erfolge:
Deutscher Meister 2002 und EHF-Pokalsieg 2002 gegen den
Erzrivalen FC Barcelona. Er ist ein ganz Großer seines
Faches. Im ZEBRA-Interview gibt er sich nachdenklich:
Johan Pettersson.
- Zebra:
-
Johan, Dein Mitspieler Klaus-Dieter Petersen hegte
unlängst in seiner persönlichen Mannschaftsvorstellung
(siehe Bericht) die Hoffnung, Du mögest an die
Leistungen aus Deinem ersten THW-Jahr anknüpfen und
wieder hungrig auf Erfolge werden Warst Du im
vergangenen Jahr einfach müde?
- Johan Pettersson:
-
Im letztes Jahr ist vieles auf uns alle
niedergeschlagen. Wir hatten als Mannschaft so viele
schlechte Phasen wie nie zuvor. Und gerade ich bin ein
Typ, der mit der Mannschaft geht, sie vielleicht mehr
braucht als andere. Gerade wir Außenspieler sind
wesentlich auf die Pässe unserer Mitspieler angewiesen.
- Zebra:
-
Wie schätzt Du Dich selbst ein?
- Johan Pettersson:
-
Klar, das vorletzte Jahr war zweifelsohne besser als
das vergangene. Das war für uns alle nicht einfach.
Aber gerade jetzt merkt man, dass alles wieder stabiler
geworden ist, es bei uns allen runder läuft. Wir haben
ein paar neue Spieler bekommen und agieren wieder
cleverer, sind einfach besser drauf.
- Zebra:
-
Wie bist Du persönlich in die Saison gestartet?
- Johan Pettersson:
-
Ich bin sehr zufrieden mit meiner Vorbereitung gewesen
und das setzt sich nun in den Spielen fort. Ich glaube,
bislang habe ich erst vier Bälle verschossen. Aber als
Außenspieler bekommst Du aus dem Spiel heraus mitunter
nur wenig Bälle, deswegen habe ich die meisten meiner
Tore auch nach Gegenstößen erzielt. Doch ich bin mit
meinen Leistungen bislang zufrieden, auch wenn ich
nicht allzu viel gespielt habe.
- Zebra:
-
Bist Du mit Deinen Einsatzzeiten unzufrieden?
- Johan Pettersson:
-
Nein, das nicht. Aber ich bin wie jeder andere Spieler
auch: Wenn ich fit bin, dann will ich auch spielen -
und am liebsten die ganze Zeit. Aber unser Trainer hat
natürlich jetzt mit Christian Zeitz
und Roman Pungartnik gute Möglichkeiten zu varieren, und die
nutzt er derzeit auch fleißig. Ich glaube, wir ergänzen
uns gut und sind als Mannschaft flexibel.
Noka hat
genügend Alternativen, zumal Roman und
Christian von
Außen auch in die Mitte ziehen und schießen können.
- Zebra:
-
Was hast Du Dir für diese Saison vorgenommen? Der THW
hat am Anfang der Saison die Erwartungen etwas
gedämpft. Teilst Du diese Einschhätzung?
- Johan
Pettersson:
-
Wir wissen, wie das mit den Favoriten ist. Alle wollen
ganz oben stehen. Ich denke jedenfalls, die Champions-League-Qualifikation
ist realistisch. Der deutsche
Meister TBV Lemgo war in der vergangenen Saison noch
nahezu unschlagbar, hätte in dieser Saison aber schon
beinahe ein zweites Mal verloren. In diesem Jahr wird
es ganz sicher wesentlich enger und spannender werden,
denn man darf nicht vergessen, dass Flensburg und Lemgo
auch noch in der Champions League antreten müssen. Ich
bin davon überzeugt, dass es auf einen Dreikampf
zwischen dem THW Kiel, Flensburg und Lemgo hinauslaufen
wird. Magdeburg wird ohne Stefansson kein deutscher
Meister, Gummersbach und Hamburg mischen zwar oben,
aber nicht ganz oben mit.
- Zebra:
-
Deine Erfolgsliste ist lang. Welche Ziele bleiben Dir?
- Johan Pettersson:
-
Im letzten Jahr sind all unsere Träume geplatzt. Jetzt
ist es einfach: Wir wollen auf dem Feld zeigen, dass
wir es noch können. Wenn man diesen inneren Antrieb
nicht mehr spüren würde, könnte man genauso gut mit dem
Handball Schluss machen.
- Zebra:
-
Wie motivierst Du Dich stetig neu?
- Johan Pettersson:
-
Du kommst immer weiter und das willst Du auch zeigen.
Ich lebe Handball jeden Tag und das wird auch nie
aufhören. Und solange ich Profi-Handball spielen werde,
das habe ich immer gesagt, möchte ich in Kiel spielen.
Ob das auch im kommenden Jahr so sein wird, entscheidet
sich wohl zum Ende des Jahres, denn bald stehen
Gespräche mit unserem Geschäftsführer
Uwe Schwenker an,
da mein derzeitiger Vertrag zum Ende der aktuellen
Saison ausläuft.
- Zebra:
-
Du denkst jetzt schon an die Zeit nach Deinem
Karriereende als Profisportler?
- Johan Pettersson:
-
Für mich spielte der Handball immer die entscheidende
Rolle. Seit acht Jahren bin ich nun von zuhause weg und
ständig unterwegs. Ich habe viele schöne und wunderbare
Momente erlebt, aber auch viele schlechte. Jedenfalls
hat diese Zeit viel Kraft gekostet. Inzwischen habe ich
auch eine eigene Familie und die Prioritäten haben sich
etwas verschoben.
- Zebra:
-
Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was Du nach Deiner
Zeit als Profi machst?
- Johan Pettersson:
-
Ich möchte weiterhin dem Handball verbunden bleiben. So
viel jedenfalls steht fest: Wahrscheinlich werden wir
nach meinem Karriereende nach Jönköping, der Heimat
meiner Frau, ziehen. Bislang ist sie mir stets gefolgt,
dann wird es anders herum sein.
- Zebra:
-
Weißt Du schon konkret, was Du machen wirst?
- Johan Pettersson:
-
Nein, es gibt jedoch Überlegungen als Trainer oder
Lehrer am Handball-Gymnasium in Jönköping tätig zu
werden. Als Koch werde ich wohl nicht mehr arbeiten,
auch wenn ich das vor meiner Handball-Karriere gelernt
und ein Jahr lang in einem Mittagsrestaurant gearbeitet
habe. Doch egal, was ich auch tun werde, nach acht
Jahren musst Du alles neu erlernen.
- Zebra:
-
Doch welche Ziele möchtest Du bist dahin noch
verwirklichen? Oder bist Du mit dem Erreichten schon
zufrieden?
- Johan Pettersson:
-
Mit dem, was ich bislang erreicht habe, kann ich am
Ende ganz sicher zufrieden sein. Aber ohne neue Ziele
hast Du schon verloren. Wenn es gut läuft, hast Du
große Ziele. Wenn es schlecht läuft, setzt Du Dir
kleine Ziele. Alles ist immer möglich.
- Zebra:
-
Was heißt das konkret für die noch junge Saison?
- Johan Pettersson:
-
Ich möchte mit dem THW Kiel unter die ersten Drei der
Bundesliga und im Europapokal möglichst weit kommen.
Und dann träume ich noch von der Olympia-Qualifikation.
Denn die Olympischen Spiele 2004 wären noch einmal eine
ganz große Herausforderung. Wenn das gelingen würde,
wäre ganz Schweden noch einmal richtig heiß. Aber es
wird verdammt schwer, das letzte zu vergebende Ticket
bei der EM in Slowenien zu bekommen.
- Zebra:
-
Bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft anfang diesen
Jahres in Portugal verpasste die schwedische
Nationalmannschaft die direkte Olympia-Qualifikation
und stürzte urplötzlich aus einer jahrelangen
Erfolgsspur. War das der bitterste Moment Deiner
Karriere?
- Johan Pettersson:
-
Das hat sehr viel Kraft gekostet. Seit dem ersten WM-
Titel 1990 war die schwedische Nationalmannschaft
erfolgsverwöhnt, seit 1996 standen wir jedes Jahr in
den Finals der großen Turniere wie WM, EM oder gar der
Olympischen Spiele. Ein absoluter Höhepunkt war
natürlich das Jahr 2002 mit dem EM-Gold zuhause in
Schweden, dem Europakalsieg mit dem THW in Barcelona
und diesem unglaublichen Endspurt mit dem Gewinn der
deutschen Meisterschaft - und letzteres ausgerechnet
gegen Nordhorn, wo ich das letzte halbe Jahr vor meinem
Wechsel nach Kiel nur noch zum Zuschauen verdammt
wurde. Das war der eigentliche/menschliche Tiefpunkt in
meiner Karriere. Vor dem entscheidenen Heimspiel am
vorletzten Spieltag der Saison 2001/02 gegen Nordhorn
habe ich deswegen tagelang nicht geschlafen, denn ich
hatte so einen Schiss, dass Nordhorn als deutscher
Meister in unserer Halle stehen könnte. Und das durfte
unter keinen Umständen passieren. Und dann hat
Flensburg am letzten Spieltag auch noch eine
Viertelstunde vor Schluss mit drei Toren gegen uns
geführt und Nordhorn wäre doch noch Meister gewesenâ
Diese ganze Situation war echt unglaublich! Im letzten
Jahr hatte ich das Gefühl, wir würden alles auf einmal
zurückbekommen - sowohl mit der Nationalmannschaft als
auch beim THW Kiel. Aber daraus lernst Du. Du lernst in
den harten Zeiten, dann wenn Du verlierst.
- Zebra:
-
Was hast Du gelernt?
- Johan Pettersson:
-
Wie man wieder daraus kommt. Wenn Du total verärgert
bist, weil Du verlierst, dann verkrampfst Du. Ich bin
ruhiger geworden, konzentriere mich besser und fühle
mich einfach wohler - ich will soetwas nicht wieder
erleben.
- Zebra:
-
Was ist Dir heute wichtig?
- Johan Pettersson:
-
Meine Familie hat den Handball von der ersten Stelle
verdrängt, auch wenn ich dem Handball immer verbunden
bleiben werde, denn der Handball ist mein Leben. Ich
genieße zwar die Aufmerksamkeit, die uns Spielern
entgegengebracht wird, aber ich brauche sie nicht. Ich
könnte mein Leben auch gemeinsam mit meiner Familie in
unserem Sommerhaus genießen.
- Zebra:
-
Wie geht es sportlich nach dieser Saison mit Johan Pettersson weiter?
- Johan
Pettersson:
-
Meine Familie und ich werden die richtige Entscheidung
treffen. Fest steht: hier in Kiel ist mein
handballerischer Höhepunkt. Von hier aus kann es nicht
weiter gehen. Egal, wo Du hingehst, es kann nur tiefer
gehen.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)