Aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2003:
Köln - Würde der THW Kiel in der Schach-Bundesliga antreten, wäre alles einfacher. Sparschwein schlachten,
fünf Großmeister einkaufen und Meister werden. Der THW hat sich aber entschieden, eine Handball-Mannschaft
zu melden und da ist mit fünf "Neuen" der Weg zu Meisterehren steiniger. Letzter Beweis war die
23:24-Pleite gegen Gummersbach.
"Es war heute viel leichter zu gewinnen als zu Hause gegen Flensburg", ärgerte sich
Trainer
Noka Serdarusic.
"Wir haben die Spielzüge gut zu Ende gespielt, aber schlecht abgeschlossen."
Besonders in der Abwehr zeigte Kiel in der Kölnarena ein ganz anderes Gesicht als
gegen Flensburg (29:31).
Aggressiv, geistig auf der Höhe und mit einem starken
Mattias Andersson im Rücken, ließ der THW nur 24 Tore
zu. "Die Kieler haben viel mehr Respekt vor uns als wir vor ihnen", klopfte der verletzte VfL-Star
Frank von
Behren vor dem dritten THW-Gastspiel in der Kölnarena noch große Sprüche. Davon wollte THW-Kapitän
Stefan Lövgren nichts wissen. "Warum? Wir haben hier schon zweimal gewonnen." Auch die gewaltige Kulisse konnte
Lövgren & Co nicht beeindrucken. Schließlich war es phasenweise auch für den VfL ein Auswärtsspiel. Wenn 16000
Zuschauer schweigen, bekommt das Wort "leise" eine neue Dimension. Hätten die Kieler ihre Chancen für
eine klare Führung genutzt, wäre der Geräuschpegel in dem futuristischen Sporttempel auf Museumslautstärke
abgesunken. Eine Trefferquote von 48 Prozent, darunter vier verworfene Siebenmeter - damit war auch ein
schwacher VfL nicht zu schlagen. "Wir haben nur 24 Tore kassiert. Damit müssen wir gewinnen", meinte
Lövgren, der im Angriff genauso enttäuschte wie seine Nebenleute. "Ich bin weit von meiner alten Form
entfernt."
Ganz blass blieb auch Christian Zeitz, dem nach seinem Höhenflug derzeit der Wind ins Gesicht
bläst. "Er hat einen kleinen Hänger", befand Serdarusic. "Er ist in Kiel innerhalb weniger Wochen zum
Publikumsliebling geworden. Das war alles ein bisschen viel." Einmal mehr konnte auch
Martin Boquist einen
Kurzeinsatz nicht nutzen, um die Tür ins THW-Spiel zu finden. "In Schweden konnte er durchspielen", meinte
Serdarusic. "Hier kommen sofort
Lozano und
Przybecki zum Einsatz, wenn er Fehler macht. Das ist eine neue
Situation." Mut spricht dem 25-Jährigen sein Landsmann
Lövgren zu. "Ich weiß, wie gut er spielen kann. Diese
Phase haben wir alle gehabt." Keine Zeit zum Nachdenken bleibt den meisten deutschen Spielern des THW.
Bundestrainer Heiner Brand hat neben
Henning Fritz,
Klaus-Dieter Petersen und
Zeitz auch
Adrian Wagner und
Sebastian Preiß für das Länderspiel morgen gegen Österreich eingeladen. Da zahlreiche Nationalspieler aus
Lemgo und Magdeburg in der Bundesliga aktiv sind, gibt Brand in Linz einigen Perspektivspielern eine Chance.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2003)